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Die einzige Wahrheit

Die einzige Wahrheit

Titel: Die einzige Wahrheit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jodi Picoult
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fragen mußte, wo das Baby war.«
    »Wußten Sie, wo das Baby war?«
    »Nein.«
    »Sie erinnern sich nicht, es irgendwohin gebracht zu haben?«
    »Nein.«
    »Sie erinnern sich nicht, irgendwann mit dem Baby im Arm aufgewacht zu sein?«
    »Nein. Als ich aufwachte, war es schon weg.«
    Ellie nickte. »Hatten Sie vor, das Baby loszuwerden?«
    »Nein.«
    » Wollten Sie das Baby loswerden?«
    »Nicht, nachdem ich es gesehen hatte«, sagte Katie leise.
    Ellie stand jetzt ganz dicht vor ihr. Katie wartete auf die Frage, wartete darauf, endlich das zu sagen, weswegen sie in den Zeugenstand gegangen war. Aber mit einem fast unmerklichen Kopfschütteln wandte Ellie sich den Geschworenen zu. »Danke«, sagte sie. »Keine weiteren Fragen.«
    George war ehrlich verblüfft. Von Ellie Hathaway hätte er mehr professionelle Brillanz bei der Befragung ihrer Mandantin erwartet, aber sie hatte nichts Außergewöhnliches geboten. Ebensowenig wie die Zeugin, was noch wichtiger war. Katie Fisher hatte nur das gesagt, was alle von ihr erwartet hatten – nichts, woraus sich schließen ließ, warum Ellie der Richterin die Haftungsausschlußerklärung vorgelegt hatte.
    Er lächelte Katie an. »Guten Morgen, Ms. Fisher.«
    »Sie können Katie zu mir sagen.«
    »Also schön, Katie. Machen wir da weiter, wo Sie eben aufgehört haben. Sie sind eingeschlafen mit dem Baby im Arm, und als sie erwachten, war es verschwunden. Sie waren in dieser Nacht die einzige Augenzeugin. Also sagen Sie uns – was ist mit dem Baby passiert?«
    Sie schloß die Augen, eine Träne quoll hervor. »Ich habe es getötet.«
    George blieb wie angewurzelt stehen. Im Zuschauerraum brach Unruhe aus, bis die Richterin mit einigen Hammerschlägen wieder für Ordnung sorgte. George wandte sich Ellie zu und hob fragend die Hände. Sie saß an ihrem Tisch und wirkte fast gelangweilt, und er begriff, daß es für sie keine Überraschung gewesen war. Sie erwiderte seinen Blick und zuckte die Achseln.
    »Sie haben Ihr Baby getötet?«
    »Ja«, murmelte Katie.
    Er starrte das junge Mädchen an, das sich völlig niedergeschlagen in sein Unglück ergab. »Wie haben Sie es getan?«
    Katie schüttelte den Kopf.
    »Sie müssen die Frage beantworten.«
    Sie ballte die Hände auf ihrem Bauch zu Fäusten. »Ich will doch nur die Dinge in Ordnung bringen.«
    »Hören Sie. Sie haben eben gestanden, daß Sie ihr Baby getötet haben. Jetzt frage ich Sie, wie Sie es getötet haben.«
    »Es tut mir leid«, sagte sie mit erstickter Stimme. »Ich kann nicht.«
    George wandte sich an Richterin Ledbetter. »Darf ich vortreten?« Die Richterin nickte, und Ellie kam und stellte sich neben George. »Was zum Teufel geht hier vor?« fragte er.
    »Ms. Hathaway?«
    Ellie blickte finster. »Schon mal was vom Recht zu schweigen gehört, George?«
    »Dafür ist es ein bißchen spät«, sagte der Ankläger. »Sie hat sich bereits selbst belastet.«
    »Nicht unbedingt«, sagte Ellie kühl, obwohl sie und George beide wußten, daß sie das Blaue vom Himmel log.
    »Mr. Callahan, Sie wissen ganz genau, daß die Zeugin jederzeit ihr Recht zu schweigen in Anspruch nehmen kann.« Die Richterin wandte sich an Ellie. »Allerdings muß sie das explizit tun.«
    Ellie sah kurz zu Katie hinüber. »Sie weiß nicht, wie man das nennt, Euer Ehren. Sie weiß bloß, daß sie nicht mehr dazu sagen möchte.«
    »Euer Ehren, Ms. Hathaway kann nicht für die Zeugin sprechen. Wenn ich nicht aus dem Mund der Angeklagten höre, daß sie sich auf das Recht zu schweigen beruft, lasse ich mich nicht darauf ein.«
    Ellie verdrehte die Augen. »Darf ich kurz mit meiner Mandantin sprechen?« Sie ging zum Zeugenstand. Katie zitterte wie Espenlaub, und das lag, wie Ellie ein wenig beschämt erkannte, zum Teil auch daran, daß sie eine Standpauke erwartete. »Katie«, sagte sie leise. »Wenn du nicht über die Tat sprechen willst, mußt du sagen: ›Ich berufe mich auf das Recht zu schweigen.‹«
    »Und das geht einfach so?«
    »Das steht dir verfassungsmäßig zu. Du kannst das Recht in Anspruch nehmen, um dich nicht mit einer Aussage zu belasten, obwohl du im Zeugenstand bist. Verstehst du?«
    Katie nickte, und Ellie ging wieder zu ihrem Tisch zurück.
    »Bitte schildern Sie uns, wie Sie Ihr Kind getötet haben«, wiederholte George.
    Katie warf Ellie einen raschen Blick zu. »Ich berufe mich auf das Recht zu schweigen«, sagte sie stockend.
    »Was für eine Überraschung», brummte George. »Also schön. Fangen wir noch mal von vorn

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