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Die Eisbärin (German Edition)

Die Eisbärin (German Edition)

Titel: Die Eisbärin (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Matthias Gereon
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einschlug, war schmal und unscheinbar, aber er führte tiefer in den Wald hinein. Sie war etwa 150 Meter weit gegangen, als der Weg scharf abknickte und hinter einer mächtigen Eiche verschwand. Sabine hatte die richtige Stelle erreicht. Sie verließ den Pfad und betrat das unwegsame Gelände. Branca verharrte zunächst mit aufmerksam gespitzten Ohren, doch dann folgte sie ihrer Herrin bereitwillig durch das Unterholz.
    Sabine hatte erwartet, dass der Weg mühsam sein würde. Bei jedem Schritt sank sie tief ein. Nur widerwillig gab der morastige Waldboden ihre festen Wanderschuhe frei und begleitete jeden Schritt mit einem geräuschvollen Schmatzen. Vor dem Nebel, der vom diffusen Licht der langsam untergehenden Novembersonne nur schwer durchdrungen wurde, hob sich das grau vertäfelte Haus ab.
    Sabine öffnete den Reißverschluss ihrer Regenjacke, hob das Fernglas an ihre Augen und begann, das Anwesen zu inspizieren. Details waren nur schwer zu erkennen. Gebückt schlich sie weitere 30 Meter durch den Wald. Branca blieb zurück. Sie hatte den „Platz“-Befehl erhalten und gehorchte. Sabine zog ein Taschentuch hervor und säuberte die Objektive. Die blätterlosen Kronen boten keinen Schutz vor der alles durchdringenden Nässe. Sie war jetzt bis auf 120 Meter an das Haus herangekommen. Es war das letzte in der Reihe von insgesamt zwölf frei stehenden Häusern in der Bruckwaldstraße. Sabine konnte die Demonstranten erkennen. Von den wütenden Massen der letzten Tage war lediglich eine kleine Mahnwache übrig geblieben. Fünf Menschen standen im Kreis und trugen ein weißes Banner und erschöpfte Gesichter zur Schau. Mit blutroter Schrift forderten sie den Abzug des Kinderschänders. Sabine suchte die Straße ab, doch die Polizisten konnte sie nicht entdecken. Sie vermutete den zivilen Wagen unmittelbar in der Nähe der Eingangstür, die sie von ihrer Position aus nicht einsehen konnte.
    Sabine konzentrierte sich wieder auf den hinteren Teil des Hauses, der dem Wald zugewandt war. Sie versuchte, jede Einzelheit in sich aufzunehmen. Die zugezogenen Gardinen hinter den verschlossenen Fenstern, der verwitterte Sonnenschirm auf der großen Terrasse und die gebrochenen Plastikstühle, die zusammen mit anderem Unrat in einer Ecke des verwilderten Gartens lagen, nur halb verdeckt von einer löchrigen Plane. Sabines Blick schwenkte auf die andere Seite, hinüber zur Garage. Sie wollte die Mauer nach einer Außenbeleuchtung absuchen, hielt aber plötzlich inne. Sie hatte etwas entdeckt, auch wenn sie nicht sagen konnte, was es war. Sie presste das Fernglas noch näher an die Augen und drehte den Kopf langsam zurück. Da war es. Unmittelbar über der Grasnarbe. Sie spürte, wie sich ihr Pulsschlag erhöhte. Sie veränderte ihre Position, ging einen Schritt zur Seite, dann einen nach vorn. Doch das genügte nicht, um die letzten Zweifel auszuräumen. Sabine setzte das Fernglas ab und sah sich prüfend um. Dann stapfte sie entschlossen zu einem Baum schräg hinter ihr. Branca ließ ihre Herrin keine Sekunde aus den Augen, rührte sich aber nicht vom Fleck. Braver Hund, dachte Sabine und fasste einen der tiefhängenden Äste, den sie für stabil hielt. Mit beiden Füßen suchte sie Halt an dem Stamm, doch die schlammverschmierten Sohlen ließen sie immer wieder abrutschen. Sabine sammelte all ihre Kraft und zog sich mit beiden Armen hinauf. Schließlich fand ihr Schuh einen Vorsprung in der groben Rinde, der ihr ausreichend Halt bot. Während sie ihren Körper mit dem linken Arm an den Stamm heranzog, konnte sie mit der rechten Hand das Fernglas halten. Der gewonnene Meter Höhenunterschied reichte aus, um sicher zu sein.
    Sabine erkannte nun deutlich die Spitze eines Handlaufs. Das Haus verfügte also über einen Kellerabgang, noch dazu auf der unbewachten Seite. Es schien, als hätte sich das Blatt gewendet. So leise wie möglich ließ sie sich auf den Waldboden fallen und trat den Rückzug an.
    40 Minuten später erreichte sie ihren Wagen, nass und zitternd vor Kälte. Als sie hinter Branca die Kofferraumklappe schloss, spielte ein dünnes Lächeln um ihre Mundwinkel.

Sonntag, 21. November, 19.45 Uhr
    Laura hatte die Schüssel ausgekratzt und den Rest ihrer Mousse au Chocolat verschlungen. Nun wippte sie ungeduldig auf ihrem Stuhl.
    „Darf ich hochgehen und spielen, Mami?“
    „Ja, Liebes“, sagte Sabine und sah ihre Tochter liebevoll an. „Aber um halb neun ist Schlafenszeit. Morgen ist Schule.“
    „Ich weiß. Kommst

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