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Die einsamen Toten

Titel: Die einsamen Toten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: S Booth
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an, »ich weiß, dass Sie diese Prozedur bereits mehrmals durchgemacht haben. Aber ich muss es Sie nochmals fragen. In welcher Beziehung stand Emma zu Alex Dearden und Neil Granger?«
    »Die einzige Beziehung, die Emma zu Neil Granger hatte, war die einer Leidensgenossin«, antwortete Howard.

    »Einer Leidensgenossin?«
    »Ja, Migräne. Granger leidet ebenfalls darunter. Offenbar können seine Anfälle so schwer sein, dass er manchmal das Bewusstsein verliert.«
    »Ich verstehe. Und Alex Dearden?«
    »Wegen Alex haben wir uns mal Hoffnungen gemacht. Aber mittlerweile hat er eine neue Freundin.«
    »So? Hat er sie schon an der Universität kennen gelernt oder erst, seit er wieder hier ist?«
    »Dazu kann ich Ihnen nichts sagen.«
    Aber Fry hatte Alex Deardens gereizte Erklärung nicht vergessen, dass Mrs Renshaw ihn jede Woche anrufen würde. Was versuchte sie, aus ihm herauszubekommen? Glaubte sie wirklich, er könnte etwas von Emma gehört haben? Würde sie ihm dann keine Fragen über seine neue Freundin stellen? Oder war das nur eine weitere Tatsache, der sie sich nicht stellen wollte? Ein weiterer Hinweis, dass das Leben – ohne Rücksicht auf Emma zu nehmen – weitergegangen war?
    »Soweit ich weiß, waren Sie auch bei einem Psychologen in Behandlung«, fuhr Fry fort.
    Sarah lachte. »O ja. Dort haben wir Wörter gelernt wie ›loslassen‹, ›vorwärts schauen‹ und ›abschließen‹. Aber die ganze Zeit über habe ich mir gesagt: ›Wie konnte ich das nur geschehen lassen?‹«
    »Wir haben sehr viel über die Sache gesprochen«, erklärte Howard. »Wir hielten es für wichtig, darüber zu reden. Und wir kamen zu dem Schluss, dass es uns nicht darum geht, loszulassen, sondern unser Leben aus einem neuen Blickwinkel zu sehen. So als würde man ein Stück Erde umdrehen. Dabei verschwindet auch alles auf der Oberfläche, dafür kommen darunter neue Dinge zum Vorschein. Aber es ist immer noch dasselbe Stück Erde, dasselbe Leben.«
    Fry hatte etwas anderes erfahren. Ihr hatte man erklärt, dass Menschen manchmal das Bedürfnis verspüren, sich an ihr Leid
zu klammern, aus Angst, sie könnten sich selbst auslöschen, wenn sie »loslassen«. Diese Menschen definierten sich ausschließlich über ihre Probleme.
    Doch Sarah Renshaw hatte Recht – das Gedenken war wichtig. Ein Mensch, den man verloren hatte, nahm bisweilen auf unerwartete Weise Kontakt auf. Ein flüchtiger Blick in ein Zimmer genügte, und man sah die Person wieder auf ihrem Bett sitzen. Oder man nahm eine schwache Spur ihres Duftes wahr, wenn man über den Korridor ging. Nachts konnte man ihre Stimme hören oder ihre Schritte im Zimmer darüber, wenn man abends vor dem Fernsehapparat saß. Das Gedenken war eine wichtige Sache. Es war, als streckte man die Hand nach dieser Person aus und gab ihr zu verstehen, dass man für sie da war. Im Gedenken erwiderte man den Kontakt.
     
     
    Auf ihrem Weg zurück durch Withens bemerkten Diane Fry und Gavin Murfin den Vauxhall-Streifenwagen sofort.
    »Jemand, den wir kennen?«, fragte Murfin.
    »Das bezweifle ich.«
    »Da wäre ich nicht so sicher. Na, wer kommt denn da über die Straße?«
    Fry riss erstaunt die Augen auf. »Was, zum Teufel, treibt Ben Cooper hier?«
    »Mit Sicherheit keine Sightseeingtour«, meinte Murfin. »Das Kaff wirkt eher wie ein Brechmittel auf mich.«
    »Halt doch mal vor dem Pub, Gavin.«
    »Ah, das hört sich schon besser an.«
    Fry kurbelte das Fenster herunter, als Cooper an ihr vorbeikam.
    »Sieh mal einer an. Ich dachte, wir hätten dich verloren«, sagte sie.
    »Schön, wenn sich die Leute Sorgen um mich machen.«
    »Kein Glück gehabt, wie?«

    »Kein Glück gehabt. Das ist übrigens Tracy Udall von der hiesigen Polizei.«
    Fry musterte die Polizistin von Kopf bis Fuß. Sie wirkte selbstbewusst und kompetent. So wie sie, bevor sie zur Kriminalpolizei gekommen war.
    »Hallo.«
    Gavin Murfin winkte munter hinter dem Lenkrad.
    »Hallo«, sagte Udall. »Withens hat seit Jahren kein solches Polizeiaufgebot mehr gesehen. Die Leute fangen noch an, unter Verfolgungswahn zu leiden.«
    »Das tun manche jetzt schon«, meinte Fry.
    »Wo seid ihr gewesen?«, wollte Cooper wissen.
    »Bei den Renshaws.«
    »Aha«, warf Udall ein. »Jetzt verstehe ich, was Sie meinen. Doch Verfolgungswahn ist vielleicht nicht der richtige Ausdruck dafür.«
    »Emma Renshaws Eltern«, sagte Cooper. »Ich hatte ganz vergessen, dass die in Withens wohnen. Was ist los? Habe ich was verpasst?«
    »Tja, so kann

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