Die Eiskrone
Ludorica, und diesmal klang ihre Stimme menschlicher, wärmer. »Ja, das wollen wir tun! Hier ist die Eiskrone. Ich halte sie in meinen Händen und trage sie – für Reveny!«
Ohne nach links und rechts zu blicken, schritt sie durch die schmale Spalte. Der Mann in schwarzer Kleidung stützte sie, denn sie schien nur noch Augen für die Krone zu haben. Reddick blieb noch zurück, um zuzusehen, wie seine Leute die Männer Imfrys fesselten. Dann sprach er den Colonel an:
»Die Krone hat wieder einmal gesprochen, mein tapferer Colonel. Für Reveny dämmert ein neuer Tag herauf, aber ich glaube nicht, daß er nach deinem Geschmack sein wird. Ich halte es deshalb für gut, wenn du bald gingest. Ihre Majestät wird dir noch Tag und Stunde aufgeben und die Art, wie du zu gehen hast. Ich bitte dich, setze keine Hoffnung auf alte Freundschaften! Die Krone verändert die, die sie tragen. Für mich wird es sehr interessant sein zu beobachten, wie sie unsere Dame verändert, sitzt sie erst fest auf ihrem Thron.«
»Die Geistkugel kann sie nicht ewig unterjochen«, sagte der Colonel, der nicht mehr ganz so verwirrt zu sein schien wie vor her.
»Geistkugel? Ah, vielleicht haben wir so etwas benützt, um sie hierher zu bringen, denn nur sie allein kann mit der Krone umgehen. Regieren ist etwas anderes als ein Prinzessinnenleben. Du wirst sehen, daß sie in Zukunft nicht mehr die kleine, harmlose Hoheit ist, die sie war, sondern eine Königin! Aber wir müssen reiten …« Er wandte sich an seine Männer. »Bringt sie mit, aber lebend! Ich denke, Ihre Majestät wird sich freuen, ein Exempel statuieren zu können.«
Roane war bestürzt. Wie konnte Ludorica ihr Verhalten dem Colonel gegenüber so rasch und von Grund auf ändern? Sie hatte keinen Finger für ihn gerührt. Aber nun legte Roane ihren Stunner an, als Reddicks Männer die Gefangenen mit sich zerren wollten. Sie gehörte zwar nicht zur Gruppe des Colonels, aber sie konnte es nicht zulassen, daß Reddick ihn einem schmachvollen Tod entgegenführte.
Doch als sie abdrücken wollte, hielt jemand sie von hinten her fest. »Doch diesmal nicht, du Närrin! Die Zeit für deine Spiele ist vorüber!«
Es war Sandar. Er zerrte sie grob mit sich, so daß sie die Höhle der Krone nicht mehr überblicken konnte. Sie wehrte sich zwar erbittert gegen ihn, doch er schleuderte sie an die Wand des Tunnels. Es war stockdunkel, aber sie hörte seinen keuchenden Atem.
»Wenn du meinst, dann betäube ich dich und schleppe dich wie einen Sack mit! Du Närrin! Aber mit solchen Tricks kommst du bei mir nicht mehr durch. Was mit diesen Marionetten geschieht, geht dich nichts an. Was sind sie anderes als Marionetten? Sie sind programmiert und tun genau das, was die Maschinen in der Halle bestimmen. Ist es wichtig, welches Stück Marionetten spielen? Wir haben uns diese Installationen angeschaut und viel aus ihnen gelernt.«
»Es sind keine Marionetten!« fuhr Roane auf. »Und wir werden bei unseren Schulungen ebenso manipuliert wie sie. Wenn sie nicht die Kronen hätten, wenn nicht diese Maschinen wären – dann wären sie frei! Sie sind Menschen wie wir!«
»Das sind sie nicht. Sie tun das, was die Maschinen bestimmen. Was gehen sie uns an? Wenn der Service sich einmischen will, dann wird er's schon tun. Wir brauchen uns darüber nicht den Kopf zu zerbrechen. Wirst du jetzt gehen? Oder soll ich dich lähmen und mitschleifen?«
12
Sie wußte, das war keine leere Drohung. Also folgte sie Sandar.
Als sie in den breiteren Tunnel kamen, wartete Onkel Offlas schon auf sie. Er seufzte erleichtert. »Na, endlich! Beeilt euch!« Er fragte nicht, wo Sandar gewesen war und was Roane getan hatte. Er richtete den Strahl seiner Lampe auf den Ausgang.
Unter den hohen Bäumen hing Nebel, der das ganze Land einzuhüllen schien. Die Männer schlugen einen direkten Pfad zum Lager ein und kamen an dem Mann vorbei, den Roane mit dem Stunner schlafen gelegt hatte. Sie sahen ihn nicht.
»Alle Deformer aus, bis auf einen«, bemerkte Sandar.
»War zu erwarten. Wir haben sie ja nicht aufgeladen«, erwiderte der Onkel. »Je eher wir von diesem Planeten wegkommen, desto besser. Ich weiß wirklich nicht, welchen Eindruck deine törichten Handlungen hier gemacht haben.« Er warf Roane einen jener bitterbösen Blicke zu, die sie sonst immer eingeschüchtert hatten. »Hoffen wir, daß wir wegkommen, ohne daß sie uns entdecken.«
»Und was ist mit den Geräten?« Zum erstenmal in ihrem Leben wagte sie eine
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