Die Eiskrone
Höhle erreichen konnte.
Sie drückte ab, konnte aber die Wirkung nicht feststellen. Sie zuckte die Achseln, stand auf und ging vorsichtig weiter. Das kleine Stück zum Höhleneingang war für sie die längste Strecke, die sie je, egal auf welchem Planeten, zurückgelegt hatte. Sie wurde nicht angegriffen. Erst am Höhleneingang wagte sie, einen Blick zurückzuwerfen. Ein Stiefel ragte aus dem Busch. Er bewegte sich ein wenig, aber das war auch alles. Sie half mit einer kleinen Ladung nach, um sicher zu sein, daß der Mann bewußtlos blieb.
Als sie zum erstenmal den Tunnel betreten hatte, war dort nichts zu hören gewesen. Jetzt schlug schwacher Lärm an ihre Ohren. Es waren aber keine Stimmen, eher ein mechanisches Klicken, das lauter wurde, je tiefer sie in den Tunnel eindrang. Aus dem Fenster in der Tunnelwand fiel ein schwacher Lichtschimmer. Als sie davor stand, bemerkte sie, daß kein Fenster mehr da war, sondern eine Türöffnung.
Roane betrat den dahinterliegenden Raum. Sie stand an einem Ende einer doppelten Säulenreihe. Jede dieser Säulen war mit einer beleuchteten Tafel versehen, auf der eine Landkarte skizziert war.
Seltsam – jede der Säulen trug buchstäblich eine Krone. Auf einem kleinen Podest ruhte ein Miniaturdiadem von wundervoller Arbeit und mit funkelnden Edelsteinen verziert.
Nur zwei Säulen waren dunkel. Die Krone auf der vorderen erschien leblos. Auf den Kartentafeln flimmerten und funkelten winzige bunte Lichter.
Roane war nun davon überzeugt, daß dies keine Einrichtung früherer Forschungsgruppen sein konnte. Diese Anlage mußte mit dem Experiment auf Clio zusammenhängen. Leider hatte sie keine Zeit, sich näher damit zu befassen, da sie ihren Onkel zwischen den beiden Säulenreihen kommen sah.
Sie rechnete mit jeder Möglichkeit und hatte ihre Lähmpistole schußbereit; aber auch Onkel Offlas hatte seine Waffe im Anschlag.
»Roane!« Seine Stimme hallte durch den Raum. Langsam kam er näher.
»Die Deformer lassen nach«, sagte sie und erzählte ihm, was sie festgestellt hatte.
»Natürlich halten sie nicht ewig«, antwortete er, und plötzlich klang ihr die eigene Sprache fremd und hart, nachdem sie tagelang die weichere Cliosprache benützt hatte. »Woher kommst du?«
»Ich bin aus einem Gefängnis drüben in den Bergen entwischt. Doch das ist jetzt nicht wichtig. Sie kommen hierher, um die Krone zu suchen. Wahrscheinlich zwei Gruppen. Eine mit der Prinzessin, eine, die nur aus ihren Männern besteht. Ich weiß es nicht, wie viele Männer es sein werden. Die Prinzessin ist als Gefangene dabei. Einer ihrer Verwandten will, daß sie die Krone nimmt, damit er sich ihrer bemächtigen kann. Aber die Prinzessin sagt, nur jemand aus königlichem Blut könne die Krone berühren, alle anderen würde sie töten.«
Ihr Onkel hatte sich zu einer von den Maschinen umgedreht, und Roane, die nun neben ihn trat, erkannte in den Umrissen der Landkarte, vor der er stand, das Land Reveny. Die auf der Säule ruhende Krone sah wirklich aus, als sei sie aus Eis. Aus Metall bestand sie sicher nicht, eher aus reinstem Kristall. Von einem Reif stieg eine Anzahl Zacken auf, die sich der Mitte entgegenbogen. Vier davon vereinigten sich zu einer Spitze, die einen mit weißen, strahlenden Edelsteinen besetzten Stern trug. Wenn diese Miniatur schon so eindrucksvoll war, wie mußte dann erst die echte Krone wirken!
»Sandar sucht sie«, erklärte der Onkel. »Er ist noch nicht zurückgekommen.« Er eilte zum Ende des Säulenganges und kam mit einem Tridi-Gerät in der Hand zurück. »Bring das hierher«, befahl er Roane und deutete auf ein anderes Instrument.
Roane brachte es. In diesem Moment waren Schritte im Korridor zu vernehmen; Sandar konnte es nicht sein, denn es waren die Schritte mehrerer Leute.
Da ihr Onkel sich nicht bewegte, blieb auch Roane stehen. Konnte es Imfry mit seinen Leuten sein, der nun kam, oder war es die Prinzessin?
Dann stand der Colonel neben der Tür, mit einer Fackel in der Hand. Und in der anderen sah sie eine jener auf Clio gebräuchlichen Waffen, mit denen massive Kugeln verschossen wurden. Was hatte er vor? Was würde er tun, wenn er sie sah? Aber er blickte nur den Tunnel entlang und schien die Türöffnung gar nicht zu sehen. Auch keiner der Männer seiner Begleitung sah in den Raum hinein.
»Manipuliert«, hörte sie den Onkel murmeln. »Ein ausgezeichnetes Beispiel dafür, und ein erstklassiger Beweis.«
Was dann, wenn sie auf Sandar stießen? Nun, er hatte
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