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Die Eisfestung

Titel: Die Eisfestung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jonathan Stroud
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die Wahrheit. Wenn ich mich da nicht hochgezwängt hätte, wäre ich jetzt tot.«
    Marcus pfiff anerkennend. »Er ist echt hierhergekommen? Wahnsinn! Das hast du super gemacht, Em. Wirklich super. Das war unheimlich knapp. Du bist viel näher am Feind dran gewesen als ich. Ich -«
    »Wo ist Simon?«
    »Weiß ich nicht. Aber er ist nicht geschnappt worden. Harris -«
    »Also war es wirklich Harris?«
    »Wer sonst? Egal, er ist fort und hat Simon nicht entdeckt. Rate mal, was er hier gemacht hat!«
    »Nach uns gesucht.«
    »Natürlich nicht! So ein Unsinn. Der denkt nicht im Traum dran, dass hier jemand sein könnte. Das macht den besonderen Reiz aus. Nein, er war wegen der Vögel hier.«
    »Was?«
    »Krähen und so. Du hast doch die Gitterstäbe und den Maschendraht und das ganze Zeug gesehen. Sie wollen nicht, dass die Vögel in den überdachten Teil der Burg kommen. Wenn sie einmal hier drin sind und ihre Nester bauen, wird alles in kürzester Zeit vollgeschissen sein. Harris hat seine Runde gedreht, um zu überprüfen, ob sich nicht über Weihnachten irgendeine fette Krähe zwischen den Mauern niedergelassen hat. Ich hab gehört, wie er so was vor sich hin gemurmelt hat. Und außerdem hat er in der Nase gebohrt – das hab ich hinter der Säule genau beobachten können.«
    »Ich will nicht alle Einzelheiten wissen, Marcus. Wie ist es dir ergangen? Erst kam er hier hoch und hat mich fast erwischt. Und danach? Bei dir?«
    »Ich bin in die Kemenate zurück. Nirgendwo ein Versteck – ich hätte mich nie getraut, in den Kamin zu klettern! Aber es gab zwei Ausgänge, ich hab gleich den nächsten genommen – und rate mal, was passiert ist? Es war eine Sackgasse! Ich hätte mir fast in die Hose gemacht, hätte nicht schlecht gepasst, es war nämlich ein Plumpsklo. Eine Steinbank mit einem hübschen kleinen runden Loch. Ich hatte gar nicht mitgekriegt, dass Harris hinter dir die Treppe hoch ist. Dann bin ich schnell raus und durch die nächste Tür, und das war viel besser, denn ich bin in der Kapelle gelandet.«
    »Wie? Da ist eine echte Kapelle?« Emily spürte, wie ihre Lebensgeister wieder erwachten. Marcus’ Begeisterung war ansteckend.
    »Nein, nur ein leerer Raum mit einer Nische, in der sich wahrscheinlich der Altar befunden hat. Niemand außer dem Burgherrn und der Burgherrin durfte ihn betreten. Und dem Priester natürlich. Vielleicht auch noch König Edward, als er -«
    »Marcus...«
    »Okay. Ich bin also da rein und dachte, ich hab jetzt meine Ruhe. Hätte gut sein können, dass Harris gar nicht dort hinkommt. Ich bin da rumgestanden und nach kurzer Zeit hab ich seine Schritte in der Kemenate gehört. Mensch, hab ich Angst gehabt! Das kannst du dir gar nicht vorstellen.«
    Emily blickte ihn an.
    »Okay, ja, kannst du natürlich. Tut mir leid. Egal, da hab ich mich durch die nächste Tür rausgeschlichen und war dann in einem großen Raum mit lauter dicken Säulen. Ich hab gehört, wie er durch die Kapelle kam, deshalb bin ich schnell ans andere Ende und hab mich hinter einer Säule versteckt. Dann war er in dem Raum, schlurfte näher und immer näher und hat die ganze Zeit vor sich hin gequasselt, über die Vögel und dass er sie alle am liebsten totschießen würde.«
    »Dieser Mistkerl!«, rief Emily.
    »Vergiss die Vögel – ich war in Lebensgefahr! Ich wusste, dass er um die Säulen kommen würde, aber ich wusste nicht, von welcher Seite. Also hab ich nachgedacht -«
    »Hallo.« Sie blickten erschrocken auf. Simon stand vor ihnen. Er war bleich, aber er grinste. Um seine Hand hatte er ein schmutziges Taschentuch gewickelt. Es hatte rote Flecken.
    Emilys Knöchel schmerzte, als sie sich besorgt zu ihm drehte. »Simon, was ist passiert?«
    »Also hab ich nachgedacht -«
    »Ach das? Nichts. Nur’ne Schürfwunde.«
    »Wie ist das denn passiert? Komm, setz dich her.«
    »Alles in Ordnung, wirklich.« Er lehnte sich neben sie an die Wand und ließ seine Blicke durch das Zimmer schweifen. »Was war denn hier los? Hat sich jemand im Kamin versteckt?«
    »Ja. Ich. Aber was ist mit deiner Hand? Was hast du damit gemacht?«
    »Nichts. Ich hing draußen am Seil. Bin etwas abgerutscht, hab sie mir am Stein aufgeschürft.«
    »Was hast du da am Seil gemacht? Versucht zu fliehen?«, fragte Marcus ungläubig.
    »Natürlich nicht. Ich wollte nicht, dass er das Seil sieht. Ich hab versucht, es zu verstecken.Wir haben es einfach auf einem dicken Haufen liegen gelassen, dort oben hinter der Maueröffnung, erinnert ihr

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