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Die Einsamkeit des Chamäleons

Die Einsamkeit des Chamäleons

Titel: Die Einsamkeit des Chamäleons Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patricia Holland Moritz
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will mehr von der Sache hören, die du mir am Telefon angedeutet hast.«
    Â»Dass Leute von uns verschwinden. Sowohl aus der Bahnhofsmission hier am Zoo als auch aus den Stationen Residenzstraße und Franklinstraße. Kann ich den Fuffi gleich haben? Sonst versagt mir hier vielleicht noch die Stimme.«
    Rebekka zog einen Schein aus ihrer Hosentasche und behielt ihn in der Hand.
    Â»Da ist er. Du bekommst ihn. Rede weiter.«
    Â»Die Leute von der Straße fallen ja eigentlich immer nur negativ auf. Und wenn sie weg sind, dann fallen sie halt gar nicht mehr auf. Dann bleibt ein Bett frei, und der Nächste nimmt es sich. Die Anzahl ist immer die gleiche. Hab mich mal umgehört …«
    Ungeduldig schaute Kevin sich um. Rebekka kannte den Blick. Der Junge wollte eine Zigarette rauchen.
    Â»Ich habe eine Schachtel dabei. Die kommt als Lohn noch oben drauf.«
    Â»Hey, was sitzen wir dann noch hier?«
    Sie standen auf und gingen hinaus in die Sonne. Der süße Geruch von Fast Food mischte sich mit den Abgasen der Busse auf dem Vorplatz, die über den Kudamm bis nach Tegel fuhren. Vormittags war es hier ruhig bis auf ein paar versprengte Touristen auf der Suche nach der Gedächtniskirche und nach einem Zeichen für den verruchten Ruf, den der Bahnhof Zoo einst genoss und der sich mit der Abschaffung der Fernzüge an diesem Bahnhof verflüchtigt hatte.
    Kevin zündete sich eine Zigarette an und steckte das Päckchen ein.
    Â»Es sind definitiv fünf Leute, bei denen ich mir sicher bin, dass ihnen etwas zugestoßen ist. Es kann kein Zufall sein, dass von denen einer nach dem anderen plötzlich mit Sternchen in den Augen von einem Job redete und sich aus dem Staub machte, um dann nie wieder hier aufzutauchen. Irgendwann kommen die alle wieder, auch wenn’s dazwischen mal so aussieht, als hätten sie’s gepackt.«
    Â»Hast du auch Namen für mich?«
    Â»Die sind in dem Fuffi drin. Aber ich habe eine Bedingung: Wenn sich da etwas tut, wenn da irgendeiner was gemacht hat und in den Knast kommt für, dann lädst du mich zur Party ein, alles klar?«
    Â»Versprochen!«
    Rebekka begann bereits, sich auf diesen Tag ihres Wiedersehens mit Kevin zu freuen.
    Kevin zog zu Rebekkas Verwunderung ein nagelneues i-Phone aus der Tasche. Er tippte ein bisschen darauf herum und hatte schnell gefunden, wonach er suchte.
    Â»Ãœber diese Typen solltest du versuchen, etwas herauszufinden. Hans Schubert, 45, Lutz Rotter, 55, Rudi Dwertmann, 62, Günter Reimann, 53, Alfred Schöller, 50 und ’ne Frau, Gisela Zander, 46.«
    Kevins Informationen waren die perfekte Ergänzung zu einem Anruf von Mark. Er hatte auf ihre Mailbox gesprochen, weil sie nicht ans Telefon gegangen war, und von Milchmeyers Vernehmung erzählt. Dann hatte er die Namen der Metaller aufgezählt, deren Tod niemandem angekreidet werden konnte. Zwölf Karteikarten hingen noch an der Pinnwand in ihrem Zimmer im Vico House , und als 13. die mit dem Namen Karl-Heinz Otto.
    Â»Hörst du mir noch zu?«, vernahm sie Kevins plötzlich ziemlich laute Stimme.
    Â»Klar!«
    Â»Okay. Also, richtig gut erinnern kann ich mich an Lutz. Der schlief seit einer Weile ab und an mal hier in der Mission, als ein betuchter Heini ankam und ihm die Adresse für seinen ersten Arbeitseinsatz in die Hand drückte. 400-Euro-Job klang schon mal besser als ein Ein-Euro-Job, sagte er sich damals und dackelte munter da hin. Am Abend kam er noch mal auf einen Kaffee vorbei, wir sind ja hier auch so was wie eine Familie, und meinte, er könne dort jetzt in so einer Art Baucontainer wohnen. Alles schick, Bett, Spind, Heizung, Kaffeemaschine, Dixie -Klo. Und er müsste sich den Container nicht teilen, obwohl noch ein zweites Bett drin stand. Klang alles erst mal gut. Wir verabschiedeten uns. Er war guter Dinge. Ich habe nie wieder von ihm gehört.« Er zündete sich die nächste Zigarette an der ersten an. »Nur dass ich das für ein gutes Zeichen hielt. Das Blöde ist«, er verschränkte die Arme und schaute Rebekka herausfordernd an, »das ist nur der Tropfen aufm heißen Stein. Könnten mehr sein. Aber allwissend und allumfassend bin ich ja hier auch nicht unterwegs.«
    Â»Ich hab was von Jüngeren gehört, so 20 bis 30.«
    Â»Die würde ich nicht mitkriegen.«
    Â»Wieso nicht? Ist doch eher deine Generation.«
    Â»Eben drum! Denkste, ich kann dem

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