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Die Einzige: In deinen Augen die Unendlichkeit (German Edition)

Die Einzige: In deinen Augen die Unendlichkeit (German Edition)

Titel: Die Einzige: In deinen Augen die Unendlichkeit (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jessica Khoury
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schüttelt stumm den Kopf und läuft weiter, wenn auch nicht mehr ganz so schnell. Wir verlassen die Straße und schlagen uns in den Dschungel.
    »Kann nicht… stehen bleiben«, ruft er und ich sehe, dass er Tränen in den Augen hat. »Ich hab ihm versprochen, dass ich dich von hier wegbringe – eher sterbe ich, als ihn zu enttäuschen!«
    Dagegen kann ich nichts sagen. Vor meinem geistigen Auge sehe ich Onkel Antonio zu Boden gehen, sehe, wie die Kraft ihn verlässt und die Augen ihren Glanz verlieren. Jetzt weine auch ich und die Tränen machen mich unbeholfen. Wir haben unsere Verfolger abgehängt, aber Eio wird immer schwächer.
    »Ist alles okay mit dir?«, rufe ich, als ich über einen umgestürzten Baumstamm springe. Er muss mühsam darüberklettern und ich warte auf ihn. »Schaffst du es? Wenn sie uns schnappen, schießen sie noch einmal auf dich und dann treffen sie richtig!«
    »Alles okay«, behauptet er. »Lauf weiter, ich bin direkt hinter dir.« Und um es zu beweisen, steigert er das Tempo wieder.
    Aber nur für ein paar Schritte. Dann stolpert er und fällt. Ich laufe zurück und helfe ihm sich aufzusetzen. »Eio, du kannst so nicht weiterlaufen. Du blutest zu stark.«
    »Erde«, presst er zwischen zusammengebissenen Zähnen hervor. »Um die Blutung zu stoppen. Erde und Blätter.«
    Ich beginne auf der Stelle, mit den Händen zu graben, bis ich unter festem Boden auf die feuchte Erde stoße. Ich gebe Eio eine Handvoll nach der anderen und er schmiert sie sich auf die Schulter. Er stöhnt vor Schmerzen und zuckt bei jeder Berührung zusammen. Noch nie habe ich mich hilfloser gefühlt.
    Als die ganze Schulter mit Erde bedeckt ist, legt er sich zurück und schließt die Augen. Seine Brust hebt und senkt sich wie unter Krämpfen. Auch meine Atmung ist unregelmäßig, als wollte mein Körper seinen nachahmen.
    »Eio?« Ich nehme seine Hand. »Was soll ich tun? Soll ich Kapukiri holen?«
    »Er ist tot.«
    »Was? Was ist passiert?« In meinem Schreck drücke ich fest Eios Hand. »Nicht Kapukiri.« Eio öffnet die Augen und schaut hinauf in den Blätterhimmel. »Papi.«
    Oh. Ja. Onkel Antonio ist tot. In meinem Kopf spielt sich die Szene noch einmal ab: Onkel Antonio, wie er in die Nadel hineinfällt, zu Boden geht, unnatürlich verrenkt auf der Erde liegt. Mir läuft es eiskalt den Rücken hinauf und hinunter. Ich habe das Gefühl, von den fleischfressenden Ameisen überrannt zu werden.
    »Warum hat er es getan?«, frage ich leise. »Ich hätte etwas mit ihnen ausgehandelt. Ihr hättet beide frei sein können.« Aber ich weiß, weshalb er es getan hat. Weiß es nur zu gut. Es gibt nichts Nobleres, als sein Leben für andere zu geben.
    Eio schließt wieder die Augen. Ich frage mich, was mehr schmerzt, die Kugel oder die Trauer.
    »Geh, Pia. Ich verstecke mich. Sie finden mich nie. Hör zu. Die Ai’oaner… sie treffen Vorbereitungen zum Kampf. Sie wollen Little Cam angreifen. Du musst sie davon abbringen… Sie kommen nur um dabei.« Er beißt die Zähne zusammen und muss innehalten, um zu Atem zu kommen. »Du musst weiterlaufen. Mir wird nichts passieren. Der Dschungel ist mein Zuhause. Er wird… mir ein Versteck bieten und mich beschützen.«
    »Eio…«
    »Geh«, knurrt er und klingt genau wie sein Vater.
    »Okay«, flüstere ich zurück. »Aber geh nicht zu weit weg. Ich komme zurück und hole dich.«
    Der Schmerz muss so stark sein, dass er die Augen weiter geschlossen hält, aber er nickt. Ich berühre seine Wange, streiche mit dem Daumen über sein kantiges Kinn. »Pass auf dich auf.«
    »Mach ich. Du auch.«
    »Ich meine es ernst, Eio. Du – du bist alles, was ich noch habe«, flüstere ich.
    »Lauf, Pia.«
    Ich laufe.
    Eio hat nicht gelogen. Die Ai’oaner sind in Aufruhr. Die Männer füllen ihre Kalebassen mit Curare und die Frauen sammeln Speere. Ich renne zwischen den Hütten hindurch auf der Suche nach Achiri oder Luri.
    Plötzlich packt mich jemand hinten am T-Shirt und wirbelt mich herum. Es ist Burako. Er hat sich rote Farbe ins Gesicht geschmiert und hält mir ein Messer an die Kehle – was mich natürlich nicht schreckt.
    »Du«, zischt er und schüttelt mich. »Karaíba! Bist du hergekommen, um die Sache zu Ende zu bringen?«, fragt er auf Ai’oanisch. »Um unsere Kinder zu töten, ja? Ihr Blut zu trinken? Mörderin!«
    »Nein! Natürlich nicht! Ich bin gekommen, um zu helfen –« »Lügnerin!« Er drückt das Messer fester gegen meinen Hals. Was glaubt er wohl, welche Probleme er

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