Die Eiskrone
helleren Nachthimmel abzeichnete.
Dann ging der Mond auf, und sie konnte frische Hufspuren entdecken. Es waren die vieler Duocorns, und gelegentlich war ein Zweig abgebrochen, den ein Reiter gestreift hatte. Sie mußten die gleiche Richtung eingeschlagen haben, der sie folgte.
Ludorica? Dann war es dringender denn je, daß sie das Lager erreichte. Die Reiter konnten natürlich von den Deformern abgewiesen werden, aber sie konnten sich darüber wundern, was sie von ihrer Spur ablenke.
Auf keinen Fall durfte sie der Prinzessin erneut begegnen, um nicht wieder ihrem Einfluß zu unterliegen. Auch Onkel Offlas und Sandar mußten vor dieser Gefahr gewarnt werden.
Im Mondlicht war die Nacht sehr hell und hatte tiefe, scharfumrissene Schatten. Plötzlich blieb Roane stehen und griff nach ihrem Kopf. Irgend etwas erregte ihr Unbehagen. Sie wußte, was es war – die Wirkung eines Deformers. Da sie den Ausgleichsstrahler nicht bei sich trug, wußte sie, was sie erwartete. Sie konnte nur hoffen, daß sie sich durch diese Abwehr zwängen konnte.
Schließlich beschrieb die Spur der Reiter einen Bogen. Hier mußten sie wohl in den Einflußbereich der Deformer gekommen sein. Roane ging in der alten Richtung weiter, aber nicht lange. Der Angriff erfolgte ohne jede Vorwarnung.
Aus der Nacht schnellte eine Schlinge, die sich um ihren Körper legte. Ehe sie wußte, was mit ihr geschah, war sie schon fest verschnürt. Sie konnte also auch ihren Stunner nicht benützen. Dann warf sich jemand gegen sie und drückte sie zu Boden.
Sofort stellte man sie wieder auf die Beine. Sie sah sich drei Männern gegenüber, und ein vierter stand hinter ihr und hielt sie fest. Im Mondlicht erkannte sie das Gesicht dessen, der sie angesprungen hatte.
»Colonel Imfry!« keuchte sie.
»Wer bist du?« Er kam näher und musterte sie. »Lady Roane! Aber wo ist die Prinzessin? Los, löst sofort ihre Fesseln!« wandte er sich an die Männer.
»Wo ist die Prinzessin?« drängte er und hielt sie an der Schulter fest.
»Sie ritt mit Reddick vom Turm weg.«
»Von welchem Turm?«
»Lassen Sie mich doch erst einmal zu Atem kommen«, antwortete Roane. Sie war fest entschlossen, sich nicht wieder in die alte Verstrickung hineinzerren zu lassen.
»Verzeihen Sie, Lady.« Er lockerte seinen Griff um ihre Schulter. »Aber wenn Ihre Hoheit in Reddicks Händen ist …«
Sie berichtete so kurz und anschaulich wie möglich, erwähnte auch, daß die Prinzessin geglaubt hatte, in Famslaw zu sein und gab an, um welche Zeit sie weggeritten war.
»Sie benützen eine Geistkugel«, sagte der Colonel. »Und die Kutsche mit Rehlings Symbol … Er hat sie verraten, und wie fest hat sie an ihn geglaubt! Es gibt nur eine Möglichkeit, wohin man sie gebracht hat. Sie wollen die Krone. Sie, Lady, wissen, wo sie ist. Sie können uns dorthin bringen. Es ist seltsam, seit zwei Tagen gelingt es mir nicht, in die Nähe jener Landmarke zu kommen, welche die Prinzessin mir genannt hat. Aber wir müssen uns beeilen, sonst wird Reddick die Prinzessin zwingen, Anspruch auf den Thron zu erheben und dann das zu tun, was er will.«
»Nein!« Roane sprang auf. Der Colonel sah sie verblüfft an. »Nein, ich komme nicht mit euch!« Sie hatte noch den Stunner. Aus ihm schoß sie eine schwache Ladung auf die Männer ab, die vor ihr standen. Sie taumelten ein wenig, fielen aber nicht zu Boden.
Sie rannte – und prallte mit aller Wucht gegen die Wirkung der Deformer. Sie taumelte, richtete sich auf und rannte weiter. Der Griff der Energie drohte ihr den Kopf auszubrennen, aber sie war sicher, daß ihr niemand folgte. Zweige schnellten ihr ins Gesicht, aber die spürte sie kaum. Nur weiter, hinter jene Barriere, hinter der sie sicher war!
Ludorica … Was ging die Prinzessin sie an? Sollte sie selbst sehen, wie sie aus ihren Schwierigkeiten wieder herausfand!
11
Die Wirkung der Deformer hatte wirklich nachgelassen. Sie mußte also hart am Rand der Schutzzone sein. Mit einer letzten Anstrengung pflügte sie durch dichtes Gebüsch – und war durch!
Vor ihr lag die Lichtung mit dem Lager. Sie erwartete einen Anruf und schob die Kapuze aus der Stirn, so daß man sie genau sehen konnte. Aber es geschah nichts. Niemand war da. Wo konnten sie sein?
Sie hatte schon damit gerechnet, daß der Onkel den Kode gewechselt hatte, aber der Einschlupf zum Lager öffnete sich auf ihren Daumendruck wie sonst auch. Man hatte sie also nicht verbannt.
Niemand befand sich in den Zellen, aber der
Weitere Kostenlose Bücher