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Die Eifelgraefin

Die Eifelgraefin

Titel: Die Eifelgraefin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Petra Schier
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hochgewachsene und triefnasse Mann hatte sie unsanft aus ihren Gedanken gerissen, die sich auf beinahe ungehörige Weise mit dem bevorstehenden Abendessen befasst hatten. Er hatte sie auf unhöfliche Weise angesprochen; an so etwas war sie nicht gewöhnt. Normalerweise sprach ein Ritter und Edelmann erst mit ihr, wenn sie ihm offiziell vorgestellt worden war. Doch da er offenbarvom Regen überrascht worden und deshalb wahrscheinlich etwas gedankenlos gewesen war, musste man ihm dies wohl nachsehen.
    Achselzuckend setzte sie ihren Weg die Treppe hinab fort.
    Im großen Saal traf sie wieder auf Hedwig, die sie sogleich in das neben der Küche gelegene Speisezimmer führte und den beiden Edeljungfern Gertrud von Maifeld und Herzelinde von Reifferscheidt vorstellte. Die Mädchen waren höchstens dreizehn oder vierzehn Jahre alt und darauf bedacht, dem Gast ihre besten Manieren vorzuführen. Wenig später betrat auch der Burgherr Simon das Speisezimmer, begrüßte Elisabeth herzlich und bat sie, sich neben ihn zu setzen. Hedwig nahm auf seiner anderen Seite Platz, die beiden Mädchen zu ihrer Linken. Auch für Bruder Georg war am Tisch der Familie gedeckt worden, wenn auch etwas weiter unten an der Tafel, die so groß war, dass sie leicht noch weiteren Gästen Platz geboten hätte.
    Erst nachdem das Essen – gebratene Forelle in Pfannkuchenteig – aufgetragen worden war, erschien auch Johann von Manten in der Tür. Ohne sich für seine Verspätung zu entschuldigen, nickte er Simon und Hedwig zu und ließ sich ungefragt auf dem freien Platz neben Elisabeth nieder. Verblüfft sah sie ihn von der Seite an und hätte sich beinahe verschluckt, als sie sein Gesicht nun im Schein der Kerzen sah, die in den beiden Leuchtern über dem Tisch brannten und enthüllten, was das Zwielicht im engen Treppenhaus verborgen hatte.
    Sein kantiges Gesicht mit der langen geraden Nase war zwar nicht als schön zu bezeichnen, sondern eher als eigenwillig,doch wurde es durch eine auffällige Narbe verunstaltet, die schräg über seinen linken Wangenknochen bis hinunter zum Kinn verlief.
    Gerade noch konnte sie einen entsetzten Ausruf unterdrücken. Rasch griff sie nach ihrem Becher und tat, als trinke sie einen tiefen Schluck daraus.
    «Du kommst spät», bemerkte Simon in Johanns Richtung. «In den Regen gekommen?»
    Johann nickte nur und nahm sich eine Forelle, noch bevor der Knappe, der ihnen aufwartete, sie ihm anbieten konnte. «Ich habe die Urkunden aus Ahrweiler mitgebracht. Der Bürgermeister will dich übrigens in Kürze wegen des Hellwegs aufsuchen.»
    Simon brummelte etwas. «Geht es wieder um die Befestigung im letzten Stück vor Ahrweiler?»
    «Wahrscheinlich.»
    «Hm.» Simon sah nicht so aus, als freue er sich darüber. Dann wandte er sich an Elisabeth. «Verzeiht, edle Jungfer, ich vergaß ganz, Euch mit unserem guten Freund bekannt zu machen. Johann von Manten, dies ist unser Gast für die nächsten Wochen, die Jungfer Elisabeth von Küneburg.»
    Elisabeth lächelte Simon zu und verneigte sich dann leicht in Johanns Richtung. Dieser hob jedoch nur kurz den Kopf und nickte ihr gleichmütig zu. «Wir hatten schon das Vergnügen», sagte er und widmete sich wieder seiner Forelle.
    Brüskiert sah Elisabeth zu Simon, der mit mildem Tadel den Kopf schüttelte.
    «Verzeiht ihm seine Ungezogenheit», beeilte sich Hedwig zu sagen, als sie Elisabeths Gesichtsausdruck sah. «Johannist manchmal ein wenig ungehobelt. Aber ich bin sicher, er meint es nicht so.»
    Johann warf der Burgherrin einen langen Blick zu. Sie kicherte. «Nun schau nicht so böse drein. Ich kenne dich doch und weiß ganz genau, dass du uns nur foppen willst. Tu uns doch den Gefallen und benimm dich ein wenig manierlicher. Was soll denn unser lieber Gast von dir denken?»
    «Lasst es gut sein, Frau Hedwig», sagte Elisabeth mit einem kurzen Blick auf Johanns dichtes blondes Haar, das ihm in feuchten Strähnen bis zum Kragen ging. «So ein kalter Regenguss mag jeden Menschen verdrießlich stimmen. Wenn er erst wieder ganz trocken ist, wird er seine Stimme schon wiederfinden.»
    Sie spürte Johanns verblüfften Blick. Er hatte ihre unausgesprochene Aufforderung, sich für sein unhöfliches Verhalten später bei ihr zu entschuldigen, also sehr wohl verstanden.
    Um endgültig das Thema zu wechseln, berichtete Hedwig ihrem Gemahl von den unglücklichen Umständen, die es Elisabeth verwehrt hatten, eine persönliche Magd mitzubringen. «Ich habe Leni angewiesen, ihr

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