Die Eifelgraefin
verzog seine Lippen zu einem abfälligen Lächeln. «Und dann, edle Jungfer, nehmt alles, was Ihr über Johann sagen hört und schreibt es ebenfalls seinem Vater zu.»
Erstaunt blickte sie ihn an. «Warum wisst Ihr so viel über die Familie?»
Martins Miene entspannte sich wieder etwas. «Ich kenne Johann schon lange und schätze ihn sehr.» Er schob seinen Stuhl zurück und erhob sich. «Entschuldigt mich nun. Ich habe noch etwas zu erledigen.»
«Woher?», rief Elisabeth ihm leise nach. Er drehte sich noch einmal zu ihr um. Neugierig sah sie zu ihm auf. «Woher kennt Ihr Johann?»
Martin lächelte leicht. «Er hat mir vor langer Zeit einmal das Leben gerettet.» Mit einem freundlichen Nicken zog er sich zurück und ließ Elisabeth ratlos zurück.
***
Luzia schlich an der Tür des Speisezimmers vorbei und eilte dann zur Treppe. Sie war erleichtert, dass ihre Herrin sich noch bei Simon und Hedwig aufhielt und nicht bemerkt hatte, dass sie sich heimlich mit Roland getroffen hatte. Nur kurz zwar und in Gegenwart der anderen Gaukler, doch die wenige Zeit, die sie bis Ostern nur noch gemeinsam verbringen konnten, wollte sie so gut es ging nutzen. Auch andere Mägde waren dabei gewesen, denn die Gaukler hatten ein kleines spontanes Fest im Viehhof veranstaltet. Roland hatte gesungen, Heinrich eine weitschweifige Ballade vorgetragen, und die ungleichen Zwillinge hattendie kleinen Hunde lustige Kunststückchen vorführen lassen. Dass Roland sie zum Abschied innig geküsst und ihr liebevolle Worte ins Ohr geflüstert hatte, war glücklicherweise niemandem aufgefallen, da sie sich hinter der Ecke des Hühnerstalls beim Abtritt versteckt hatten.
Nun wurde es jedoch Zeit, die Schlafkammer aufzuräumen, bevor ihre Herrin heraufkam. Eilig stieg sie die Stufen empor. Da sah sie, dass im ersten Obergeschoss Licht aus der Steinkammer ins Treppenhaus fiel, und sie erschrak. Zögernd verlangsamte sie ihren Schritt und fluchte innerlich, als sie Martin Wied an dem Tisch sitzen und sich über ein Buch beugen sah. Da er sich jedoch nicht rührte, hoffte sie, er habe sie nicht bemerkt, und ging leise weiter.
«Haltet Ihr es nicht auch für ein wenig unhöflich, Euch an einem Gast des Hauses vorbeizuschleichen?»
Luzia fuhr zusammen und erstarrte. Beinahe hätte sie die kleine Öllampe, die sie mit sich führte, fallen gelassen.
Martin hatte den Kopf gehoben und lächelte sie herausfordernd an. Zunächst hatte er erwogen, sich bei Elisabeth über das unverschämte Betragen ihrer Magd zu beschweren, doch dann hatte sein Sinn für Humor gesiegt, und er hatte beschlossen, das Mädchen ein wenig aufs Glatteis zu führen und ihr freches Spiel mitzuspielen. Auch würde ihn das für den Ärger entschädigen, den er dummerweise jedes Mal empfand, wenn eine Frau – gleich welchen Standes – ihn mit Abscheu anblickte.
Er deutete einladend auf den Stuhl neben sich. «Wollt Ihr Euch nicht zu mir setzen und mir erzählen, was Euch bewogen hat, Euch heimlich dort hinaufzustehlen?»
Zögernd trat Luzia in die Steinkammer. Sie wollte sichnicht mit dem Kaufmann unterhalten. Gleichwohl schickte es sich für die Dame, für die er sie offenbar noch immer hielt, nicht, seine höfliche Einladung einfach abzuschlagen. So viel hatte sie von Elisabeth inzwischen gelernt. Und wenn sie ihre Maskerade aufrechterhalten wollte – und das musste sie jetzt wohl oder übel –, dann musste sie sich möglichst vorbildlich benehmen.
«Ich habe mich nicht hinaufgestohlen», sagte sie in dem kühlen Ton, den auch ihre Herrin so gerne anschlug, wenn sie jemanden in die Schranken weisen wollte. «Unsere Schlafkammer ist im oberen Stockwerk.»
«Und Ihr zieht Euch schon so früh am Abend zurück?» Wieder deutete er auf den Stuhl. Sie setzte sich vorsichtig und aufrecht neben ihn und stellte behutsam das Lämpchen ab. «Wollt Ihr Elisabeth keine Gesellschaft leisten?» Seine dunkelblauen Augen schienen sie regelrecht zu durchbohren.
Irritiert blickte sie zur Seite und faltete ihre Hände im Schoß. «Meine …» Sie schluckte und tat, als müsse sie sich räuspern. «Elisabeth bat mich, einige ihrer Kleider in Ordnung zu bringen.»
«Ah, ich verstehe.» Er spielte angelegentlich mit einer Schreibfeder herum und überlegte, wie er sie noch mehr in Verlegenheit bringen konnte.
Luzias Blick fiel auf das Buch, das noch immer aufgeschlagen vor ihm lag. Die merkwürdigen Spalten und Eintragungen darin weckten ihre Aufmerksamkeit. «Was schreibt Ihr da?»,
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