Die Eiskrone
schnell wieder ernst. »Wenn wir erwischt werden, wirst du wohl trotz deiner Ausreden hängen, Sergeant.«
»Dann müssen wir eben dafür sorgen, daß wir nicht erwischt werden, Sir. Haffner, Septik, Rinwald, Fleech und ich – wir haben die besten Duocorns, die es gibt, und die anderen haben eine gute falsche Spur gelegt. Aber wir hätten ja gar nicht einmal gewußt, wie wir zu Ihnen gelangen konnten. Gerettet hat Sie schließlich die Dame.« Er deutete auf Roane.
»Sie haben da mitgemacht?« fragte Imfry erstaunt.
»Ich wußte nichts von ihren Plänen und kam nur, weil ich eben … mußte. Es ist ja nur deshalb soweit gekommen, weil ich mich eingemischt hatte; also mußte ich etwas tun. Ohne Ihre Männer wäre mir aber nichts gelungen.«
»Seltsam.« Er sah sie nachdenklich an. »Ich hatte von Anfang an die Überzeugung, daß Sie ein Schicksal in den Händen hielten. Daß es das meine sein könnte, ahnte ich jedoch nicht. Ich dachte, es ginge um die Prinzessin.« Er legte sich bequemer zurecht. »Komisch, ich spüre keine Schmerzen mehr.« Er musterte das Plastafleisch. »Was hast du mit mir gemacht, Wuldon?«
»Das hat die Lady mit ihren eigenen Sachen getan.«
»Sie scheint in vielen Dingen sehr gut zu sein«, bemerkte der Colonel. »Wuldon, hast du vielleicht eine Sattelflasche mit Wasser bei dir?«
»Leider nicht …«
»Macht nichts.«
Roane fühlte sich zwar von der schlechten Luft und der Anstrengung sehr müde, aber sie stand auf, holte eine Notration aus ihren Vorräten und schraubte den Tubenverschluß ab. »Hier, saugen Sie das aus. Es enthält einige Feuchtigkeit und müßte helfen.« Auch den beiden anderen bot sie eine Tube an.
»Und Sie, m’Lady?« fragte Wuldon.
Roane schluckte. »Ich kann nicht, Sergeant. Aber wenn du mir das Kästchen herüberschieben würdest …«
Das tat er, und sie holte mit fliegenden Fingern eine Kapsel heraus, die sie auf ihrer Handfläche zerdrückte, um den belebenden Duft einzuatmen. Sie hätte gerne den anderen etwas abgegeben, aber sie wußte ja nicht, wie lange sie hierbleiben mußten.
»Ich werde sehr bald von hier weggehen«, sagte sie. »Mich kennen sie nicht, und deshalb dürfte ich ziemlich sicher sein.«
»Glauben Sie das ja nicht m’Lady«, erwiderte Wuldon. »Jetzt, da der Colonel entwischt ist, schauen sie sich jeden Fremden dreimal an. Und die Leute hier verraten jeden Fremden, wenn sie sich dadurch die Schnüffler des Herzogs vom Leib halten können.«
»Ja, das ist richtig.« Die Stimme des Colonels klang nun wieder frischer. »Und wohin würden Sie gehen? Oder werden Sie von Ihren eigenen Leuten gesucht?«
Sie schüttelte den Kopf. »Das tun sie bestimmt nicht, denn als ich von ihnen wegging, habe ich strenge Befehle gebrochen. Sie sind der Meinung, wenn mir etwas zustößt, dann habe ich das auch verdient.«
»Kein Mensch wird eine Dame verraten, die uns so geholfen hat«, wandte der Sergeant ein.
»Sie müssen gute Gründe haben, Lady Roane«, vermutete der Colonel. »Eines Tages würde ich sie gerne hören. Aber ich meine, wir sollten wirklich nicht länger hierblieben als unbedingt nötig. Wuldon, hast du schon bestimmte Pläne?«
»Vielleicht hat Haus sich schon etwas überlegt. Er sagte, wir sollten hier warten, und in Hitherhow kennt er sich gut aus. Ihm werden die Leute nichts in den Weg legen. Es ist ganz gut, daß er der einzige ist, der mit Direhunden umgehen kann. Da bemüht sich jeder, ihn bei guter Laune und Gesundheit zu halten. Der Herzog würde ihn erschießen lassen, wenn er wüßte, daß wir hier sind, aber auf den Gedanken kommt er nicht. Er wäre davon überzeugt, daß uns die Hunde zerfleischen würden.«
»Hört einmal!« warnte Imfry.
»Da kommt jemand.« Die Hunde knurrten. Der Sergeant stand auf und war mit ein paar lautlosen Schritten an der Tür. »Es ist Haus. Allein.« Er behielt seine Waffe in der Hand und stellte sich neben die Tür. Mattine huschte lautlos zur anderen Seite.
»So …«, sagte der Mann draußen besänftigend. »Braver Hund, brav! Na, Mädchen, du bekommst auch etwas. Ist ja genug für alle da! Na, vergeßt eure guten Manieren nicht!«
Das klang ganz so, als rede der Mann draußen mit zahmen Schoßhündchen, nicht aber mit wilden Direhunden.
»Lady Roane, eine Nation besteht aus den verschiedensten Menschentypen«, sagte der Colonel, als habe er ihre Gedanken gelesen. »Wir haben sehr viel zu besprechen. Ich weiß nicht, woher Sie kamen, aber ich glaube …«
»Warten Sie lieber,
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