Die Eingeschworenen Raubzug
hatten, als das Grab zugemauert worden war.
Unter der Wucht dieses Eindrucks musste ich mich auf der untersten Stufe hinsetzen. Sie waren hier hereinmarschiert, hatten sich hingesetzt, ihre Speere aufgestellt und waren gestorben. Vergiftet? Vielleicht, aber es hätte mich
auch nicht überrascht, wenn Denghiziks getreue Soldaten einfach hier sitzen geblieben wären, bis sie verhungert oder verdurstet waren.
In ordentlichen Reihen saßen sie zu beiden Seiten des Ganges, der von der Treppe zu Denghiziks steinernem Thron führte, auch er in einer Rüstung, an seiner Seite ein großes Kreuz … nein, kein Kreuz. Kreuzförmig, aber von dem Querbalken hing Haar herab. Ein Pferdeschwanz, das Zeichen eines Hunnenfürsten, wie ich später erfuhr. Ein großer, prächtiger Helm saß oben auf der Stange, und zwar deswegen, weil die Mumie auf dem Thron keinen Kopf hatte.
Ich sollte diese Standarten noch gut kennenlernen, denn die Chasaren, die an Attilas Seite nicht fehl am Platz gewesen wären, hatten ganz ähnliche, genau wie die merkwürdigen scheibenförmigen Standarten, die sie als Judenmänner auswiesen – aber nie wieder habe ich einen begrabenen Steppenfürsten ohne Kopf gesehen.
Auch waren die Reihen jetzt nicht mehr ganz so geordnet, wie sie Jahrhunderte lang gewesen sein mussten. Der geteilte Stein über uns hatte nachgegeben und Boleslaw war nach unten gestürzt, direkt in die aufgerichteten Speerspitzen der toten Krieger.
Das alte Holz war unter seinem Gewicht abgebrochen und der Sachse war auf die anderen mumifizierten Leichen gefallen und dann auf den Gang gerollt. Nun lag er Denghizik zu Füßen, eine Speerspitze in der Brust, eine zweite im Bauch und inzwischen mit einem barmherzigen Schnitt durch die Kehle vollends erledigt.
Ich dachte an seine Stärke, an sein Geschick beim Kampf mit der großen Dänenaxt, und hier lag er nun, bezwungen von einer schwachen Frau. Ich bekam eine
Gänsehaut bei dem Gedanken, was er ihr angetan haben musste, um diesen Tod zu verdienen. Aber wenn ich ehrlich war, wusste ich es nur zu gut.
Liebe mich nicht, hatte sie gesagt.
In diesem Moment trat Vigfus hervor, prächtig anzusehen in vergoldeter Rüstung und einem herrlichen Helm, der für seinen Urgroßvater gemacht worden war und das ganze Gesicht bedeckte, außer Mund und Augen. Er hatte vergoldete Augenbrauen und war mit zwei großen Rabenfedern geschmückt.
Hinter ihm und zu beiden Seiten standen seine Männer, grimmig-verzweifelt umklammerten sie ihre Äxte, Schwerter und Speere. Es gab nur einen Weg aus diesem Raum und der ging an uns vorbei, und sie waren nicht annähernd zahlreich genug, um das zu schaffen.
Jemand huschte an mir vorbei die Treppe hinauf und ich wäre am liebsten gefolgt, dann wäre ich hier raus – doch dann sah ich, es war Großnase, der zurückging bis zu der Öffnung über dem Raum und im Gehen einen Pfeil an die Sehne seines Bogens legte. Ich vermutete, dass Steinthor ebenfalls dort oben war.
»Ich gehe davon aus«, sagte Vigfus düster, »dass es keine Verhandlung geben wird.«
»So ist es«, sagte Einar mit boshaftem Grinsen.
»Und keinen Zweikampf?«.«
Einar schüttelte leise lachend den Kopf. »Damit all das umsonst war? Wie fühlt es sich denn an, Vigfus, du Weiberheld, dass meine schöne Sklavin dich so an der Nase herumgeführt hat?«
Als Vigfus die ganze Tragweite dieser Worte erfasste, kniff er böse die Augen zusammen. Seine Männer sahen besorgt von einem zum anderen.
»Wenn das deine Sklavin ist«, fauchte er wütend, »dann wünsche ich dir viel Glück mit ihr. Ihr passt gut zusammen. Ich persönlich fand sie beim Bumsen ziemlich fad. Sie ist kalt und langweilig. Aber sie konnte trotzdem gar nicht genug davon bekommen, deshalb hab ich meine Jungs auch rangelassen. Allerdings haben sich die meisten lieber eine Ziege gesucht.«
Einige seiner Männer lachten, doch die anderen, die jetzt merkten, dass diese fade, kalte und langweilige Frau sie in diese Situation gebracht hatte, waren nicht zum Lachen aufgelegt.
»Genug geredet«, sagte Einar kalt und trat vor. Ein Pfeil kam von oben gezischt und einer von Vigfus’ Männern kreischte und zog an den Enden, die zu beiden Seiten aus seinem Hals ragten. Die Männer gingen aufeinander los, Stahl blitzte auf, Schilde dröhnten.
Ich war vorsichtig. Ich ging mit dem alten Krummnacken auf einen Mann los, und zusammen metzelten wir ihn in einem Hagel von Schwerthieben nieder. Ich brachte ihm tiefe Wunden an Armen und Beinen bei,
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