Die Eiskrone
bis Sie frei sind, Colonel. Dankt man zu früh, kann leicht Unheil daraus entstehen.« Sie war zwar noch niemals abergläubisch gewesen, doch jetzt fühlte sie sich so unbehaglich, daß sie die Ängste primitiver Völker verstehen konnte.
»Gut, dann eben später. Aber glauben Sie mir, daß wir Sie auf den Weg bringen, sobald es möglich erscheint.«
Seltsam, der Colonel sprach, als sei sie diejenige, um die er sich sorgen müsse und nicht umgekehrt.
Die Tür ging auf, und der Mann, der sie geführt hatte, stellte einen schweren Sack ab, der Fleisch für die Hunde zu enthalten schien. »Wie geht es ihm?« fragte er.
»Überzeuge dich selbst«, antwortete der Colonel. »Deine Hunde sind vorzügliche Wächter.«
Haus trat mit ein paar großen Schritten vor den Colonel, kniete nieder und legte seine Hand auf die des Colonels. Das war eine Geste großer Ehrfurcht.
»Wir haben uns lange nicht gesehen, Haus«, sagte Imfry.
»Die Jahre sind schnell vergessen, m’Lord«, antwortete Haus. »Ich habe einen Plan, der zwar gefährlich ist, aber die einzige Möglichkeit zu sein scheint. Bisher hatten wir Glück, als das Emblem von Hitherhow gerade auf den Marschall des Westens fiel. Er ist noch immer nicht bei Bewußtsein, und sie wissen nicht, wie lange er noch so liegen wird. Colonel Scharn hat ein gebrochenes Schlüsselbein und eine große Kopfwunde. Er wird also auch keine Jagd veranstalten können. Und Colonel Onglas ist kaum klüger als meine Hunde da draußen. Er hat die ganze Garde ins Dorf geschickt, wo alle Leute verhört und alle Häuser durchsucht werden. Vor zwei Stunden verlangte er die Direhunde. Ein paar Späher fanden Spuren und wollten die Hunde darauf ansetzen.«
Die anderen Männer taten erstaunte Ausrufe. »Ja, er hat wirklich keinen Verstand«, fuhr Haus fort. »Ich habe ihm gesagt, wie das enden wird, aber davon wollte er nichts hören. Er hat mir also befohlen, ihnen einen Spurgeruch zu geben. M’Lord, er ließ das Stroh aus Ihrer Zelle holen und ein paar der blutigen Verbände, mit denen Sie gekommen waren. Er will sich selbst davon überzeugen, daß ich den Hunden wirklich den Spurgeruch gebe, und schickt ein paar Posten heraus.«
»Hierher?« fragte Wuldon besorgt. »Und was …«
»Keine Angst, die kommen nicht herein. Ich sagte ihnen aber die Wahrheit und erzählte, daß Direhunde einen Reiter natürlich nicht verfolgen können. Er ließ also ein Duocorn töten und den Kadaver bringen.«
»Ein Duocorn! Wenn deine Hunde das riechen, gehen sie auf jedes los, das sie sehen, sogar auf die der Jäger! Er muß wirklich wahnsinnig sein«, bemerkte Imfry.
»Angst hat er, m’Lord, nackte Angst. Ohne gute Nachrichten wagt er dem Herzog nicht unter die Augen zu kommen. Die anderen haben gehört, was ich ihm sagte, falls er es vergessen haben sollte. Stroh und Lumpen kann ich leicht präparieren, aber ich mag nicht, daß man die Hunde auf unschuldige Duocorns hetzt. Ein paar von seinen Offizieren sind klüger als er. Einer geht zu Colonel Scharn, um einen Gegenbefehl zu erwirken. Aber was ich sagen wollte, Colonel. Das tote Duocorn, das sie bringen – ich glaube, mit dem können wir Sie hinausschaffen.«
»Weiter, Haus, weiter. Das interessiert mich wirklich.«
»M’Lord, Sie erinnern sich doch an die Nimp-Überfälle? Ja. Sie werden zwar das Duocorn bringen, aber keiner wagt sich durch das Tor. Also gehe ich mit Sergeant Wuldon und hole es herein.«
»Ich? Jeder weiß doch, daß du der einzige bist, der es wagen kann, zu den Hunden hineinzugehen«, wandte der Sergeant ein.
»Ich habe erzählt, daß ich eine Dressurhilfe habe, einen Verwandten. Der zieht meinen Mantel dazu an, daß ihn die Hunde nicht anfallen. Ich habe ihnen auch erzählt, du hättest schon bei anderen Hundejagden geholfen. Der Herzog wollte immer, daß ich noch ein paar Männer dazu abrichte, aber keiner von denen hat es je lange ausgehalten.«
Er lachte. »Gut. Wir ziehen also den Kadaver herein in die Hütte, und von den Wächtern wagt sich keiner in die Nähe. Und dann wickeln wir den Colonel in das Fell ein, verstauen ihn im Wagen und bringen ihn hinaus. Dem Offizier sagen wir, daß wir jetzt die Spur auslegen. Die verstehen ja sowieso nichts von Hunden und was mit ihnen zusammenhängt. Die glauben alles, was man ihnen sagt. Natürlich müssen wir mit dem Wagen im Wald ein bißchen Theater machen.«
»Und was machen wir mit Lady Roane und Mattine?«
»Die verstecken sich in meinem Quartier. Später mache ich einen
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