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Die Eisfestung

Titel: Die Eisfestung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jonathan Stroud
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brannten die Sicherungen durch. »Willst du dich wie ein Vandale aufführen?«, brüllte sie. »So was könnte einer deiner bescheuerten Brüder gesagt haben! Zu Carl würde das ganz genau passen, der würde so was machen!«
    »Vielleicht hat der ab und zu auch mal’ne gute Idee!«
    »Na klar! Er hatte bis jetzt lauter supertolle Ideen, der ätzende Schwachkopf!«
    »Hey, er ist immer noch mein Bruder -«
    »Ach ja? Ich hab bisher nicht geglaubt, dass ihr ein Herz und eine Seele seid! Lass mich mit diesem Idioten bloß in Ruhe!«
    Sie beschimpften sich gegenseitig. Simon war knallrot geworden. Emily auch. Marcus stand daneben und blickte in eine andere Richtung. Plötzlich stampfte er mit dem Fuß auf und brüllte so laut, dass die anderen beiden vor Schreck verstummten:
    »Hört auf! Alle beide! Das kommt gar nicht infrage, dass wir den Raum hier verwüsten – es ist unsere Burg, habt ihr das vergessen? Hat sonst noch jemand hier eine Nacht verbracht? Niemand! Seit dreihundertfünfzig Jahren nicht! Interessiert sich sonst noch jemand wirklich dafür? Niemand! Sie wollen damit nur Geld verdienen! Es ist unsere Burg – und wir werden sie nicht wie eine heruntergekommene Ruine behandeln, so wie alle anderen.«
    Sie schauten ihn an.
    »Simon hat recht«, fuhr er in ruhigerem Tonfall fort. »Wir können das jetzt nicht sauber machen. Vielleicht später.«
    »Wann soll das denn sein?«, fragte Emily. »Wir haben alles zusammengepackt. Wir sind fertig hier. Und du bist zu spät dran.«
    Ihre Worte waren wie ein Dolchstoß. Marcus zuckte zusammen. Sein Selbstvertrauen war wie weggeblasen.
    »Ich geh nicht nach Hause«, sagte er. »Ich bleibe einfach hier.«
    Simon schloss die Augen und schüttelte den Kopf, als ob er seinen Ohren nicht traute. »Jetzt mach mal halblang«, sagte er. »Für wen ist diese Show denn gedacht?«
    »Das ist keine Show. Ich geh nicht nach Hause.«
    »Nur weil du Ärger mit deinem Vater kriegst?«
    »Du kennst meinen Vater nicht.«
    »Marcus«, setzte Emily zu einer längeren Rede an, »es gibt jede Menge Gründe, warum du nicht hierbleiben kannst, und ich werd sie dir jetzt nennen, okay? Du hast nichts zu Essen, du hast nichts zu Trinken – komm mir jetzt nicht mit irgendeiner Lügengeschichte über den Brunnen -, und du hast nichts, um dich warm zu halten. Okay, du hast das Heizgerät, aber ich wette, du würdest es gar nicht ankriegen. Und selbst wenn, würde das nur für ein paar Stunden reichen, nicht länger. Du wirst verhungern, aber davor wirst du erfrieren – schau dich doch an, du schlotterst jetzt schon vor Kälte. Wir sind alle müde und dreckig. Es wird Zeit, dass wir nach Hause gehen. Lasst uns aufbrechen.«
    Eine Mischung unterschiedlichster Gefühle spiegelte sich auf Marcus’ Gesicht – Zorn, Gehässigkeit, Angst und noch viele andere. Seine Schultern hingen herab. Sein Gesicht war ganz schlaff vor Enttäuschung.
    »Simon, bitte«, sagte Emily, »der Heizer. Könntest du ihn wieder runterbringen? Harris würde ihn sofort bemerken und alles würde auffliegen.«
    »Warum? Kann uns doch egal sein. Wir kommen nicht mehr hierher.«
    » Bitte , Simon.« Emily versuchte zu lächeln, aber ihr Gesicht war hart und steif.
    »Jaaa, schon okay. Dann lasst mich mal durch.«
    »Danke. Er wird nicht merken, dass irgendjemand hier war, wenn das Ding weg ist.«
    »Wenn du wirklich meinst. Kann mir jemand die Tür aufmachen?«
    Simon schleppte das Gerät auf den Treppenabsatz, griff noch einmal nach und verschwand. Kurz darauf hallte seine Stimme empor. »Bringt meinen Rucksack mit runter. Wir treffen uns an der Maueröffnung.«
    Emily und Marcus blieben allein zurück und starrten in das leere Zimmer.
    »Ich wüsste sofort, dass hier jemand war«, sagte Emily. »Wir haben ein echtes Chaos veranstaltet.«
    »Aber Harris bemerkt das nicht. Er achtet nicht drauf, verstehst du? Weil es ihm egal ist. Oder er wird glauben, dass Vögel durch den Kamin gekommen sind und den Ruß verteilt haben.«
    »Ja. Vielleicht.«
    Sie zogen die Tür hinter sich zu und stiegen dann die Wendeltreppe ein Stockwerk tiefer, wo sie dem Gang nach links bis zur Maueröffnung folgten. Dort lag auch das aufgerollte Seil. Unter ihnen, im Innenhof, mühte sich Simon damit ab, das Heizgerät in die Bude zu bugsieren. Der Wind verfing sich in der geöffneten Tür und ließ sie zuknallen, als Simon gerade hindurchwollte. Sein lautes Fluchen hallte durch die Burg bis zu ihnen hoch. Marcus wandte den Blick ab und schaute auf die

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