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Die Eisfestung

Titel: Die Eisfestung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jonathan Stroud
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»Ich hoffe, du und deine Freunde, ihr könnt mich hier verstehen. Ich heiße Janet und bin vom Jugendamt. Ich bin gekommen, um mit euch zu reden. Ich will gemeinsam mit euch nach einer Lösung suchen. Vor allem sollt ihr wissen, dass ich nichts mit der Polizei zu tun habe – auch wenn sie mich hierhergeholt haben. Ich bin für euch da und handle und rede nicht im Auftrag der Polizei. Ich handle auch nicht im Auftrag deines Vaters, Marcus, ich hoffe, das weißt du. Ich bin da, um dir zu helfen, um deine Interessen in dieser Sache zu vertreten. Aber dafür muss ich erst noch besser verstehen, was hier los ist, und deshalb musst du mit mir reden. Ich bin mir sicher, dass es gute Gründe dafür gibt, warum du so gehandelt hast – und die würde ich gerne von dir wissen. Willst du nicht mit mir darüber reden? Glaubst du, das wäre möglich?«
    Sie senkte das Megafon, legte den Kopf in den Nacken und ließ ihre Blicke – hin und her, auf und ab – die schweigenden Mauern entlanggleiten.
    »Und?«, fragte Emily.
    Marcus schüttelte den Kopf. Er zitterte. »Ich will nicht mit ihr reden.«
    Nach einer Weile begann die Frau wieder zu sprechen.
    »Ich weiß, dass das schwierig für dich ist, Marcus«, sagte sie. »Aber du musst mir vertrauen. Ich verlange auch gar nicht, dass du runterkommst. Zeig dich am Fenster, das reicht.« Eine Pause. »Ich sollte dir vielleicht noch sagen, dass ich fünfzehn Minuten bekommen habe, um mit dir Kontakt aufzunehmen. Wenn ich es in der Zeit nicht schaffe, dann muss ich wieder gehen, und die Polizei macht auf ihre Weise weiter.«
    Sie setzte das Megafon wieder ab und wartete. Marcus, Simon und Emily schauten sich an.
    »Ich will nicht mit ihr reden«, sagte Marcus noch einmal.
    »Besser, du sagt irgendwas«, meinte Simon. »Wir haben noch fast vier Stunden vor uns, bis es dunkel wird. Wäre besser, wir könnten einen Angriff noch hinausschieben.«
    »Ist auch meine Meinung«, sagte Emily.
    Marcus stöhnte. »Aber ich mag sie nicht. Sie wird mir alles, was ich sage, im Mund herumdrehen.«
    »Erzähl ihr einfach, was passiert ist. Das ist doch’ne prima Gelegenheit, um die alle mal über deinen Vater aufzuklären. Das gibt ihnen erst mal genug Stoff, da können sie ganz schön dran kauen. Und vielleicht beschäftigt sie das so, dass sie einige Zeit nicht mehr an den Angriff denken.«
    Simon nickte. »Jede Minute zählt.«
    »Ähm... na dann. Von hier raus?«
    »Ist genauso gut wie jeder andere Platz.«
    Marcus seufzte. Dann schlich er sich näher an das Fenster heran, reckte seinen Oberkörper ganz weit vor und schob seinen Kopf in die schmale Maueröffnung. Simon und Emily waren jetzt ganz verdeckt. Die Frau entdeckte Marcus sofort.
    »Marcus?« Sie benutzte jetzt nicht mehr das Megafon.
    »Ja.« Seine Stimme war so leise, dass man ihn kaum hören konnte.
    »Danke, dass du gekommen bist.«
    Ein trotziges Aufflackern in der Stimme: »Wir können miteinander reden. Aber ich komm nicht runter.«
    »Gut, dann lass uns miteinander reden. Ehrlich gesagt hab ich gar nicht so recht verstanden, warum du da oben bist. Kannst du mir das vielleicht noch mal erklären?«
    »Mach schon«, flüsterte Emily von hinten, als Marcus zögerte.
    »Fragen Sie meinen Vater«, rief er. »Fragen Sie doch ihn .«
    »Das frage ich ihn auch, aber ich möchte es gerne von dir hören.«
    »Ich gehe nicht zu ihm zurück. Ich hasse ihn für das, was er getan hat.«
    »Was hat er denn getan, Marcus?«
    Wieder ein Zögern. »Er hat... er hat... schauen Sie sich doch mein Gesicht an.«
    »Ich kann dein Gesicht von hier nicht genau sehen, Marcus. Tut mir leid. Du bist im Schatten. Was meinst du denn damit?«
    »Er hat... Ich gehe nicht zu ihm zurück, mehr gibt’s dazu nicht zu sagen.«
    Hinter ihm hielt es Emily vor Wut und Enttäuschung fast nicht mehr aus. Wenn er doch endlich die Wahrheit sagen würde, statt so herumzudrucksen! Seine normale Redegewandtheit schien ihn völlig verlassen zu haben – er stotterte und hustete und kam überhaupt nicht zum Thema. Wahrscheinlich war es schwer, seinen eigenen Vater in aller Öffentlichkeit bloßzustellen. Aber ihr und Simon hatte Marcus doch auch alles erzählt.
    Die Frau sprach wieder. »Ich weiß, dass ihr zu Hause Probleme hattet, Marcus. Aber glaub mir, solche Dinge lassen sich lösen«, sagte sie. »Wir können euch dabei helfen.«
    »Ich brauche keine Hilfe!«, schrie Marcus. »Ich hab hier drin alles, was ich brauche!«
    »Was ist denn mit deinen Freunden? Wollen sie

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