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Die Eiskrone

Die Eiskrone

Titel: Die Eiskrone Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andre Norton
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»Vielleicht will Lord Imbert nur, daß wir in keiner Weise auffallen.«
    Roane zog fröstelnd den Mantel um ihre Schultern. »Wohin fahren wir?« fragte sie.
    »Nach Gastonhöhe, am Immersee. Dort wohnt die königliche Familie. Die Königin liebt die Ruhe.« Die Prinzessin lachte, als Roane gegen sie fiel, weil die Kutsche so sehr rüttelte. »Wenn du an der Wand entlangtastest, findest du eine Schlaufe, an der du dich festhalten kannst. Es wird manchmal nötig werden.«
    Nur ab und zu fiel ein Lichtstrahl durch die Vorhänge, woraus Roane schloß, daß sie durch hellerleuchtete Gegenden fuhren. Das Rumpeln störte sie aber sehr, und ihr Magen rebellierte ganz entschieden dagegen. Aber was sollte sie machen?
    »Meine Mutter war die Base von König Gostar«, erklärte ihr die Prinzessin. Sie wußte aber nicht, in welchem Verhältnis sie zueinander gestanden hatten, denn auch im königlichen Haus gebe es immer wieder Zwistigkeiten, genau wie anderswo. König Gostar sei von raschem, oft unberechenbarem Temperament. Um allen Gefahren zu entgehen, die sich aus solchen Zwistigkeiten ergeben könnten, müsse sie unbedingt die Krone finden. »Nelis wird auf jeden Fall tun, was ihm möglich ist«, schloß sie.
    »Du hast den Colonel ausgeschickt, um die Krone zu suchen?« fragte Roane. Was würde der Onkel tun, wenn in diesem Gebiet größere Truppeneinheiten der Armee von Reveny auftauchten? Wahrscheinlich mußte er dann das Lager abbrechen und den Planeten vorzeitig und unverrichteter Dinge verlassen.
    »Er kennt das Land, und ich kann ihm vertrauen«, erwiderte Ludorica. »Solange er vorsichtig ist, kann ihm Reddick nicht entgegentreten. Erst nach dem Tod des Königs wird der Herzog seine Absichten darlegen.«
    »Aber ich dachte, du wolltest nicht wissen lassen, wo die Krone versteckt ist?«
    »Nelis wird warten, bis ich komme. Niemand kann sie berühren, außer mir natürlich. Nelis soll nur den Weg dorthin finden.«
    Die Kutsche schüttelte immer heftiger. »Der König muß ein sehr ungeduldiger Mann sein«, stellte Roane fest. »Warum müssen wir denn unbedingt so schnell fahren?«
    Und nun wäre das Gefährt um ein Haar umgestürzt; auch die Prinzessin bekam jetzt Angst. »Roane! Taste dich am Fenster entlang und sieh zu, ob du den Vorhang anheben kannst.«
    Aber die Vorhänge waren festgenagelt oder sonst irgendwie unablösbar befestigt. So sehr beide sich auch bemühten, sie fanden nicht einmal Türklinken. Ein grauenhafter Verdacht stieg in Ludorica auf. »Ich fürchte, wir sind … Gefangene«, stöhnte sie. »Aber wessen Gefangene? Lord Imberts? Nein! Das ist nicht möglich! Roane, ich glaube, wir … werden nicht nach … Gastonhöhe gebracht.«
    »Wohin dann?«
    »Wenn ich das nur wüßte!«
    Nun erst fiel Roane ein, daß sie eine Lampe bei sich hatte. Seit Tagen schon schien sie unter einer gewissen Gedächtnisschwäche zu leiden. Was war das nur? Manchmal war ihr, als wolle sie sich nicht an Dinge erinnern, die zu ihrem früheren Leben gehörten. Mit diesen Gedanken nestelte sie ihre Lampe aus dem Gürtel.
    Sie richtete den Strahl auf die Türen. Nirgends war ein Riegel, ein Drehknopf oder eine Klinke zu entdecken. Die Vorhänge waren an den Fenstern mit Holzleisten befestigt, so daß sie sich nicht aufziehen ließen.
    »Wir sind also wirklich Gefangene«, stellte die Prinzessin fest. »Wo werden wir ankommen? Wer wird uns befreien? Unsere Zukunft hängt davon ab, wer hinter dieser Schurkerei steckt.«
    »Reddick?«
    »Sicher nicht mit Imberts Hilfe! Außer der König hat es angeordnet. Oder die Kutschen wurden vertauscht. Jedenfalls sind wir Gefangene, und der Grund dafür ist nicht so wichtig wie der Umstand selbst. Hast du irgendwelche Waffen oder Geräte bei dir, mit denen wir uns befreien könnten?« Wie gewöhnlich erkannte sie sofort das Wichtigste.
    »Ich habe die Lampe, einen Sanitätskasten und eine Waffe. Diese Waffe verwundet und tötet nicht. Sie läßt den, der vom Strahl getroffen wird, einschlafen und manchmal für eine Weile bewegungsunfähig werden.«
    »Ist das die Waffe, die dein Vetter in der Höhle auf mich gerichtet hat? Wie klug von dir, sie mitgenommen zu haben, Roane! Sobald sie uns herauslassen, schicken wir sie alle schlafen.«
    »Ich werde tun, was ich kann«, versprach Roane, aber sie fühlte wieder jenen Zwiespalt in sich, der sich immer dann einstellte, wenn sie zwischen ihrer eigenen Welt und Clio zu entscheiden hatte. Es schadete nichts, wenn sie die Lampe benützte, aber der

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