Die Eisfestung
mir vielleicht etwas sagen?«
»Nein! Sie werden mich nicht verraten! Hören Sie verdammt noch mal auf, sich hier reindrängen zu wollen. Ich weiß, dass die Polizei bei Ihnen da draußen ist – und er auch! Ich hab sie gesehen, sie warten nur darauf, dass sie endlich losschlagen können.«
Emily schüttelte verärgert und entsetzt den Kopf. Marcus tat sich damit keinen Gefallen. Sie konnte das viel besser.
»Marcus, sie warten nicht darauf, dass sie endlich -«
»Das ist meine Burg! Die können da draußen warten, bis sie verschimmeln! Sie werden nicht reinkommen und ich komm auch nicht raus!«
»Okay«, sagte die Frau mit einer Stimme, die nicht sehr überzeugt klang. »Aber ich hab immer noch nicht verstanden, warum du überhaupt da drin bist.«
»Kann sie auch nicht -« Emily hielt es nicht mehr aus. Sie musste endlich handeln. Sie zog sich den Schal bis über die Nase hoch, beugte sich vor und zerrte Marcus von der Fensteröffnung weg. Sein Protestschrei kümmerte sie nicht, sie schob sich an seinen Platz, duckte sich erst und hob dann den Kopf. Die Frau mit dem Megafon blickte direkt zu ihr hoch, um sie herum war der Schnee von vielen Füßen zertrampelt. Sie wirkte einen Augenblick überrascht, dann fing sie sich wieder.
»Hallo«, sagte sie.
»Hallo«, rief Emily und lüftete den Schal etwas, damit sie verstanden werden konnte. »Ich bin eine Freundin von Marcus.«
»Ich bin Janet. Und wie heißt du?«
Achtung, Gefahr! »Ähm... Katie«, sagte Emily zögernd. Sie nannte den ersten Namen, der ihr einfiel.
»Danke. Also, Katie, kannst du mir vielleicht sagen, warum ihr da drin in der Burg seid?«
»Kann ich«, rief Emily. »Die Sache ist nämlich die, dass Marcus von seinem Vater grün und blau geprügelt worden ist, und wir wollen, dass da etwas geschieht. Ich weiß nicht, was sein Vater Ihnen erzählt hat, aber das ist die Wahrheit, deswegen ist Marcus hier und will nicht mehr nach Hause zurück, und deshalb finden wir, dass Sie besser seinen Vater verhaften sollten und nicht auf Marcus Jagd machen. So, jetzt wissen Sie, was los ist.« Emily hatte ihre Rede hinter sich gebracht und war ganz außer Atem.
Die Frau schien betroffen zu sein. »Was du da sagst, Katie, ist eine ernste Anschuldigung.«
»Verdammt ernst«, sagte Emily. Ihr Schal rutschte herunter und sie zog ihn wieder hoch.
»Wir werden das genau überprüfen.«
»Gut.«
»Aber vorher muss Marcus rauskommen und eine ordentliche Aussage machen. Das siehst du doch ein, Katie, oder? So was lässt sich doch schlecht durchs Fenster brüllen. Außerdem kann ich dich kaum verstehen. Marcus wird fair behandelt werden. Die Polizei wird alles sorgfältig untersuchen.«
Emily hörte Simon hinter sich verächtlich schnauben. Sie holte tief Luft. »Können Sie uns irgendeine Garantie geben, wie das mit Marcus laufen wird?«, fragte sie. »Wie wird es weitergehen? Können Sie uns versprechen, dass er nicht zu seinem Vater zurückmuss?«
»Es wird alles sorgfältig geprüft werden, Katie«, sagte die Frau, was sehr unverbindlich und allgemein klang. »Alles wird seine Ordnung haben, aber erst einmal muss Marcus rauskommen. Du brauchst dir keine Sorgen um ihn zu machen, Katie. Ich kann mir vorstellen, wie ihr euch da oben fühlt, aber es wird alles besser, wenn ihr den ersten Schritt gemacht habt. Kommt raus! Wir sind nicht eure Feinde.«
»Das ist keine wirkliche Antwort auf meine Frage«, sagte Emily. » Können Sie uns irgendeine Garantie geben? Was mit Marcus geschehen wird? Und mit seinem Vater?« Sie hatte nicht das Gefühl, dass die Antwort der Frau irgendetwas Konkretes enthielt, auf das sie sich verlassen konnte.
Die Frau zögerte etwas, bevor sie wieder sprach. »Ich kann dir nicht genau sagen, was passieren wird, Katie.«
»Das reicht mir nicht.«
Sie schauten sich einen Augenblick schweigend an. Dann redete die Frau langsam weiter.
»Du bist wie eine richtig gute Freundin, Katie«, sagte sie. »Du glaubst, dass du das bist. Du hältst zu Marcus wenn er in Not ist, und das sollten guten Freunde auch tun. Aber du solltest dich fragen, ob du wirklich das Richtige machst, wenn du Marcus dabei hilfst, sich in dieser Festung hier zu verschanzen, statt den Leuten zu vertrauen, die nichts anderes wollen, als ihm zu helfen.«
»Solange sie mir keine Garantie geben können, mach ich sicher das Richtige!«, antwortete Emily.
Die Frau redete weiter, als hätte sie Emily nicht gehört.
»Du solltest dich auch fragen, wie gut du ihn
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