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Die Eisbärin (German Edition)

Die Eisbärin (German Edition)

Titel: Die Eisbärin (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Matthias Gereon
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gehört, was Ihnen vorgeworfen wird. Sie erhalten hier und jetzt die Gelegenheit, sich zu den Anschuldigungen zu äußern. Möchten Sie etwas sagen?“
    Die Prostituierte beugte sich vor, als spräche sie in ein imaginäres Mikrofon.
    „Ich habe nichts mit der Sache zu tun, und ich habe keine Ahnung, was Sie von mir wollen.“ Ihr Akzent war schwach, die Stimme fest.
    Klein musterte die junge Frau. Sie war dezenter geschminkt als auf dem Bild in Martens Ordner, und der Ermittler stellte fest, dass er mit seiner Vermutung richtiggelegen hatte. Janina war eine ausgesprochen hübsche Frau mit strahlend weißen Zähnen und ebenso reinen blauen Augen. Und noch eine Veränderung war nicht zu übersehen. Statt des geflochtenen, blonden Zopfs trug sie eine Kurzhaarfrisur, die ihr gut zu Gesicht stand. Mit ihrem dunkelroten Abendkleid, das aufreizend und elegant zugleich war, wirkte sie derart fremd in dieser Umgebung, dass Klein sich immer wieder ins Gedächtnis rufen musste, einer Mordverdächtigen gegenüberzusitzen.
    Janina hatte vor dem Badezimmerspiegel gestanden und war gerade dabei gewesen, sich die Halskette umzulegen, als die Ermittler in das Hotelzimmer gestürmt waren. Während Walther Tönnies vor Schreck das Gleichgewicht verloren hatte und auf den Hintern gefallen war, hatte Janina völlig ruhig die Anweisungen der Polizisten befolgt. Sie war auf der Stelle festgenommen und ins Essener Präsidium gefahren worden, mitsamt den hochhackigen Riemchensandalen, in denen ihre nackten Füße noch immer steckten. Es ist November, Mädchen, dachte Klein und schüttelte innerlich den Kopf.
    „Frau Galuschka“, wandte er sich in ruhigem Tonfall an sein Gegenüber. „Sie arbeiten für Michael Martens’ Agentur ‚Blue Sky Models‘, ist das richtig?“
    „Ist das verboten?“
    „Nein, ist es nicht. Aber beantworten Sie bitte die Frage.“
    „Schauen Sie mich an, ich bin ein Model. Nur leider zehn Zentimeter zu klein für den Laufsteg. Also muss man sehen, wo man bleibt.“
    „Verstehe“, antwortete Klein und tat es nicht. „Wie sieht Ihre Tätigkeit in der Agentur genau aus?“
    Janina nahm einen tiefen Zug von ihrer Zigarette, blies den Rauch durch die Nase und blickte Klein fest in die Augen.
    „Fragen Sie mich doch gleich, ob ich ’ne Nutte bin. Macht Sie das scharf?“
    Klein war vorbereitet und ließ sich nicht aus der Ruhe bringen.
    „Nein, wir möchten nur Klarheit über gewisse Hintergründe erhalten. Es ist einfacher, wenn wir wissen …“
    „Ja, Sie haben recht“, unterbrach sie ihn schroff. „Ich treibe es mit Männern, die meine Großväter sein könnten. Die meisten sind hässliche, perverse Idioten. Aber sie haben Geld. Jede Menge Geld. Reicht das als Erklärung?“
    „Fürs Erste, ja.“ Klein machte eine winzige Pause. Er beschloss, in die Offensive zu gehen. „Janina, kannten Sie Herbert Lüscher?“
    Er beobachtete sie, achtete jetzt auf jede Kleinigkeit, suchte den Schatten, der sie verraten würde. Die junge Frau runzelte die Stirn.
    „Der Kerl, von dem Sie sagten, er sei tot? Den ich umgebracht haben soll? Ja, wir hatten ein paar Mal das Vergnügen.“ Entweder war der Schatten unter der Schminke verborgen, oder er war tatsächlich nicht da. Klein spürte Nervosität in sich aufsteigen.
    „Er war also Kunde von Ihnen?“
    „Wir hatten Sex, fürs Theater oder ein Dinner war der Saufbold doch nicht mehr imstande.“
    „Beschreiben Sie uns die Situation. Was war Lüscher für ein Mensch?“
    Janina schnaubte verächtlich und wechselte die Position auf ihrem Stuhl.
    „Kennen Sie sein Schlafzimmer?“, fragte sie.
    „Ja, wir waren in seiner Wohnung.“
    „Dann wissen Sie doch Bescheid, wie er drauf war.“
    „Wir möchten es gerne von Ihnen hören, Janina.“
    „Er war widerlich. Ein trauriger, alter Perversling.“
    Klein blickte sie fragend an.
    „Ich fürchte, jetzt brauchen wir ein paar Details.“
    Janina schien eine Weile in sich selbst zu versinken. Sie senkte ihren Blick, doch Klein konnte erkennen, dass sich etwas verändert hatte. Die brennende Angriffslust, das provokative Funkeln in ihren Augen war verblasst.
    „Es war unheimlich“, sagte sie. „Dieses dunkle Zimmer. Diese merkwürdige Stille, ich hab mich immer gefühlt wie auf einem Friedhof.“
    Wieder setzte eine Pause ein, doch Klein wusste, dass er Janina jetzt nicht unterbrechen durfte.
    „Es gibt eine ganze Menge Perverser, mehr, als Sie sich vorstellen können. Aber die meisten sind harmlos.“ Sie

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