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Die Eisbärin (German Edition)

Die Eisbärin (German Edition)

Titel: Die Eisbärin (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Matthias Gereon
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nicht verstanden, entschuldige.“
    „Schon gut.“
    Er hörte Christa auflegen.
    „Kriminalpolizei Essen, Klein.“
    Die Stimme am anderen Ende der Leitung war hell und klar. Die Freundlichkeit ihres Tonfalls stand in sonderbarem Gegensatz zu den Grausamkeiten, über die sie während der folgenden Minuten berichtete.
    Als Klein wenig später zurück in den Besprechungsraum lief, klebten die Kollegen noch immer vor dem Fernseher. Bergmann war gerade dabei, ihren Laptop zu verstauen.
    „Komm mit, Jenny, wir müssen uns etwas ansehen.“
    Bergmann kannte den Unterton in seiner Stimme und wusste, dass jetzt keine Zeit für Fragen war. Sie nahm ihre Tasche und eilte aus dem Raum.
    Die beiden waren gerade um die Ecke am Ende des Ganges gebogen, als sie von Bogers wütender Stimme eingeholt wurden. „Und was ist jetzt mit der Präsidentin?“
    Als die Ermittler ihren Wagen erreicht hatten, schmunzelten sie noch immer.

Mittwoch, 24. November, 09.40 Uhr
    Als er den schmalen Gang beschritt, der zum großen Saal führte, dachte er daran, dass es hier exakt so war, wie es die Mehrheit der Menschen sich wohl vorstellte. Ein verwittertes, altes Kellergemäuer, in dem der alles durchdringende Duft der Verwesung hing.
    Klein war nie sonderlich gern hier unten, zu sehr spürte er die Verschmelzung des Todes mit diesem Ort. Es war jedoch nicht die Endlichkeit des Lebens selbst, die ihn frösteln ließ. Vielmehr war es die stille Trostlosigkeit, die alles aufzufressen schien. Es gab kein Tageslicht, keine Frischluft und keinerlei Anzeichen menschlicher Herzlichkeit und Wärme. Egal, ob die Welt draußen unter Hitze stöhnte, ob es regnete, stürmte oder schneite, hier unten war es immer gleich. Eine kalte, autarke Welt der Toten.
    Das sterile Weiß der Wandfliesen, das schimmernde, abgewetzte Grün des Linoleumbodens, das Summen der Klimaanlage, das unstete Flackern der Leuchtstoffröhren, der Widerhall ihrer Schritte, nur leicht gedämpft durch den Plastikschutz über ihren Schuhen. All das drang in Kleins Unterbewusstsein, während sein Blick auf die glänzende Stahltür am Ende des Ganges gerichtet war. Sektion – Zutritt für Unbefugte verboten .
    Klein blickte zu Bergmann, doch durch den Mundschutz vor ihrem Gesicht konnte er ihre Miene nicht deuten. Viermal war er zusammen mit ihr hier gewesen, einmal davon hatte sie den Raum verlassen und sich auf der Toilette übergeben müssen. Das Bild eines bis zur Hüfte in einen Drechsler gestürzten Forstarbeiters war für alle Zeiten unauslöschlich in ihre Köpfe gebrannt. Klein hatte damals Bergmanns Krämpfe mit angehört, während er sich selbst ins Waschbecken nebenan erbrach. Auch heute würde es unangenehm werden, dachte er, aber heute lag ein verurteilter Vergewaltiger kleiner Mädchen auf dem Tisch. Das war zwar nicht tröstlich, und es traf auch nicht seine Vorstellung von Gerechtigkeit, aber dennoch würde es helfen, damit umzugehen. Er wartete auf Bergmanns Zeichen, dann schob er die schwere Schiebetür beiseite.
    Unter den süßlichen Duft des Todes mischte sich augenblicklich der stechende Geruch von Formaldehyd, der Flüssigkeit, in der die Rechtsmediziner entnommene Organproben aufbewahrten.
    Um einen der beiden Obduktionstische stand eine Gruppe Menschen in steriler Kleidung verhüllt, die nun aufblickten und den Ankommenden zunickten. Klein erkannte Dr. Narayan und neben ihr Klaus Sperber. Am Kopfende des Tisches stand ein grauhaariger Mann mit freundlichen Augen, den er nicht kannte. Er vermutete in ihm den zweiten Arzt, der bei einer gerichtlich angeordneten Obduktion stets vorgeschrieben war. Im Hintergrund hantierte ein schlaksiger junger Mann, der ein stählernes Tablett mit allerlei Werkzeugen bestückte.
    Klein stellte sich neben Bergmann an die freie Seite des breiten Tisches und stellte sie beide den Anwesenden vor.
    „Schön, dass Sie so schnell kommen konnten“, sagte Dr. Narayan. Hinter der Bewegung ihres Mundschutzes vermutete Klein ein Lächeln. Ihre Augen waren warm und schimmerten in dem gleichen, samtigen Schwarz wie ihr glattes, indisches Haar, das sie in einen langen Zopf geflochten hatte. Straff liefen die Strähnen über den schmalen Kopf und mündeten in einen langen, geflochtenen Zopf.
    „Ich habe zu danken“, antwortete Klein, „für das große Engagement, das Sie an den Tag legen.“
    Dann wandte er sich an Sperber, dessen wuchtiger Körper neben der kleinen Ärztin lächerlich monströs erschien.
    „Ich dachte, du wärst noch am

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