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Die einzige Wahrheit

Die einzige Wahrheit

Titel: Die einzige Wahrheit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jodi Picoult
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»Katie«, sagte er nachdrücklich, » was ist mit dem Baby passiert? «
    Ellie sah, wie das Mädchen allmählich die Fassung verlor: ihre Unterlippe bebte, ihre Augen waren feucht, ihr Rücken zitterte. Katie schüttelte immer wieder den Kopf und beteuerte ihre Unschuld. Sie hoffte, daß Riordan irgend etwas tun würde, um Katie zu trösten, doch dann fiel ihr ein, daß er ja auf der gegnerischen Seite stand. Er arbeitete für die Anklagevertretung; er war eigens dazu da, an Katies Verurteilung mitzuwirken.
    Ellie trat zu ihrer Mandantin. »Meinen Sie, wir könnten eine kurze Pause machen?«
    Sie wartete Riordans Antwort gar nicht erst ab. Statt dessen legte sie Katie einen Arm um die Schultern, bemüht, nicht darauf zu achten, daß das Mädchen seine Schürze zu einem Ball zusammengeknüllt hatte, sich darüber beugte und ihn in ihren Armen wiegte, als wäre er ein neugeborenes Kind.
    Riordan riß die Augen auf und sagte mit erregter Stimme: »Katie war zu dem Zeitpunkt, als das Kind starb, gar nicht anwesend. Ihr Körper vielleicht, aber nicht ihr Geist. Sie befand sich in einer psychischen Festung, erbaut aus ihren Schuldgefühlen.« Er bedachte den Bezirksstaatsanwalt mit einem amüsierten Blick und fügte lässig hinzu: »Oder so ähnlich.«
    George lachte. »Und dieser psychoanalytische Schwachsinn funktioniert vor Gericht?«
    Riordan nahm sich ein Pfefferminzbonbon. »Nicht, wenn ich es verhindern kann.«
    »Sind Sie sicher, daß Hathaway Dissoziation im Sinn hat, wenn Sie auf Unzurechnungsfähigkeit plädiert?«
    »Glauben Sie mir, das ist bei Neonatizid die maßgeschneiderte Verteidigungsstrategie. Psychologisch lassen sich die Diskrepanzen zwischen Katies Geschichte und der Beweislage entweder mit Dissoziation erklären oder mit platter Lüge – und Sie können sich denken, auf welche der beiden Möglichkeiten sich die Verteidigung stürzen wird. Aber kurze Dissoziationsepisoden sind noch nicht gleichbedeutend mit Unzurechnungsfähigkeit.«
    Mit einem Achselzucken schob sich Riordan das Bonbon in den Mund. »Sie brauchen Ms. Hathaway nur ein wenig freien Lauf lassen, und sie wird in ihr eigenes Unglück rennen, weil ihr Sachverständiger nämlich unmöglich beweisen kann, daß die Dissoziation durch den psychischen Streß der Geburt ausgelöst wurde und nicht durch den psychischen Streß des Mordes. Das ist wie die Frage: Henne oder Ei.«
    »Das bringt mich weiter.« George grinste und lehnte sich in seinem Sessel zurück.
    »Und die Angeklagte hinter Schloß und Riegel.«
    George nickte. »Müssen wir die psychischen Komplikationen berücksichtigen, die sich daraus ergeben, daß sie eine Amische ist?«
    Riordan erhob sich und knöpfte sein Jackett zu. »Wozu?« fragte er. »Mord ist Mord.«
    Als er sie küßte, regneten Blätter auf sie herab, bedeckten seinen Rücken mit dem satten Rot der Ahornbäume und dem Mattgold der Eichen. Ihr Schultertuch, das ihnen als Decke diente, war über das Gras gebreitet wie die Schwingen eines großen, schwarzen Habichts. Katies Hände glitten von Adams Haar zu seinen Schultern, als er begann, ihr Kleid zu öffnen. Behutsam steckte er jede Nadel in die Rinde des Baumes hinter ihnen, und sie liebte ihn dafür – daß er so rücksichtsvoll war, daran zu denken, wie es für sie sein würde, hinterher.
    Ihre Schürze fiel ab, und das Kleid öffnete sich. Katie schloß verlegen die Augen, doch dann spürte sie, daß Adam sich zu ihrer Brust hinabbeugte und durch die dünne Baumwolle ihres Unterhemds daran saugte. Sie hielt seinen Kopf fest, stellte sich vor, daß er aus der Schale ihres Herzens trank.
    Er hatte nicht gesagt, daß er sie liebte, aber das spielte keine Rolle. So, wie er sich verhielt, wie er sie behandelte, das war ein ehrlicherer Maßstab als alle Worte – in ihrer Familie waren Taten der Beweis für Zuneigung, nicht vier kleine Silben. Adam würde es aussprechen, wenn es vorüber war; wenn es nicht das herabwürdigen würde, was jetzt zwischen ihnen geschah.
    Dann zog er sich aus. Jetzt war ihnen nicht mehr anzusehen, wer amisch war und wer nicht. Das war Katies letzter bewußter Gedanke, und dann preßte Adam seinen Körper ganz gegen ihren, und die Wärme seiner Haut nahm ihr die Sprache, die Angst.
    Er war schwer und voll zwischen ihren Beinen. Mit einer Hand hob er ihr Knie an, so daß ihr Körper wie eine Wiege für ihn war. Dann sah Adam sie an, mit ernsten Augen. »Wir können noch aufhören«, flüsterte er. »Sofort, wenn du willst.«
    Katie

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