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Die Eisbärin (German Edition)

Die Eisbärin (German Edition)

Titel: Die Eisbärin (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Matthias Gereon
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Messer verfügt also über ein Ricasso, auch Fehlschärfe genannt.“
    „Helfen uns die Abmessungen weiter?“
    „Die breiteste Stelle am Messerrücken schätzen wir derzeit auf fünf Millimeter, die Klingenbreite auf vier Zentimeter. Die Länge können wir, wie gesagt, erst nach der Öffnung exakt bestimmen. Wir haben jedoch eine der Wunden mit einer Sonde untersucht. Berücksichtigen wir die Gewebekompression bei einem wuchtig geführten Stich bis zum Anschlag, erhalten wir eine Klingenlänge von etwa 15 Zentimetern. Vorsichtig geschätzt.“
    Klein betrachtete den Toten eine Weile, dann sprach Bergmann seinen Gedanken aus.
    „Exakt diese Werte haben Sie uns im Fall Lüscher auch genannt“, stellte sie tonlos fest.
    „Das ist richtig“, antwortete Sperber. „Ich habe Simon beauftragt, ein bisschen zu recherchieren.“ Er deutete auf den jungen Präparator, der immer noch mit dem Obduktionsbesteck beschäftigt war. „Offenbar sind das die gängigen Maße für ein handelsübliches Jagdmesser. Hinzu kommt, dass Lüscher stark verwest war, sodass wir unsere Aussagen nicht mit hundertprozentiger Sicherheit treffen konnten. Die Übereinstimmung könnte Zufall sein, weiter nichts. Die beiden Morde tragen nun wirklich denkbar unterschiedliche Handschriften.“
    Klein hörte schweigend zu, dann fiel ihm etwas ein.
    „Ihr habt gute Arbeit geleistet, aber das war nicht der Grund, warum wir herkommen sollten, oder?“
    Nun war es wieder die junge Ärztin, die antwortete.
    „Wir wollten, dass Sie sich das hier ansehen.“
    Sie packte die große Leuchte über ihr und lenkte das Licht auf eine Stelle knapp über dem linken Schlüsselbein des Toten.
    „Ihr müsst auf die andere Seite kommen“, sagte Sperber, „es ist nur schwach zu sehen. Beinahe wäre es uns selbst entgangen.“
    Sperber trat zur Seite und sah zu, wie sich seine Kollegen über den Leichnam beugten. Dr. Narayan dimmte die Helligkeit der Lampe ein wenig. Dann war es zu sehen. Zwei rötliche, kreisrunde Punkte in einem Abstand von etwa sechs Zentimetern.
    „Was ist das?“, fragte Bergmann. „Sieht aus wie ein Biss, aber dann müsste man Löcher sehen.“
    „Korrekt“, sagte Dr. Narayan, „ein Biss ist es nicht.“
    „Die Flecken erscheinen mir wie winzige Hämatome.“
    Klein hatte sich so nahe zu der Leiche hinuntergebeugt, dass er die Kälte fühlen konnte. Er wollte sich gerade wieder aufrichten, als er noch etwas anderes entdeckte.
    „Was ist denn das? Sieht aus wie eine Verbrennung.“
    „Bingo, Herr Kommissar“, sagte Sperber mit ehrlicher Anerkennung in der Stimme.
    „Was Sie hier sehen, sind winzige Strommarken“, erklärte Dr. Narayan. „Ich hätte sie auch nicht gleich als solche erkannt, aber ich erinnerte mich an einen Fachartikel vor einigen Monaten, in dem es um sogenannte Elektroimpulsgeräte ging.“
    Klein sah sie verständnislos an. „Sie meinen, Kohlmeyer hat einen elektrischen Schlag erlitten?“
    „Ja, davon gehen wir aus.“
    „Können Sie sagen, wie lange das zurückliegt?“
    „Diese Verletzungen sind frisch. Die Ausprägung der Hämatome lässt Rückschlüsse auf deren Entstehungszeitpunkt zu. Dr. Jurick und ich sind uns einig, dass er mit dem Todeszeitpunkt zusammenfällt.“
    Klein dachte nach, aber alles, was ihm zu diesen Waffen einfiel, beschränkte sich auf ein Internetvideo über die Selbstversuche amerikanischer Kollegen, das Hecking zur Aufheiterung per Mail verbreitet hatte.
    „Ich hätte gedacht, dass eine derart große Wirkung deutlichere Spuren am Körper zurücklassen würde“, sagte er zweifelnd.
    „Es gibt zwei unterschiedliche Systeme“, erklärte Dr. Narayan. „Zum einen sind da die sogenannten Taser. Das sind pistolenähnliche Geräte, die zwei kleine Pfeile über eine Distanz von mehreren Metern verschießen können. Sie durchdringen die Kleidung und bohren sich in die Haut der Zielperson. Da sie über dünne Drähte mit dem Gerät verbunden bleiben, kann der Stromstoß sozusagen ferngezündet werden.“
    „Die Kollegen in den USA benutzen diese Dinger“, warf Sperber dazwischen. „Die Wirkung ist beeindruckend, aber sie werden durchaus kontrovers diskutiert.“
    Dr. Narayan nickte zustimmend. „Sie rufen größere Hautverletzungen beim Getroffenen hervor. Außerdem entstehen deutliche Strommarken, da die Elektrizität in den Körper hinein- und wieder hinausfließt. Das neuromuskuläre System zwischen den beiden Pfeilen wird komplett lahmgelegt. Es kommt zu einer

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