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Die Eisfestung

Titel: Die Eisfestung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jonathan Stroud
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euch? Harris brauchte da bloß vorbeizukommen und dann wär hier die Hölle los gewesen. Selbst von der Treppe aus hätte er es da liegen sehen. Also bin ich hingerannt, hab es mir geschnappt und bin damit nach draußen geklettert. Ich hatte keine Zeit, das Seil von dem Geländer loszuknüpfen, also hing ich dort und hab mich an ihm festgehalten. Eigentlich völlig sinnlos. Wenn er gekommen wäre, hätte er gesehen, dass da ein Seil festgeknotet ist – und er hätte mich gehabt. Aber er ist da nicht vorbeigekommen, also war alles in Ordnung.«
    »Wie lang hast du denn da draußen am Seil gehangen?«
    »Ungefähr zwanzig Minuten. Ich hatte Angst, dass er immer noch unten im Saal ist. Deshalb hab ich so lang gewartet, wie ich konnte, bevor ich wieder reingeklettert bin.«
    Emily staunte ihn an. »Zwanzig Minuten! Und ich war stolz, dass ich es im Kamin fünf Minuten ausgehalten habe.«
    »Jeder tut, was er kann. Ist er jetzt weg?«
    »Ja, er ist weg, und wenn ihr zwei mich mal zu Wort kommen lasst, dann kann ich noch mehr dazu sagen!« Marcus wirkte etwas beleidigt.
    Simon schien ihn das erste Mal richtig wahrzunehmen. »Natürlich, Marcus. Also, Emily war im Kamin, ich hing draußen an dem Seil – und wo warst du?«
    »Er hat sich hinter einer Säule versteckt«, fasste Emily zusammen, als Marcus mit seiner Geschichte anfangen wollte.
    »Auch nicht schlecht«, sagte Simon. »Und du bist dir ganz sicher, dass Harris weg ist?«
    Marcus seufzte. »Ja. Hinter dem Säulenzimmer führt ein langer Gang auf die andere Seite. Harris ist dort entlang und ich bin ihm gefolgt. Ein paar Vögel hatten sich in die Vorhalle des Rittersaals verirrt, wo dann die breite Treppe zum Eingang hinuntergeht. Er hat dort ewig rumgebrüllt und mit seinem Stock herumgefuchtelt. Es gab jede Menge lautes Gekrächze und Federn sind durch die Luft gewirbelt.«
    »Mistkerl!«, rief Emily.
    »Als er sie verscheucht hatte, ist er um die Ecke gebogen, und dann hab ich gehört, wie eine Tür ins Schloss gefallen ist. Ich hab mich nicht getraut, ihm noch weiter zu folgen, aber ich weiß, dass er weg ist, weil ich in das Säulenzimmer zurück bin, und da hab ich durch ein Gussloch gesehen, wie er durch den Gang zum Tor ist.«
    »Dann hast du die Gusslöcher gefunden«, brummte Simon.
    »Ja. Super Sache. Groß genug, um richtig fette Steinbrocken runterzuschmeißen.«
    »Wundert mich, dass du nicht gleich versucht hast, Harris einen drüberzubraten«, sagte Emily.
    »Hätte ich gern, das kannst du mir glauben, aber sie sind mit Plexiglas abgedeckt. Könnte man wahrscheinlich abmachen. Dürfte nicht schwer sein.«
    »Aber nochmal zu Harris«, sagte Simon. »Also ist er wirklich weg?«
    »Hat abgesperrt und ist gegangen. Jetzt entspannt euch mal!«
    »Wird auch allmählich Zeit«, sagte Emily. »Und wir? Wollen wir das Ding hier wirklich durchziehen? Es ist noch nicht zu spät. Wir müssen hier nicht übernachten.«
    Sie sah die beiden anderen an – Simon mit seiner verletzten Hand, Marcus mit seinem großen blauen Fleck im Gesicht. Die beiden blickten fragend zurück. Emily verlagerte ihr Gewicht, bewegte vorsichtig ihren schmerzenden Fuß.
    »Ihr habt recht«, sagte sie. »Es macht keinen Sinn, jetzt noch umzukehren.«

6
    I ch musste gerade daran denken«, sagte Emily, »wie gut es doch war, dass es heute Morgen geschneit hat, sonst hätte Harris im Innenhof alle unsere Fußspuren von gestern gesehen.« Sie lag in ihrem Schlafsack. Das Zimmer war in Dämmerlicht getaucht.
    »Sogar das Wetter ist auf unserer Seite.« Marcus gähnte. »Wir sind die Herrscher dieser Burg. Wie geht’s dem Feuer, Simon?«
    Simon schaute von seinem Platz vor dem Kamin nicht hoch. Er brummte nur vor sich hin. Seit fünf Minuten versuchte er vergebens, die Zweige und Holzstücke anzuzünden, die er dort aufgeschichtet hatte. Sein Kampf mit Streichhölzern, Feuerzeug und zusammengeknülltem Zeitungspapier war bisher nicht erfolgreich gewesen.
    »Vielleicht sollten wir’s doch mit dem Heizgerät probieren«, schlug Emily vor. Unter Keuchen und Fluchen hatte Simon den schweren Apparat zwei Stockwerke hochgeschleppt.
    Er schüttelte den Kopf. »Wir sollten besser sparsam damit umgehen. Ist nur noch halb voll. Wenn wir das Feuer ankriegen, reicht uns das für den ganzen Abend. Den Heizer heben wir besser für die Nacht auf, ist sicherer.«
    Er knüllte noch mehr Zeitungspapier zusammen. Emily kuschelte sich tief in ihren Schlafsack und träumte mit offenen Augen vor sich hin. Die

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