Die Einsamkeit des Chamäleons
ich dir von mir und meiner Arbeit vermitteln kann, will ich dir gern zeigen. Dein Interesse an mir ehrt mich übrigens.
Solange es dich nicht beschämt ⦠Dann gib mir Bescheid, sobald du gebucht hast, ja?
Versprochen. Ich habe den Eindruck, das eilt.
Ja, tut es.
Sag mir warum. Du wirkst sehr engagiert für eine Frau, die gerade mal einen Paravent von mir besitzt.
Und die sich momentan auch nichts weiter leisten kann ⦠es eilt tatsächlich, weil â¦
Ja?
Weil â¦
Ja-ha?
Andrew, das kann warten. Komm nach Berlin, und ich erkläre dir alles.
Sehr gut. Ich melde mich. Und freue mich auf dich, meine Onlinebraut.
Gut, Bräutigam, ich mache hier die Heiratsanträge, verstanden?
Gut, so behalten wir das bei.
Bis bald.
Ciao.
Verlieà sie das Vico House doch einmal, dann als Joggerin. Ihre Papiere trug sie unter dem Shirt am Körper. So gelangte sie schnell und relativ unauffällig an alle Ecken der Stadt. Joggte sie morgens die FriedrichstraÃe hinunter zur S-Bahnhof, um dort in den Zug zu steigen, teilte sich vor ihr ein Meer aus Fahrrädern, die Geräusche machten wie ein ganzes Feld aus Mähdreschern. Anzugmänner und Mütter mit behelmten Kindern auf dem Fahrradsitz fuhren bei Rot über die Kreuzung vor dem Friedrichstadtpalast und verteilten sich auf die umliegenden Kitas, Ministerien und das FDP-Büro, vor dem morgens espressoschlürfend die politischen Jungstars lungerten.
An diesem Morgen bog Rebekka in die ReinhardÂstraÃe ein und lief direkt weiter zum Hauptbahnhof. Ihr Weg führte dann an der âºTitten-Kitaâ¹ vorbei, einem eigens für Regierungsbeamtennachwuchs erbauten Kindergarten. Weil die Bundesregierung nicht genügend Nachwuchs aus den eigenen Reihen lieferte, meldeten bald auch andere Eltern ihre Kinder an, bis die Kita schlieÃlich wieder geschlossen wurde, als bei Renovierungsarbeiten festgestellt wurde, dass Asbest verbaut worden war. Melancholisch stimmte nun der Anblick des Gebäudes in der Morgensonne, das sich mit seinen beiden gen Himmel aufgerichteten Nippeln des busenförmigen Daches in Dauererregung zu befinden schien.
Bis zum Bahnhof Zoo waren es drei Stationen. In der Bahnhofsmission hatte Rebekka nach mehreren Telefonaten einen Ansprechpartner ausfindig machen können.
Kevin Schröter kannte als Streetworker nicht nur jeden seiner Schützlinge, sondern er wusste auch ganz gut Bescheid darüber, was sich an den anderen Berliner Aufnahmestationen abspielte. Dass er von einer Handvoll Obdachloser, die er kannte, von heute auf morgen nichts mehr gehört hatte, war auch ihm untypisch vorgekommen. Jeder von ihnen hatte überraschend einen Arbeitsplatz gefunden, was sich daraufhin herumsprach wie die ultimativen Lottozahlen, und wurde nie wieder gesehen.
Kevin erwartete Rebekka bereits am Bahnsteig. Er stand da, ganz in Schwarz, Kapuzenjacke, erkaltete Zigarette in der Hand, heller Dreitagebart, ein Strubbelpony hing in seine stechend dunklen Augen. Rebekka erkannte ihn sofort, ohne ihn vorher gesehen zu haben.
Rebekka trug G-Star -Jeans und dazu ein Kapuzenshirt von Ralph Lauren . Ihre Haare hatte sie unter einer schwarzen Strickmütze verborgen, zwei rote Locken hingen ihr ins Gesicht. Der heutige Tag war anthrazit und blau, der Himmel spielte mit, und ihre Meditation hatte Rebekka auf der Fahrt zum Bahnhof Zoo in aller Ruhe absolviert, denn um diese vormittägliche Uhrzeit waren die Züge fast leer.
Kevin begrüÃte sie mit einem festen Handschlag.
»Isses okay, wenn wir zu McDonaldâs gehen? Ich hab noch nichts gegessen.«
Das war eine klare Ansage, und Rebekka stimmte zu.
Während sie eine Cola trank, stopfte Kevin zwei Cheeseburger, neun Chicken McNuggets und eine groÃe Portion Pommes in sich hinein. Er wischte sich mit einer Serviette über den Mund und bekam richtig Farbe im Gesicht.
»Sind die Batterien wieder aufgeladen?«, fragte Rebekka amüsiert.
»Und wie! Also, schieà los. Hab ja schon verstanden, dass du eher so was wie eine Privatschnüfflerin bist und ich mir hier nicht aus Versehen die Polizei ins Haus geholt habe. Stimmt doch, oder?«
»Stimmt. Ich will dir auch nicht irgendwas von Recherchen erzählen, auch mein Name tut nichts zur Sache. Ich bin klipp und klar einem Verdacht auf der Spur, und dafür brauche ich Leute wie dich.«
»Mal sehen, was geht.«
»AuÃer diesem Essen geht ein Fuffi. Ich
Weitere Kostenlose Bücher