Die Einsamkeit des Chamäleons
vorstellen: Ein Kollege verunglückt, Sie werden gerufen, untersuchen ihn â¦Â«, Strobel schaute kurz von seinen Notizen auf, starrte das Telefon an und wartete, mit dem Stift aufs Papier tippend, auf eine Antwort. Er konnte endlich einmal aus sich herausgehen und würde sich in diesem Job noch seine Sporen verdienen. Mark war zufrieden mit seinem Kollegen.
»Richtig. Ich nehme den Verunglückten, so er transportfähig ist, mit in meine Praxis auf dem Betriebsgelände, führe dort weitere Untersuchungen durch und lasse ihn bei schweren oder inneren Verletzungen ins Krankenhaus transportieren, wo ich den Vorgang dann dem dortigen diensthabenden Arzt übergebe.«
»Und wenn es sich um einen Todesfall handelt?«
»Stelle ich bei einer Untersuchung fest, dass keine Lebensfunktionen mehr vorhanden sind, rufe ich im Zweifelsfall die Polizei hinzu, die einen Gerichtsmediziner mitbringt, wie im letzten Fall Karl-Heinz Otto, dann fülle ich den Totenschein aus.«
»Muss der Totenschein nicht von einem neutralen Arzt ausgestellt werden?«
»Warum? Wenn es Sie erwischen würde, riefe Ihre Frau auch nur den Hausarzt.«
»Als Betriebsarzt sind Sie Angestellter des Unternehmens â¦Â«
»⦠aber weder weisungsbefugt, noch in die eigentlichen Arbeitsvorgänge des Unternehmens integriert. Ich, der Kerl im weiÃen Frack, der regelmäÃig die Arbeitsschutzbedingungen kontrolliert, auch mal vorbeugend eingreift, wo Gesundheitsschäden drohen, bin genauso Vertrauenspartner in persönlichen Gesprächen bezüglich der Zipperchen eines jeden und unterstehe, wie jeder Arzt, der ärztlichen Schweigepflicht. Ich habe in jedem Fall die Kompetenz, festzustellen, ob ein Mensch tot ist oder nicht. Und auch, woran er gestorben ist. Und bei unseren Kandidaten, das können Sie sich vorstellen, kannte ich die Todesursache schon, bevor sie gestorben sind.«
»Vielen Dank, Doktor Rosenbaum, das ist schon alles. Viel Spaà noch im Urlaub.«
»Vielen Dank, die Herren. Und Thorsten ⦠machâs gut!«
Auf Thorsten Milchmeyers Stirn waren ein paar SchweiÃtropfen zu sehen, als er den Hörer gruÃlos auflegte. Mark beobachtete die willkommene Wendung mit Freude. Dass der gute Doktor Rosenbaum im letzten Moment die Absprache des Siezens in der Ãffentlichkeit vergessen hatte, brachte Milchmeyer offenbar aus der pistazien-beigen Fassung.
Kapitel 35
Schön, dich zu sehen!
Ich freu mich auch. Muss zugeben, dass ich hier schon eine ganze Weile herumlungere.
Und nun â Grüner Punkt, da bin ich. Dschinn aus der Flasche â was kann ich für dich tun?
Du vielleicht nichts für mich, aber ich vielleicht viel für dich.
Klingt spannend. Dass mein Berlin-Trip ansteht, weiÃt du ja.
Nur, dass du kommen willst. Aber vielleicht kannst du den nun auch bald konkret machen.
Bin dabei. Ist die Liebe doch so groÃ, ja?
Bild dir mal nicht zu viel ein. Aber ich muss dich das eine oder andere fragen.
Das sagen alle, die in einen Cascone-Workshop kommen und mehr mitnehmen wollen, als im Preis inbegriffen ist.
Ich meine das ernst.
Sorry, und ich albere hier rum. Erzähl mir, worum es geht.
Ungern online.
Wenigstens ein Stichwort. Ich poste es nicht an meiner Facebook-Chronik.
Dann ist es ja gut ⦠Stichwort: dein Arbeitsmaterial.
Kann ich dir beantworten: Metall.
Witzig. Wer bereitet es auf?
Hier in Chicago ein Händler, der mir die Sachen fertig zugeschnitten liefert. Das ist für die US-Linie. Die europäische wird in Berlin gefertigt.
Das heiÃt, die Cascone-Skulpturen und Möbel hast du nicht mal selbst in der Hand gehabt?
Sei vorsichtig, was du sagst, Rebekka ⦠Natürlich mache ich alles selbst. Zum Anfertigen und Veredeln komme ich rüber. Das sind die kreativen Prozesse. Ich kann mich mit der Beschaffung und der Vorbereitung des Materials nicht mehr befassen. Auch ein Bestsellerautor hat sein Team für Recherchen. So habe ich meins fürs Grobe.
WeiÃt du, wer die Leute fürs Grobe hier in Berlin für dich akquiriert und woher sie kommen?
Nun findet das Gespräch ja doch online statt.
Egal, weiÃt du es?
Ich müsste nachschauen. Die Leute, die meinen Showroom in der Kulturbrauerei betreuen, die wissen mehr. Wir können zusammen hinfahren, wenn du magst.
Würdest du das für mich tun?
Natürlich! Du bist mir zu einer echten Freundin geworden. Was immer
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