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Die Eifelgraefin

Die Eifelgraefin

Titel: Die Eifelgraefin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Petra Schier
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der Nacht davongeschlichen haben. Aber das Tor war doch zu, und sie konnte gar nicht   …» Sie hielt inne und fixierte ihn mit aufkeimendem Zorn. «Wann seid Ihr hier angekommen? Heute Morgen?»
    «In der Nacht. Aber ich habe Eure Magd nicht gesehen.»
    «War das Tor lange offen? Verflucht!» Sie stieß ihn beiseite und wollte sich an ihm vorbeidrängen. Johann hielt sie jedoch am Arm fest. «Lasst mich los! Ich muss sie finden. Wenn ihr etwas passiert   …»
    «Was wollt Ihr denn jetzt tun, Elisabeth? Ihr könnt ihr doch nicht hinterherlaufen. Ihr wisst doch nicht einmal, wo sie jetzt ist.»
    «Natürlich weiß ich das. Sie ist nach Blasweiler gegangen – zu ihrer Familie. Aber in den Wäldern ist es gefährlich, und überall lauert diese grässliche Krankheit.» Ihre Stimme brach, und Tränen rannen über ihre Wangen. «Ich muss sie zurückholen. Lasst mich gehen!»
    «Nein.» Johann hielt sie eisern fest. Der Anblick ihrer Tränen versetzte ihm einen heftigen Stich. «Ihr seid viel zu aufgeregt, um klar zu denken. Abgesehen davon ist es auch für Euch zu gefährlich in den Wäldern.» Er hielt inne und dachte kurz nach. «Seid Ihr ganz sicher, dass das Mädchen sich nicht doch irgendwo auf der Burg aufhält?»
    Elisabeth nickte. «Ich habe überall nachgesehen und sogar herumgefragt. Sie ist weg. Ich muss   …»
    Johann lockerte seinen Griff etwas. «Ihr müsst gar nichts, Elisabeth. Denkt nach. Kann es sein, dass sie nur hinunter in die Stadt gegangen ist?»
    «Sie kennt doch niemanden in Kempenich.»
    «Also gut. Ihr bleibt, wo Ihr seid. Ich werde nach ihr suchen.»
    «Ihr?» Elisabeths Gegenwehr erlahmte vollends, und sie starrte ihn überrascht an. «Ihr wollt das tun? Warum?» Als er nicht sofort antwortete, traten ihr erneut Tränen in die Augen. «Das müsst Ihr nicht tun. Ihr wollt das doch gar nicht.»
    «Hört auf damit.» Johann sah ihr streng in die Augen.
    «Ich will nicht in Eurer Schuld stehen.» Elisabeth entzog sich seinem Griff und wollte sich abwenden, aber Johannhielt sie weiter an den Schultern fest, nun jedoch wesentlich sanfter als vorher.
    «Macht Euch doch nicht lächerlich! Elisabeth, glaubt Ihr, ich wüsste nicht, wie viel Euch an dem Mädchen liegt? Herrgott, ich bin doch nicht blind – und auch nicht aus Stein.»
    Elisabeth erwiderte seinen finsteren Blick nun etwas gefasster. «Ich kann das nicht von Euch verlangen.»
    «Das habt Ihr ja auch nicht», grollte er. «Geht jetzt zurück ins Haus.» Er ließ sie los und ging mit großen Schritten auf den Pferdestall zu. Auf halbem Weg blieb er jedoch stehen und drehte sich noch einmal zu ihr um. «Ich bringe Eure Luzia schon wieder zurück. Also trocknet Eure Tränen und überlegt Euch lieber schon mal eine angemessene Strafe für die Kleine.»
    «Johann?» Er hatte sich bereits wieder abgewandt und drehte sich auf ihren Ruf hin um. Elisabeth wischte sich mit dem Ärmel über die Augen. «Ist es das, was Ihr zu verbergen versucht? Dass Ihr ein guter Mensch seid?»
    Johann schüttelte den Kopf; seine Miene blieb jedoch ausdruckslos. «Nicht halb so gut, wie Ihr denkt, fürchte ich.»
    Während er im Stall verschwand, ging Elisabeth langsam zurück zum Haus. Als sie die Tür öffnete, hörte sie bereits das Hufgetrappel des Falben auf dem steinigen Untergrund des Burghofes. Müde legte sie die Hände an ihre glühenden Wangen. «Doppelt so gut, fürchte ich», murmelte sie vor sich hin. Sie fühlte sich plötzlich unbeschreiblich erschöpft. Mit schmerzendem Herzen schleppte sie sich in ihre Schlafkammer hinauf und ließ sich kraftlos auf ihr Bett fallen.
    ***
    Luzia blieb wie erstarrt mitten auf dem Kirchhof stehen. Das Dröhnen der Totenglocke füllte ihren Kopf. Sie starrte auf zwei Reihen frischer Gräber, die sich über die gesamte Länge des Friedhofs erstreckten. Ein säuberlich angehäufter Hügel neben dem anderen, jeder mit einem einfachen Holzkreuz versehen. Auf einigen der Grabhügel lagen vertrocknete oder welkende Blumen, jedoch längst nicht auf allen. Die Angehörigen hatten die Kreuze mit Bändern oder kleinen angebundenen Gegenständen kenntlich gemacht, um anzuzeigen, wer dort beerdigt lag.
    Fast meinte Luzia, ihre Gliedmaßen seien abgestorben, denn sie fühlten sich vollkommen taub an, als sie an den Gräbern entlangschritt. Am Ende der ersten Reihe erblickte sie an einem der Kreuze ein kleines Holzpüppchen, mit dem sie selbst als Kind gespielt hatte. Das Entsetzen packte sie so hart, dass sie taumelte und auf

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