Die Eisbärin (German Edition)
Dämmmatten tapeziert.“
Plötzlich klopfte es an die Tür, und ein sichtlich übernächtigter Klaus Sperber steckte seinen Kopf zur Tür herein.
„Entschuldigt die Verspätung, aber es hat fast die ganze Nacht gedauert“, sagte er mit belegter Stimme und hob entschuldigend die Hände.
„Kein Problem, Klaus. Danke, dass du gekommen bist. Nimm dir Kaffee und Brötchen. Ich bin gleich fertig.“
Erschöpft fiel Klaus Sperber auf den einzigen freien Stuhl und nahm dankbar die von Bergmann gereichte Tasse Kaffee entgegen.
Klein setzte die Zusammenfassung fort. „Die Identität des Toten ist noch nicht restlos geklärt, vermutlich handelt es sich jedoch um den 74-jährigen Herbert Lüscher. Bis jetzt haben wir keine Angehörigen ausmachen können. Auch eine Vermisstenanzeige liegt nicht vor. Die Leiche wurde noch gestern Nachmittag ins Institut für Rechtsmedizin gebracht. Ich habe vorhin mit Dr. Narayan telefoniert. Sie tut, was sie kann, aber vor heute Abend können wir kaum mit ersten Ergebnissen rechnen.“
Er blickte in die Runde und sah in fragende, aber motivierte Gesichter.
„Also gut, Leute, mehr haben wir zunächst nicht. Ich schlage vor, dass Klaus mit seinem Bericht weitermacht. Er hat die Arbeiten am Tatort geleitet.“
Der müde Riese nickte kurz, kramte einen Notizblock aus der Brusttasche seines fleckigen Hemdes und räusperte sich kurz, bevor er begann. Seine Stimme war rauh und belegt.
„Guten Morgen, Kollegen. Ich fasse mich so kurz wie möglich, denke aber, es sind ein paar interessante Details dabei. Bitte entschuldigt mein Aussehen, aber ich habe nur zwei Stunden geschlafen. Mein Team und ich haben die Geräte erst heute Morgen um 04.00 Uhr abgebaut. Der Grund dafür ist aber nicht ein riesiger Haufen Spuren, sondern das genaue Gegenteil. In all den Jahren habe ich selten einen geschlossenen Tatort gesehen, in dem derart wenig Spuren vorhanden waren.“
Klaus Sperber nahm einen Schluck Kaffee, bevor er weitersprach. In seiner prankenartigen Hand erinnerte der Becher an einen Fingerhut.
„Zunächst das Wichtigste: Was wissen wir über den Toten? Wir haben einen Reisepass gefunden, mehr aber auch nicht. Wir vermuten weitere Dokumente in der Geldbörse des Toten, aber die steckt noch in seiner Hosentasche. Vor Ort wollten wir so wenig wie möglich an die Leiche heran, so dass das Portemonnaie erst bei der Obduktion geborgen wird. Die Umgebungsluft im Schlafzimmer hatte exakt 38 Grad. Wenn wir das mehrmalige Öffnen der Wohnungstür mit einbeziehen, können wir von einer Temperatur um die 40 Grad zum Zeitpunkt der ersten Türöffnung ausgehen. Sämtliche Fenster waren geschlossen, bis auf eines, das im Gäste-WC gekippt war. Das reichte zwar nicht für einen Luftaustausch, erklärt jedoch die große Anzahl an Fliegen, die ungehindert eindringen und sich vermehren konnten. Mitverantwortlich für den Hitze- und Geruchsstau war die ungewöhnliche Wohnungstür. Es handelt sich um schweres Eichenholz in Massivbauweise. Unter dem Türblatt ist eine Gummilippe befestigt, die mit dem Stückchen Laminat, das der Flurteppich nicht bedeckt, so gut wie luftdicht abschließt.“
Klaus Sperber konnte ein ausgiebiges Gähnen nicht länger unterdrücken, was bei den anderen für kurze Erheiterung sorgte. Der Hüne sah dabei aus, als könne er einen ganzen Medizinball verschlucken.
„Verzeihung“, murmelte er, während er einen Blick auf seinen Notizblock warf. „Ach ja, die Wohnungstür“, fuhr er fort. „Verriegelt wird sie durch ein hochwertiges Sicherheitsschloss, Widerstandsklasse drei. Wundert mich ehrlich gesagt, dass die Jungs von der Feuerwehr lediglich eine halbe Stunde gebraucht haben, um das Ding zu knacken. Damit aber nicht genug. Die Hauptsicherung erfolgt durch ein schweres Querriegelschloss, ebenfalls eine der höchsten Schutzklassen. Abgerundet wird das Ganze durch eine Vorhängekette, und auch hierbei handelt es sich nicht gerade um das Standardmodell aus dem Baumarkt, mit dem sich der Durchschnittsopa in Sicherheit wähnt. Nein, gehärteter Spezialstahl mit Titanlegierung. Allein diese Kette hätte schwere Fußtritte gegen die Tür problemlos ausgehalten. Aufbruchs- oder Manipulationsspuren waren vor Ort nicht auszumachen. Wir haben alles ausgebaut und zum Landeskriminalamt geschickt. Die haben dort wesentlich bessere Untersuchungsmöglichkeiten, was diese Dinge betrifft.“
„Ich verstehe nicht“, warf Jennifer Bergmann ein, „wieso sich ein alter Mann so verbarrikadiert.
Weitere Kostenlose Bücher