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Die Eifelgraefin

Die Eifelgraefin

Titel: Die Eifelgraefin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Petra Schier
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der zu Fuß unterwegs war, einem rotblonden Jungen aus dem Sattel half. War das nicht Luzias Bruder Anton? Ratlos schaute sie zwischen Johann und dem Jungen hin und her, dann erkannte sie ihre Magd und eilte auf sie zu.
    «Luzia, um Himmels willen!» Sie zog das junge Mädchen, das längst ihre beste Freundin geworden war, heftig an sich. «Was hast du dir nur dabei gedacht, einfach davonzulaufen? Ich bin fast umgekommen vor Sorge.» Sie trat einen halben Schritt zurück. «Und was macht dein Bruder hier?» Erst jetzt bemerkte sie den Ausdruck auf Luzias Gesicht, und in plötzlichem Begreifen weiteten sich ihre Augen. «O großer Gott, Luzia, sag, dass das nicht wahr ist!» Sie zog Luzia wieder fest an sich. «Es tut mir so leid, Luzia! Es tut mir so leid!» Ihre Stimme begann zu zittern, und sie spürte hilflose Tränen in sich aufsteigen.
    Luzia stand zunächst stocksteif da, doch als sie Elisabeths Anteilnahme spürte und am Zucken ihrer Schultern merkte, dass sie weinte, brach auch aus ihr der Schmerz über den Verlust ihrer Familie heraus.
    Johann blickte unschlüssig auf die beiden weinenden Frauen. Ihm war selbst zum Heulen zumute. Auf halbem Weg zwischen Blasweiler und Kempenich hatte er den dumpfen Blick des Jungen nicht mehr ertragen und ihmzur Aufmunterung angeboten, auf dem Pferd zu reiten. Anton hatte zwar kein Wort gesprochen, doch in seinen Augen war kurz ein Funken Freude aufgeblitzt. Grund genug für Johann, sich aus dem Sattel zu schwingen und dem Jungen auf den Rücken des Reittieres zu helfen.
    Als Simon ihm vom Palas aus etwas zurief, übergab er den Falben einem Knecht und ging, mit einem letzten Blick auf Elisabeth, hinüber zum Wohnhaus.
    ***
    «Und Ihr behauptet, Ihr seid kein guter Mensch.» Elisabeth stand in der Tür zu Johanns Kammer und blickte auf seinen Rücken, denn er stand am Fenster und starrte hinaus. Als er ihre Stimme vernahm, drehte er sich langsam um. «Ihr habt den Jungen auf Eurem Pferd reiten lassen.» Ihre Stimme schwankte ein wenig, doch das kümmerte sie nicht. Sie betrat den Raum und schob hinter sich die Tür sorgfältig ins Schloss. «Ich möchte Euch danken.»
    Johann nickte knapp. «Was Ihr hiermit getan habt. Also geht jetzt. Ihr habt in der Kammer eines Ritters nichts zu suchen.» Da sie nicht auf seine Aufforderung reagierte, verschränkte er die Arme vor der Brust. «Ich werde Kempenich morgen früh verlassen.»
    «Das dachte ich mir bereits.» Elisabeth ignorierte seinen abweisenden Blick, trat neben ihn und betrachtete die frühabendliche Landschaft. Bald würde die Sonne untergehen, doch noch warf sie ihren goldenen Schein über die teilweise gemähten Felder. «Ich kann Euch gar nicht sagen, wie erleichtert ich bin, dass Luzia wieder hier ist. Sie schläft jetztendlich, Gott sei Dank. Es ist so schrecklich, nicht wahr? Ihre gesamte Familie ist tot.»
    Johann nickte dumpf und lehnte sich mit dem Rücken gegen die Fensterbrüstung. «Was wird jetzt aus dem Jungen? Wollt Ihr ihn aufnehmen?»
    Elisabeth wandte ihm das Gesicht zu und musterte ihn aufmerksam. «Würdet ansonsten Ihr ihn in Eure Dienste nehmen?» Auf seinen überraschten Gesichtsausdruck hin zuckte es leicht um ihre Mundwinkel. «Ihr seid leichter zu durchschauen, als ich dachte, Johann. Aber ich denke, es wäre tatsächlich das Beste, Anton bliebe bei mir – oder vielmehr bei Luzia. Er soll sich erst einmal erholen, dann werden wir weitersehen. Möglicherweise kann ich ihn als Knecht beschäftigen, wenigstens, bis er alt genug ist, um sein Erbe in Blasweiler anzutreten – falls er das möchte.»
    «Er hat bisher noch kein Wort gesprochen.»
    «Ich weiß. Das liegt vermutlich an den grauenhaften Erlebnissen der vergangenen Wochen.» Sie seufzte leise. «Er wird darüber hinwegkommen, wenigstens hoffe ich das. Ich will gar nicht wissen, was er alles mit ansehen musste. Solche Wunden heilen wahrscheinlich nur langsam.»
    «Oder gar nicht.»
    Elisabeths Blick umwölkte sich leicht. «Doch, Johann. Wenn er es will, wird er darüber hinwegkommen.»
    Johann stieß ein spöttisches Schnauben aus, antwortete jedoch nicht.
    Zaghaft berührte Elisabeth ihn am Arm. «Was ist es, über das Ihr nicht hinwegkommt?»
    Für einen Moment schloss Johann die Augen. Als er sie wieder öffnete, lagen so viele unausgesprochene Gefühle inseinem Blick, dass Elisabeths Herz sich verkrampfte. «Geht jetzt», sagte er mit rauer Stimme.
    Sie rührte sich jedoch nicht von der Stelle. «Sagt es mir, Johann. Was ist

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