Die einzige Wahrheit
schluckte. »Möchtest du denn aufhören?
»Etwa so gerne, wie ich geteert und gefedert werden möchte.«
Sie schob ihre Hüfte vor, eine Einladung, und spürte, wie er sich in ihr verlor, sie dehnte, so daß ihr die Augen brannten. Sie dachte an ihr Fleisch, das unter Adams nachgab, die süßeste Hingabe. Und dann griff Adam zwischen sie und berührte sie. »Komm mit mir«, flüsterte er.
Sie dachte, er meinte morgen, den Tag seiner Abreise nach Schottland. Sie dachte, er meinte für immer, doch dann spürte sie ihren Körper immer enger und enger kreisen und zerstieben wie die leuchtendweißen Samen einer Distel. Während sie um Atem rang, fielen wieder Blätter auf sie, wie eine Segnung. Adam lag lächelnd neben ihr und streichelte ihre Hüfte. »Geht’s dir gut?«
Katie nickte. Wenn sie gesprochen hätte, hätte sie ihm die Wahrheit gesagt: daß es ihr gar nicht gutging, daß sie sich schrecklich leer fühlte, jetzt, da sie wußte, wie es war, so erfüllt zu sein.
Er legte das Tuch um sie, und das war ihr körperlich unangenehm. »Nein.« Sie stieß seine Hände weg. »Ich möchte das nicht.«
Adam spürte ihre Veränderung und schob sich näher an sie heran. »Hör mal«, sagte er mit fester Stimme. »Wir haben nichts Falsches getan.«
Doch Katie wußte, daß es eine Sünde war, hatte es von dem Moment an gewußt, als sie die Entscheidung traf, mit Adam zu schlafen. Aber die Verfehlung lag nicht darin, mit ihm geschlafen zu haben, ohne daß sie verheiratet waren. Sie lag darin, daß Katie zum erstenmal in ihrem Leben sich selbst an die erste Stelle gerückt, ihre eigenen Wünsche und Bedürfnisse über alles und alle gestellt hatte.
»Katie«, sagte Adam, mit heiserer Stimme. »Sprich mit mir.«
Aber sie wollte, daß er sprach. Sie wollte, daß er sie ganz weit weg brachte, daß er sie wieder fest an sich drückte und ihr sagte, daß ihre beiden Welten mit einem Blick, einer Berührung zusammengeführt werden konnten. Er sollte ihr sagen, daß sie zu ihm gehörte und er zu ihr und daß das in Wahrheit das einzige war, was zählte.
Sie wollte von ihm hören, daß es, wenn man jemanden so stark und verzweifelt liebte, gut und richtig war, Dinge zu tun, von denen man wußte, daß sie falsch waren.
Adam blieb stumm und erforschte ihr Gesicht. Katie spürte seine Wärme, ihre Wärme feucht zwischen den Schenkeln. Sie würden nicht gemeinsam nach Schottland gehen. Sie würden nirgendwohin gehen. Sie griff nach dem Tuch, zog es sich um die Schultern und verknotete es knapp unterhalb der Stelle, wo gerade ihr Herz brach. »Ich denke«, sagte sie leise, »du solltest jetzt besser gehen.«
Katie hatte immer größere Schwierigkeiten einzuschlafen. In jenen unwirklichen Augenblicken, bevor sie einschlummerte, spürte sie oft das Kratzen von Heu unter ihren Beinen, oder sie roch Angst oder sah den Mond auf ihrem gespannten Bauch schimmern. Dann fielen ihr die Dinge ein, die sie Dr. Polacci und Dr. Riordan erzählt hatte, und sie fühlte sich elend. Und dann rollte sie sich auf die Seite, sah die schlafende Ellie und fühlte sich noch schlechter.
Sie hatte nicht gedacht, daß sie Ellie mögen würde. Zuerst war Katie wütend gewesen, weil man ihr eine Aufpasserin aufgehalst hatte, die ihr noch dazu nicht vertraute. Doch so unangenehm die Situation für Katie auch war, für Ellie mußte sie noch unangenehmer sein. Die Farm war nicht ihr Zuhause; hier war nicht ihre Familie – und sie hatte sich diese Situation nicht ausgesucht.
Meine Schuld ist es auch nicht, dachte Katie. Aber sie hatte das Baby in der Sattelkammer gesehen. Sie hatte zugesehen, wie der kleine Sarg in die Erde hinuntergelassen wurde. Irgend jemand war schuld .
Katie hatte das Baby nicht getötet, das wußte sie so sicher, wie sie wußte, daß die Sonne am nächsten Morgen aufgehen würde. Aber wenn nicht sie, wer dann?
Einmal hatte ein Obdachloser im Tabakschuppen von Isaiah Schutz gesucht. Aber selbst wenn ein Landstreicher in der Nacht im Stall gewesen war, hätte er doch keinen Grund gehabt, das Neugeborene aus Katies Armen zu nehmen, es zu töten und dann zu verstecken. Es sei denn, er war verrückt.
Katie war sicher, daß sie es gespürt hätte, wenn jemand Fremdes im Stall gewesen wäre. Und selbst wenn nicht, dann hätten die Tiere es gemerkt. Nugget hätte gewiehert, die Kühe hätten gemuht. Soweit Katie sich erinnern konnte, war aber alles ruhig gewesen.
Was bedeutete, daß sich nach ihr jemand hereingeschlichen haben
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