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Die Eisbärin (German Edition)

Die Eisbärin (German Edition)

Titel: Die Eisbärin (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Matthias Gereon
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Boger, da er sich als Ermittlungsleiter bereits mehrfach ausgezeichnet hatte. So gewährte man ihm bei Mitteln und Methoden seiner Arbeit größtenteils freie Hand. Ein Status, so wusste Klein, den man ihm bei ausbleibendem Erfolg umgehend wieder entziehen würde.
    Das zweite Gespräch hatte Klein mit Christian Steffen geführt, dem zuständigen Staatsanwalt, einem engagierten jungen Mann, dem Klein vorher noch nicht begegnet war.
    Klein tippte die letzten Worte in den Computer und beendete das Schreibprogramm. Inständig hoffte er, dass seine Kollegen bei der Besprechung, die in wenigen Minuten beginnen sollte, Neuigkeiten im Gepäck hatten.
    Was Jennifer Bergmann machte, wusste er nicht. Er hatte sie vor einer Weile im Flur des Polizeipräsidiums vorbeihuschen sehen. „Ich muss noch etwas überprüfen“, hatte er sie gerade noch sagen hören, ehe sie um die Ecke gebogen und seitdem verschwunden war.
    Es war genau 14.56 Uhr, als die ersten Stimmen zu ihm herüberdrangen. Günther Klein stand auf, ignorierte das Stechen in seinem Knie und machte sich auf den Weg in den Besprechungsraum. Seine innere Überzeugung sagte ihm, dass Herbert Lüscher getötet worden war, und es war an der Zeit, den beträchtlichen Vorsprung des Täters zu verkleinern.
    „Danke für euer pünktliches Erscheinen“, eröffnete Klein die Nachmittagsbesprechung, nachdem alle ihre Plätze eingenommen hatten.
    „Ich schlage vor, wir hören uns zunächst die vorläufigen Ergebnisse aus dem Obduktionssaal an“, sagte er und nickte auffordernd in Sperbers Richtung. Der hünenhafte Kriminaltechniker schien wie ausgewechselt. Mit der müden, armseligen Erscheinung vom Morgen hatte er nichts mehr gemeinsam.
    „Wir haben weitere Ausweisdokumente gefunden“, kam er sofort zur Sache, „einen Fahrzeugschein, einen Führerschein und einen gültigen Personalausweis. Das Foto auf dem Ausweis scheint aktuell zu sein. Dr. Narayan hat gute Arbeit geleistet. Sie hat bereits definitiv bestätigt, dass Lüscher keines natürlichen Todes gestorben ist. Sie konnte eine offene Wunde in der linken Brust freilegen, die von einer scharfen, einseitig geschliffenen Klinge herrührt. Im Verlauf der Brustraumöffnung stellte sie schartige Beschädigungen an zwei benachbarten Rippenknochen fest. Diese liegen genau an den Rändern des Stichkanals, der ebenfalls noch gut zu erkennen ist. Bei der Tatwaffe dürfte es sich um ein Messer mit 15 Zentimeter langer Klinge handeln, die an ihrer dicksten Stelle rund vier Zentimeter breit und zwischen vier und sechs Millimeter tief ist. Die Spitze traf das Opfer mitten ins Herz.“
    Sperber machte eine kurze Pause, um die Wirkung seiner Worte zu verstärken, und sagte dann: „Derjenige, der das zu verantworten hat, wusste genau, was er tat. Und er wollte Lüschers Tod.“
    In dem Raum breitete sich eine ungläubige Stille aus. Niemand konnte sich vorstellen, warum jemand einen alten Menschen mit einem Stich ins Herz töten sollte.
    „Das Blut hat uns anfangs zu denken gegeben“, brach Sperber das Schweigen. „In Anbetracht der Perforation der Herzwand hätte man eine große Menge stoßweise ausgetretenen Blutes vorfinden müssen. Wir haben allerdings nur relativ wenig auf dem Hemd des Opfers entdeckt. Wir wissen jetzt, dass es dafür zwei Gründe gibt. Einerseits wurde der linke Vorhof getroffen. Das ist der Teil des Herzens, in dem das Blut angesaugt und gelagert wird, bevor es in die linke Kammer fließt, von wo es dann in den Körperkreislauf gepumpt wird. Der Druck in den Vorhöfen ist wesentlich geringer als in den Kammern. Und zweitens hat sich der größte Teil des Blutes im Brustraum selbst angesammelt. Diese Umstände lassen darauf schließen, dass das Messer nach dem Eindringen noch einige Zeit steckte, bevor es wieder herausgezogen wurde. Somit funktionierte es wie eine Art Stöpsel, der die Wunde abdichtete und das Blut am Austreten hinderte. Mit anderen Worten, unser Täter könnte zugesehen haben, wie Lüscher innerlich verblutet ist. Und noch eines steht bereits fest. Die Klinge muss mit einiger Wucht geführt worden sein. Die Beschädigungen der Rippen sind relativ stark, ein nur mäßig hart geführter Stich wäre durch das Geflecht aus Knochen und Knorpel mit Sicherheit aufgehalten worden.“
    „Sonst gibt es keinerlei Verletzungen, nur diesen einzigen Stich?“, fragte Klein.
    „Das ist richtig“, antwortete Sperber. „Keinerlei Verletzungen der Schädelknochen, keine Hinweise auf Würgen oder

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