Die Eiserne See - Brook, M: Eiserne See

Bord war? Während Ihr alle dort wart?«
    Scarsdale nickte und fing an, mit Yasmeens Haar zu spielen, indem er einen ihrer fest geflochtenen Zöpfe um seine Finger wickelte. »Direkt auf den Kapitän, der ihn tötete. Danach schien der bessere Weg zu sein, den Turm in die Luft zu sprengen.« Mit einem kurzen Lachen blickte er zu Trahaearn. »Nur du konntest so eine selbstmörderische Aktion wie die mit dem Turm unternehmen – und als er ihn in die Luft gesprengt hatte, hat er versucht, die Arbeit zu Ende zu bringen, die die kranken Naniten begonnen hatten. Warum war er also nicht tot?«
    »Nicht die Ohren!«
    Das ärgerliche Fauchen ließ Mina von Trahaearn über den Tisch zu Yasmeen schauen, die sich abrupt aufgesetzt hatte und ihr blaues Kopftuch an der Seite wieder herunterzog. Mina meinte, ein Haarbüschel gesehen zu haben, bevor die blaue Seide erneut die obere Hälfte ihres Ohres bedeckte.
    Sie starrte Scarsdale an, der ihre Finger an seinen Mund zog, um sie zu küssen. »Tut mir leid, Liebes. Ich war abgelenkt.«
    Besänftigt legte sie sich auf den Bauch, und Scarsdale streichelte ihren Rücken. Sie waren eher hypnotisierend, die trägen Kreisbewegungen – und nicht mehr so schockierend. Mina freute sich für die beiden. Die Zuneigung zwischen Yasmeen und Scarsdale war voller Wärme und nicht zu übersehen … und war etwas für jene, die etwas zu verheimlichen hatten und sich wie Mina nicht viel Hoffnung auf Akzeptanz machten. So mussten sie sich zumindest nicht voreinander verstecken.
    Doch Mina konnte sich noch immer nicht entspannen und fühlte sich wie ein Voyeur, der beobachtete und etwas ersehnte, was er selbst nie haben würde. Sie musste gehen, doch brachte sie es nicht fertig.
    Mina blickte zu Trahaearn, als sie ein Rascheln neben sich bemerkte. Er war näher herangerückt und betrachtete sie mit gesenkten Lidern. »Ist es das, was Sie wollen?«, fragte er.
    Er hatte ihr also dabei zugesehen, wie sie Scarsdale und Yasmeen beobachtet hatte. Und jetzt sah sie wieder zu ihnen hin, weil sie nicht wollte, dass er die Antwort in ihren Augen las. Wollte sie, dass jemand sie berührte, nicht um sie zu erregen, sondern um sie zu beruhigen? Weil er fürsorglich sein und ihr einen Gefallen tun wollte? Nicht nur ein Liebhaber. Sondern ein Freund. Jemand, der sie aus den gleichen Gründen brauchte wie sie ihn. Der Typ Mann, den sie heiraten würde, wenn sie nur eine Chance bekäme.
    Sie hatte sich bereits vor langer Zeit damit abgefunden, dass diese Chance niemals kommen würde. Aber wollte sie es denn?
    »Nein«, log sie und fand endlich die Kraft zu gehen.

12
    Lange nach Sonnenaufgang erwachte Mina in einer stickigen Kabine, das Nachthemd um die Taille gewickelt, und versuchte, einen Traum von Trahaearn zu verscheuchen, in dem er sie auf den Kissen in der Kapitänskabine vögelte, während Scarsdale und Lady Corsair zuschauten und lachten. Verwirrt, nass vom Schweiß und der Erregung, stolperte sie zum Waschtisch und spritzte sich Wasser ins Gesicht.
    Zu dem endlosen Stampfen, Keuchen und Rattern der Maschinen zog sie sich an und versicherte sich, dass die Schnallen ihrer Schutzweste und ihrer kurzen Jacke vollständig geschlossen waren. Das feuchte Haar im Nacken kräuselte sich, bis sie die doppelte Anzahl Haarnadeln benutzte und einen so festen Haarknoten machte, dass ihre Schläfen spannten. Oben auf Deck war es genauso heiß, doch zumindest war die Luft, die ihr übers Gesicht strich, trocken. Sie saß beinahe den ganzen Tag im Bug und betrachtete die Landschaft, die unter ihr vorbeizog. Die Wüste bestand nicht nur aus Sand, wie sie es sich stets vorgestellt hatte. Es gab niedrige Felsen und Klippen und große Flächen verbrannter Erde. Alles war gelb und braun, bis auf ein paar grüne Flächen und Flüsse, wo sich Wasser sammelte oder floss. Sie hörte endlich zu schwitzen auf, als allmählich die Wüste einer scheinbar endlosen Graslandschaft wich. Sie sah keine Zombies oder Menschen, und die wenigen Bäume, die kerzengerade in der Sonne standen, sahen trostlos und einsam aus.
    Trotz des Namens, den Afrika in der Neuen Welt und England hatte, konnte sie sich nicht vorstellen, dass irgendjemand, der Afrika besuchte, es den Dunklen Kontinent nennen würde. Im Laufe des Tages schien alles heller und heller zu werden, bis ihr der blaue Himmel sogar in den Augen wehtat.
    Egal, wohin man sah, es tat immer weh. Trahaearn stand den ganzen Tag in Hemdsärmeln auf dem Achterdeck, Zigarillo in der Hand, und