Die Eifelgraefin
Schachspiel zusammengesetzt, und die Burgherrin hatte Bruder Georg gebeten, ihr beratend zur Seite zu stehen. Da sich Gertrud und Herzelinde bereits zurückgezogen hatten und Johann, wie immer in letzter Zeit, gleich nach dem Essen ebenfalls das Zimmer verlassen hatte, freute Elisabeth sich über die Gesellschaft des Kaufmanns. Sie hatte bereits festgestellt, dass man mit ihm sehr angenehme Gespräche führen konnte. Außerdem entspannte sie sich in seiner Gegenwart, selbst wenn Johann sich mit im Raum befand, was sie auf Martins feinen Sinn für Humor zurückführte, mit dem er auch brenzlige Situationen mit Leichtigkeit zu umschiffen wusste. Sie war sich sicher, darin auch einen der Gründe dafür gefunden zu haben, dass er ein so erfolgreicher Kaufmann war.
Sie beugte sich ein wenig vor und erwiderte sein Lächeln. «Wenn es sich nicht um etwas Unschickliches handelt, so antworte ich Euch gerne auf Eure Frage.»
«Gott, nein.» Er winkte lachend ab. «Unschickliches wage ich in Gegenwart einer derart wohlerzogenen Dame gar nicht erst zu denken, geschweige denn auszusprechen.Dennoch zielt meine Frage auf ein eher persönliches Thema ab. Ihr spracht neulich davon, dass familiäre Umstände Euch zwangen, hierher nach Kempenich zu kommen. Verratet Ihr mir, um welche Art von Umständen es sich dabei handelt?»
Elisabeths Lächeln erlosch. «Das kann ich gerne tun, denn es ist kein Geheimnis. Es gibt einen Erbzwist zwischen meinem Vater und seinem Stiefbruder, Dietrich Branten von Küneburg. Er behauptet, der rechtmäßige Erbe des Titels und der Ländereien zu sein. Da er jedoch keinen Beweis dafür hat, versucht er uns unter Druck zu setzen. Und jetzt, da mein Vater nicht anwesend ist, wird es für meine Mutter schwierig, sich gegen ihn zu behaupten.»
«Ich verstehe.» Martin nickte ernsthaft. «Euer Vater ist trierischer Lehnsmann, nicht wahr? Trifft der Erzbischof keine Vorkehrungen in solchen Fällen?»
«Er hat uns Männer zur Verteidigung der Burg zugesagt», erklärte sie. «Doch Dietrich scheint von seinen Angriffsplänen abgerückt zu sein. Er hat meiner Mutter den Vorschlag gemacht, mich mit seinem Sohn zu verheiraten.»
«Ein kluger Zug», kommentierte Martin. «Im Angesicht der erzbischöflichen Soldaten bietet er Euch lieber zum Schein die weiße Fahne.»
Elisabeth senkte den Kopf und blickte auf ihre Hände. «Ihr habt es schnell erfasst.»
«Das war nicht besonders schwierig», antwortete Martin in sanftem Ton. «Ich vermute, eine Ehe mit jenem Stiefvetter würde Euch nicht zusagen?»
«Auf gar keinen Fall!» Elisabeth schüttelte vehement denKopf. «Es sei denn, mein Vater würde es befürworten», schränkte sie nach kurzem Zögern ein.
«Würde er das?»
«Ich hoffe nicht.» Sie hob wieder den Kopf. «Nein, keinesfalls. Vater würde niemals auf diesen Handel eingehen. Er ist der rechtmäßige Graf von Küneburg und mein Bruder Christian sein Nachfolger. Allerdings ist Christian erst zehn Jahre alt.»
«Noch sehr jung», befand Martin.
Sie nickte, beugte sich dann jedoch argwöhnisch ein Stück vor. «Verratet Ihr mir, worauf Eure Fragen abzielen?»
Martin faltete die Hände auf dem Tisch und musterte sie mit aufmerksamem Blick. «Ich war nur neugierig – und ich hoffe, das ist verzeihlich –, weshalb Euer Vater Euch hierherschickte, anstatt Euch nach dem Tode Eures Bräutigams so schnell wie nur möglich mit einem seiner Verbündeten zu verheiraten, um seine Position zu sichern. Verzeiht, das mag herzlos und abgeklärt klingen …»
«Ihr habt recht», unterbrach Elisabeth ihn rasch. «Das hätte er wohl auch getan, wenn ihm die Zeit dazu geblieben wäre. Da er jedoch vom Erzbischof nach Böhmen gerufen wurde, um dem König beizustehen, bot sich keine Gelegenheit mehr, einen geeigneten Mann für mich zu finden.»
«Und Ihr selbst hättet keinen … nun ja … potenziell passenden Ehegespons vorzuschlagen gehabt?» Überrascht hob sie den Kopf und sah ihn lächeln. «Das hätte ja immerhin sein können. Genügend heiratsfähige Ritter gibt es auch hier in der Eifel, will ich meinen. Und wenn eine schöne und, wie ich merke, auch sehr kluge Dame sich monatelang zu Gast bei einer befreundeten Familie aufhält,hätte sich ja durchaus eine passende Zuneigung entwickeln können.»
Sie runzelte die Stirn. «Dem ist aber nicht so. Und selbst wenn es so wäre, glaubt Ihr sicher nicht im Ernst, dass ich mich selbst bloßstellen würde, indem ich es offen zugebe.»
«Vermutlich
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