Die Eisbärin (German Edition)
Auffälligkeiten?“ Günther Klein konnte den Anflug von Enttäuschung nicht verbergen.
„Ein paar Details wären da noch“, ließ Sperber einen Hoffnungsschimmer zurück. „Zum einen haben wir das Bargeld auf dem Küchentisch. Sechs Fünfziger, zu einer Rolle gedreht und mit einem Gummiband zusammengehalten. Natürlich wird das LKA auch diese Scheine auf Fingerabdrücke hin untersuchen. Es handelt sich um neue Scheine, mit ein bisschen Glück ist das Geld noch nicht durch allzu viele Hände gegangen.“
„Whiskey“, Sperbers müdes Hirn arbeitete nun offenbar sprunghaft. „In der Küche stand eine Flasche Jim Beam, dreiviertelvoll. Dazu könnte das Glas passen, das wir im Schlafzimmer gefunden haben. Inwieweit zum Zeitpunkt des Todes eine Alkoholisierung vorlag, kann mit Sicherheit noch festgestellt werden. Das war’s im Groben zur Spurenlage in der Wohnung. Der Rest wirkt völlig normal. Aufgeräumt, sauber, nichts scheint durchsucht oder verwüstet.“
„Gibt es Hinweise darauf, dass sich eine zweite Person dauerhaft in der Wohnung aufgehalten haben könnte?“, fragte Klein.
„Nein, wie schon gesagt, die gesicherten Fingerabdrücke sprechen dagegen. Auch sonst ist das Inventar eher auf eine Einzelperson ausgerichtet. Eine Zahnbürste, ein Küchenstuhl, die Schuhe alle in der gleichen Größe, und so weiter.“
Klaus Sperber rieb sich die Augen und atmete tief durch.
„Wir haben uns auch den zur Wohnung gehörenden Kellerraum angesehen. Der Mann hatte dort eine ziemlich teure Angelausrüstung liegen. Das Interessante daran ist, dass sie nur mit wenig Staub bedeckt war. Ich gehe davon aus, dass sie regelmäßig benutzt wurde. Sonst wurden dort nur Getränke gelagert. Eine Kiste Wasser, zwei Kisten Warsteiner und ein 12er Karton Jim Beam.“
„Das nenne ich ausgewogen“, sagte Klein, „aber ich schätze, dass es in den anderen Kellern in dieser Wohngegend nicht anders aussehen wird.“
„Eine letzte Sache hätte ich noch“, fügte Sperber hinzu. „Da an dem Bund ein alter Autoschlüssel befestigt war, haben wir einfach die Garagen gegenüber dem Haus ausprobiert. Wir hatten Glück, einer der Schlüssel passte. In Garage Nummer neun steht ein alter Ford Sierra Kombi. Wenn ihr mich fragt, ein Rentnerfahrzeug aus dem Bilderbuch, äußerst gepflegt und nur 55 000 Kilometer auf der Uhr. Sonst erst mal keine Auffälligkeiten, aber natürlich werden wir auch den Wagen gründlich untersuchen.“
Klaus Sperber erhob sich aus seinem Stuhl.
„Einen ausführlichen Bericht bekommt ihr später“, sagte er. „Ich werde mich jetzt zwei Stunden hinlegen und fahre dann in die Rechtsmedizin, um Frau Doktor bei der Obduktion zu helfen. Wenn es Neuigkeiten gibt, melde ich mich. Euch viel Glück.“
„Wir danken dir, Klaus“, ergriff Günther Klein das Wort. „Bitte bestelle Dr. Narayan einen schönen Gruß. Sei nett zu ihr, es ist erst ihre zweite Woche.“
Nachdem Klaus Sperber den Raum verlassen hatte, machte sich der Ermittlungsleiter daran, die Aufgaben für den Tag zu verteilen. Die Enttäuschung über die wenigen Erkenntnisse ließ er sich nicht anmerken. Für den Anfang gab es auch mit den notwendigen Standardermittlungen genug zu tun.
„Wir haben keine Zeit zu verlieren. Bernd, Stefan, ihr fahrt noch mal in die Wohnung und schaut euch gründlich um. Sucht insbesondere nach Post, Fotos, Kontakten, persönlichen Notizen, alles, was uns irgendwie weiterbringen könnte. Und findet seine Telefonnummer heraus. Wir brauchen so schnell wie möglich eine Aufstellung der ein- und ausgegangenen Gespräche.“
Die beiden Männer nickten und erhoben sich von ihren Plätzen.
„Manfred, Henning“, stellte Klein das zweite Team zusammen, „ich schlage vor, ihr zwei nehmt euch noch mal sämtliche Nachbarn vor. Es muss doch irgendjemanden geben, der den Toten gekannt hat. Vielleicht kann sich jemand erinnern, wann er Lüscher das letzte Mal gesehen hat, oder zu wem er Kontakt hatte. Und nehmt euch einen russischen Dolmetscher mit. Am besten einen, der auch Türkisch und Polnisch kann. Jenny und ich werden uns seine Vergangenheit vornehmen. Ich schlage vor, dass wir uns heute Nachmittag um drei Uhr wieder hier treffen. Viel Erfolg.“
Donnerstag, 18. November, 10.30 Uhr
Sie holte aus und schleuderte den Stock in hohem Bogen nach vorn. Branca hatte ihre volle Aufmerksamkeit auf das hölzerne Spielzeug gerichtet und ließ es keine Sekunde aus den Augen. Nun sprintete die Hündin mit fliegenden Ohren
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