Die Eingeschworenen Raubzug
Kampftechnik. Die Wirklichkeit war ganz anders. Sie war grausam.
Einar, der wütend knurrte, hieb mit seinem Schwert, von dem das Blut tropfte, auf Vigfus ein. Dieser sprang geschickt zur Seite, stellte sich auf die Zehenspitzen und brachte brüllend und mit großer Wucht seine Axt nieder.
Sie traf Einars Schild – ein dickes großes Rad aus Holz – und zerhackte ihn fast der Länge nach in zwei Hälften. Mit einer schnellen Bewegung war Einar aus den Lederschlaufen, packte sein Schwert mit beiden Händen, und Vigfus, dessen Axt noch immer in dem Schild steckte, wurde von seinem Gewicht, als Einar ihn fortwarf, herumgerissen.
Zu spät ließ er los. Einars Schwert, mit beiden Händen geschwungen, schnitt eine Seite des prächtigen Helms ab und traf Vigfus mit lautem Krachen an der linken Schulter und durchschlug Kettenhemd, Knochen, Fleisch und Sehne, bis es mit schmatzendem Geräusch und einem Regen von Eisenringen an der Achselhöhle wieder herauskam.
Vigfus brüllte auf und drehte sich weg, und während der getroffene Arm herunterfiel, presste er seine rechte Hand auf den Stumpf, aus dem das Blut schoss. Der nächste Hieb trieb ihm die Ringe seines Kettenhemds in die Rippen. Der dritte schnitt ein großes Stück aus seinem Oberschenkel. Er ging brüllend zu Boden, doch Einar schwang das Schwert, bis kein Laut mehr zu hören war.
Die anderen Männer versuchten, sich zu ergeben, aber auch davon wollte Hild nichts hören. Lauthals und mit fliegender Haarmähne wie eine Walküre verlangte sie, dass alle sterben müssten.
Zwei von Vigfus’ Männern warfen ihre Waffen weg und Einar erledigte sie mit ein paar schnellen Schwertstreichen. Die anderen kämpften verzweifelt weiter, sie waren eingeschlossen und wussten, dass sie nichts zu verlieren hatten. Doch es ging schnell, sie alle wurden von den Eingeschworenen umgebracht.
Dann war es still, bis auf das angestrengte Keuchen der erschöpften Männer. Man hörte jemanden kotzen, und der aufgespießte Mann gurgelte und schrie, während die anderen versuchten, ihm die Speerspitze herauszuziehen. Der Geruch von Blut und Eisen durchdrang alles und der Boden der Grabeshöhle war von rotem Schlamm bedeckt.
Und ich saß da, in Gunnars Blut, das sich immer weiter ausbreitete, seinen Kopf in meinem Schoß, und sah, wie sich unter der Stichwunde in seinem Rücken eine zweite Lache sammelte.
KAPİTEL 12
Acht unserer Männer waren tot, vierundzwanzig weitere waren verwundet, einige davon schwer. Als alles vorüber war, nahmen Ketil und Illugi mich unter den Armen und zogen mich von Gunnar Raudi fort.
Ich wehrte mich nicht, ich war völlig verwirrt von dem Verdacht, der in mir aufgekeimt war, und ich sah zu Einar hinüber. Hatte er Gunnar Raudi das Messer in den Rücken gestoßen, um ihn abzulenken? Bei dem Gedanken verknotete sich mein Magen. Aber was sollte ich tun? Einar hatte seinen Schwur abermals gebrochen. Er war vermutlich von einem bösen Geist besessen, genau wie Hild, und das machte mir Angst.
Dann erinnerte ich mich wieder an Gunnar Raudis Warnung und plötzlich wurde mir klar, dass ich der Nächste sein würde.
Als ich mich ein wenig erholt hatte, machten Illugi und ich uns daran, Gunnar so gut wir konnten zu säubern, wir legten ihn gerade hin, die Hände um sein Schwert gefaltet. Ich riss sein Untergewand in Streifen und band seinen Arm wieder an der Schulter fest, weil ich diese schreckliche Leere dort nicht ertragen konnte.
Einar trat hinzu und sah herab zu uns, wie wir neben der Leiche hockten. »Ein guter Mann«, sagte er. »Er ist einen guten Tod gestorben.«
Mir verschlug es die Sprache. Ich schmeckte Blut, weil
ich mir auf die Lippen beißen musste, um ihn nicht anzuschreien: Du hast Gunnar Raudi getötet. Du hast ihn umgebracht, genau wie du Eyvind umgebracht hast.
Einar befahl, ihn vor den Thron zu legen, zu Füßen des zu Moder zerfallenden Denghizik, dem die mottenzerfressenen Überreste seines Pelzkragens um den Hals hingen und dessen skelettierte Hände auf den steinernen Armlehnen ruhten.
Alle wollten hier raus, besonders als Hild geräuschlos wie ein Nebel die Treppe herunterkam und mit ihrem geheimnisvollen, feenhaften Lächeln den niedergemetzelten Vigfus betrachtete.
»Denghizik hat keinen Kopf«, sagte Einar, der erst jetzt den alten Hunnenfürsten näher betrachtete.
»Die Römer haben ihn auf einen Pfahl gesteckt«, erwiderte Hild mit einer Stimme, die fremd und unheimlich klang. »Danach durfte Ernak, sein ungetreuer jüngerer
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