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Die einzige Zeugin

Die einzige Zeugin

Titel: Die einzige Zeugin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Cassidy
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sie war. Du kannst ihm nicht die Schuld in die Schuhe schieben, Jessie. Schon gar nicht jetzt. Nicht nach zehn Jahren im Gefängnis wegen einer Tat, die er nicht begangen hat.«
    »Er hätte es verhindern können. Wenn er ein anständiger Mensch gewesen wäre …«
    Lauren schloss die Augen. Sie lauschte auf die Autos und Lastwagen auf der Autobahn. Es war ein stetiges Rauschen, das ihre Worte übertönte.
    »Er ist unschuldig, Jessie.«
    »Er hat sie vielleicht nicht umgebracht. Aber er hat andere Dinge getan!«
    »Grace hat Daisy umgebracht. Sie hat versucht, Lolly zu töten. Sie ist nicht unschuldig!«
    »Meine Schwester war krank … Sie war krank …«
    »Hört auf. HÖRTAUF!«
    Lauren schluchzte. Donny und Jessica starrten sie an. Donny stieg ins Auto und Jessica lehnte sich vor und hielt sie an den Schultern.
    »Das ist nicht der richtige Moment, um darüber zu reden«, sagte Jessica ruhig.
    »Wir haben viel Zeit, um darüber nachzudenken. Erst mal fahren wir nach London. Wir haben jede Menge Zeit«, sagte Donny.
    In seiner Stimme schwang ein Hauch Zufriedenheit mit. Er brachte Lauren und Jessica nach London, in ihr Haus in Bethnal Green, wie er gesagt hatte. Die Umstände waren anders gekommen, als er vorhersehen konnte, aber es war nicht schlecht für ihn gelaufen. Lauren beobachtete, wie er den Motor anließ und vom Rastplatz fuhr. Sein Gesicht war unbewegt, aber sie spürte, dass er irgendwie mit der Situation zufrieden war. Er hatte die Verantwortung. Er kümmerte sich um sie.
    Als sie von der Autobahn abfuhren, wurde Lauren unruhig. Als sie das Schild für Bethnal Green sah, spürte sie, wie sich ihre Brust zusammenzog. Hazelwood Road 49, Bethnal Green . Sie war dort gewesen und hatte sich ihren Ängsten gestellt, aber zu dem Zeitpunkt hatte sie noch nicht gewusst, was wirklich passiert war.
    »Ich möchte, dass wir erst noch einen Abstecher machen«, sagte sie. »Wir alle drei. Bitte.«
    Sie drehte sich nicht um, sie wollte Jessicas Gesichtsausdruck nicht sehen. Sie konnte sich vorstellen, wie sich ihre Tante versteifte.
    »Es wird nicht lange dauern, aber es ist wichtig. Und ich will, dass ihr mitkommt.«
    »Wohin?«, fragte Donny und sah sie verwirrt an.
    »Ich weiß, wohin sie will«, sagte Jessica.

    Sie fuhren an der Hazelwood Road 49 vorbei. Donny parkte ein paar Häuser weiter. Sie stiegen aus und gingen auf das Haus zu. Sekunden später kam Nathan heraus. Er lief Lauren entgegen und umarmte sie.
    »Das ist Jess«, sagte sie und zeigte auf Jessica. »Und das ist Donny.«
    Nathan nickte ihnen zu.
    »Und das ist Nathan.«
    »Haben deine Eltern nichts dagegen, wenn wir reinkommen?«, fragte Jessica kurz, als wollte sie es so schnell wie möglich hinter sich bringen.
    »Nein, sie haben nichts dagegen. Überhaupt nichts.«
    Auf dem Weg in die Küche wurden sie von den Hunden begrüßt. Donny setzte sich auf einen Stuhl und streichelte ihre Köpfe.
    »Ich liebe Golden Retriever. Sie sind wunderbar. Ich wollte immer einen Hund haben.«
    »Sie drehen manchmal ein bisschen durch. Und sie brauchen viel Auslauf.«
    »Das wäre das Richtige für mich. Ich habe etwas zugenommen.«
    Jessica setzte sich nicht. Sie schaute sich in der Küche um. Dann stellte sie sich ans Fenster und sah in den Garten.
    »Deine Eltern haben viel verändert«, sagte sie.
    Lauren nahm sie am Arm. »Ich möchte, dass du mit mir nach oben kommst.«
    Jessica schüttelte den Kopf.
    »Ich muss mich verabschieden. Jetzt weiß ich endlich, was wirklich passiert ist. Und du solltest das auch tun.«
    »Möchtest du, dass ich mit dir komme?«, fragte Donny und strich Prince über den Rücken.
    Lauren schüttelte den Kopf. Sie zog Jessica am Arm. Jessica folgte ihr zögernd. Sie gingen durch den Flur und die Treppe hinauf. Die Tür zum Zimmer ihrer Mutter war geschlossen. Sie drückte die Klinke herunter, machte einen Schritt hinein und zog Jessica hinter sich her.
    »Jetzt ist es nur noch ein Zimmer«, sagte sie.
    Jessica sah bleich aus.
    »Ich war hier«, sagte Lauren. »Daisy war da, und Mama war da drüben.«
    Sie schauten beide an die Stellen, auf die Lauren zeigte.
    »Die arme Grace«, murmelte Jessica.
    Das Bild ihres Vaters tauchte in Laurens Kopf auf. Sie wusste nicht, ob sein Gesicht noch immer so aussah, weil es so lange her war, dass sie ihn das letzte Mal gesehen hatte. Ein Mann mit einem verwirrten Gesichtsausdruck. In seiner Hand war ein Messer.
    Sie holte tief Luft.
    »Gehen wir«, sagte sie zu Jessica und nahm wieder ihre

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