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Die einzige Zeugin

Die einzige Zeugin

Titel: Die einzige Zeugin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Cassidy
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in dieser kranken Welt, meine armen süßen Babys, wie zwei kleine Blumen auf einem Misthaufen.

    Lauren legte die zweite Seite aufs Bett. Ihr Mund war trocken und ihr Rücken steif. Sie schaute zum Puppenhaus hinüber. Ihre Mutter hatte diesen Brief dort versteckt, damit Jessica ihn fand. Sie hatte es genauso gemacht wie damals, als sie beide Kinder waren. Aber Jessica hatte den Brief nicht gefunden, weil sie das Puppenhaus nie wieder angerührt hatte. Die Umzugsmänner hatten es verpackt und transportiert, und es hatte zehn Jahre lang auf ihrem Dachboden gestanden, ohne dass der Brief ihrer Mutter gelesen wurde.
    William Doyle, der Mann, der ihre Mutter und ihre Schwester getötet hatte, war frei herumgelaufen und hatte noch andere Morde begehen können.
    Und ihr Vater war unschuldig.
    Ein Gefühl der Verzweiflung breitete sich in ihr aus. Wie hatte das nur geschehen können?
    Sie sah auf die letzte Seite.

    Er ist hierher gekommen und hat an die Tür geklopft. Er wollte es erklären, er sagte, ich hätte alles falsch verstanden, die Bilder hätte ein anderer Mann aufgehängt, der vorher in der Wohnung gewohnt hatte, aber das war eine Lüge. Ich bin vielleicht blöd, aber ich habe ihn endlich durchschaut. Ich habe endlich begriffen, warum er an mir interessiert war. Wie könnte es anders sein? Warum sollte sich jemand für mich interessieren? Schau mich an. Niemand hat sich je für mich interessiert, nicht einmal mein Mann. Er hat angerufen und kam wieder und hat durch das Fenster geguckt. Ich habe ihm gesagt, er solle weggehen, er solle mich in Ruhe lassen, ich habe gesagt, dass ich zur Polizei gehen würde, aber er sagte, dann würden sie denken, dass ich etwas damit zu tun hätte. So ist die Polizei. Sobald es um Kinder geht, nehmen sie sie dir weg und stecken sie ins Heim, und er hat gesagt, dass ich sie dann nie wiedersehen würde. Ich wusste nicht, was ich tun sollte, ich konnte nicht zur Polizei gehen. Heute waren wir im Park und ich habe ihn gesehen. Er hat auf einer Bank gesessen und eine Zeitung gelesen. Die Bank stand neben dem Spielplatz. Ich habe gesehen, wie er mit ein paar kleinen Jungen geredet hat, und ich habe Panik bekommen und bin davongelaufen, aber er hat mich gesehen und ist hinter mir hergekommen und ich bin gerannt und gerannt, bis wir zu Hause waren, und ich habe die Tür verriegelt. Ich habe Angst, dass er mich und die Mädchen nicht mehr in Ruhe lässt. Ich weiß, dass er wiederkommen wird. Diese Welt ist so schrecklich, Jessica. Ich kann hier nicht mehr sein. Ich kann hier nicht mehr weiterleben und ich kann meine Kinder nicht alleine zurücklassen. Wer würde sie beschützen? Ihr Vater??? Ich kann ihm nicht vertrauen. Und selbst wenn, es gibt so viele schlechte Menschen wie Billy, die sie finden und in die Dunkelheit reißen werden. Ich kann nicht zulassen, dass meinen Kindern das passiert. Ich kann nicht. Ich liebe sie zu sehr. Bitte hass mich nicht, Jessica. Ich liebe dich und ich liebe sie. Schau dir an, was ich getan habe. Ich hätte beinahe diesen schlechten Mann in ihr Leben gebracht. Es ist meine Schuld. Ich habe ihm meine Kinder auf dem Präsentierteller angeboten. Das ist keine Welt, in der ich leben kann, und ich werde meine Kinder nicht zurücklassen. Ich werde ihnen nicht wehtun. Ich werde es tun, wenn sie schlafen. Ich würde ihnen niemals wehtun.
    Ich liebe dich.
    GRACE

    Lauren war sehr kalt. Sie zog ihre Strickjacke noch enger um sich. Sie fühlte sich leer. In ihrer Brust war ein großes schwarzes Loch. Ihr Kiefer begann zu zittern, und als sie die Finger an die Augen hob, waren sie feucht und heiß.
    »Oh, Mama«, murmelte sie. »Oh, Mama.«
    Sie drehte das Papier in ihrer Hand. Das konnte doch nicht alles sein. Es musste noch etwas geben. Sie stand vom Bett auf und ging zum Puppenhaus. Sie schaute erst im Kinderzimmer nach, dann in dem Zimmer daneben, das sie noch nicht aufgeräumt hatte. Es war das Elternschlafzimmer. Das Durcheinander war genauso groß wie in den anderen Zimmern. Sie griff hinein und holte die Möbel heraus. In wenigen Sekunden war das Zimmer leer. Die Betten, Schränke, Teppiche fielen heraus und landeten auf dem Tisch oder auf dem Boden. Da musste noch ein anderer Zettel sein, ein anderer Brief, eine andere Erklärung. Als das Zimmer leer war, nahm sie sich noch einmal die anderen vor, die sie bereits aufgeräumt hatte. Sie leerte sie aus und fegte die Möbel beiseite, die sie vorher sorgfältig aufgestellt hatte.
    Alle Zimmer waren

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