Die Eiskrone
großen Wirbel, daß ich beim Wagen Hilfe brauche, und da hole ich sie. Ich glaube, so ginge es, Colonel.«
»Sehr gut geplant, Haus. Ich will aber nicht, daß Lady Roane und Mattine in Gefahr kommen.«
»Wenn ich hier bleibe, ist die Gefahr viel größer«, warf Roane ein. »Der Geruch hier macht mich krank, und ich habe nichts, was dagegen helfen könnte.«
»An ihren Schutz habe ich schon gedacht, Sir. Ich lasse die Hündin Spürnase in meinem Haus. Sie bekommt Junge und wird bald werfen. Solche Tiere nehme ich immer mit, damit sie’s gut haben. Solange sie im Hof ist, wagt keiner seine Nase durch den Zaun zu stecken.«
»Was dann, wenn Scharn keinen Gegenbefehl erteilt und Onglas dich zwingt, den Hunden die Spur zu geben?« fragte Wuldon.
»Dafür kann ich mir lange Zeit lassen. Onglas hat Angst vor den Hunden, und er wird sich davon überzeugen lassen, daß er keine Hundemeute zur Jagd zwingen kann. Klar, es ist ein Risiko dabei, aber eine bessere Möglichkeit, den Colonel von hier wegzubringen, kann ich nicht anbieten.«
»Er hat recht«, sagte Imfry. »Gefährlich ist es auf alle Fälle, aber mir scheint, dieser Vorschlag hat doch einiges für sich.«
15
Roane hatte die Kapuze tief in das Gesicht gezogen und trottete hinter einem primitiven Karren über einen holprigen Weg. Haus war es gelungen, seine Vorbereitungen bis zum Spätnachmittag hinauszuziehen. Gegen Abend war dann Scharn wieder aus seiner Bewußtlosigkeit erwacht und hatte Befehl gegeben, den Kadaver wegzubringen. Von Reddick lag keine weitere Nachricht vor.
Imfry tat ihr ehrlich leid, weil er in diese Haut gewickelt war, die ganze Fliegenschwärme anlockte. Der Sergeant und Mattine zogen den Karren, denn es gab kein Duocorn, das sich davor hätte spannen lassen. Der Schlußmann war abgesessen und führte sein Tier am Zügel.
Bis jetzt hatte alles geklappt. Sie war froh, daß sie sich immer weiter von Hitherhow entfernte. Sie hatte auch gut geschlafen und fühlte sich frischer. Allerdings wußte sie, daß sie sich niemals ganz behaglich fühlen konnte, solange diese Maschinen in der Höhle das Laben jener regulierten, die nichts davon ahnten.
Roane trottete dahin, wie einer, den man zu einem unangenehmen Dienst gepreßt hat. Sie hoffte schnell reagieren zu können, sobald von Haus oder von Imfry der Anfang gemacht wurde.
»He, Haus!« rief der Schlußmann. »Wie weit willst du noch gehen, um dieses Ding da zu verscharren? Ich habe keine Lust, den ganzen Wald hinter mich zu bringen.«
»Ich will aber auch nicht, daß die Hunde auf den Geschmack von Duocorns kommen, wenn sie bei der nächsten Jagd losgelassen werden«, erwiderte Haus. »Ich möchte mich vor dem Herzog nicht wegen einiger toter Reittiere verantworten müssen.«
Der Mann brummte zwar, protestierte aber nicht. Einen Augenblick später streifte Haus mit der Schulter an Roane. »He, Junge, kannst du nicht ordentlich laufen?« knurrte Haus. »Bei allen Hütern, das soll eine Hilfe sein? Geh nach vorne und hilf ihnen ziehen, sonst brauchen wir die halbe Nacht für eine Viertelmeile.«
Roane lief nach vorne und schob neben dem Sergeanten an. »Es dauert jetzt nicht mehr lange, m’Lady«, flüsterte dieser. »Sie müssen sofort nach rechts springen, wenn ich’s sage.«
Nach rechts. Sie schaute unauffällig hinüber. Sie entdeckte einen Steinhaufen, der aussah, als sei er einmal eine Mauer gewesen. Aus den Löchern wuchsen Grasbüschel und Rankengewächse. Dahinter wucherte üppiges Buschwerk, das mit hohen Bäumen durchsetzt war. Es war ein grauer Tag, ohne Sonne, und es schien bald regnen zu wollen. Ihre Lippen waren sehr trocken.
Der Pfad machte eine scharfe Biegung nach links. Der Wagen hatte diese Biegung halb genommen, als aus den vor ihnen liegenden Büschen ein bösartiges Knurren zu vernehmen war. Das konnte nur ein Direhund sein! Der Sergeant brüllte, warf die Wagendeichsel herum, der Wagen schwankte, und Mattine tat einen Satz auf die andere Seite, als habe er Angst. »Jetzt!« flüsterte der Sergeant.
Wieder knurrte der Hund. Die Begleitposten schrien Warnungen, Haus einander widersprechende Befehle. Roane verließ sich darauf, daß der Sergeant genau wußte, was er tat, und war mit ein paar Sprüngen hinter dem Steinwall. Dann hörte sie, wie der Wagen umfiel.
»Rennt doch, ihr Narren!« schrie Haus. »Sie müssen ausgebrochen sein. Verschwindet – oder kämpft mit ihnen.«
Roane stolperte blindlings weiter, als sie hinter sich das Krachen
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