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Die Eiskrone

Die Eiskrone

Titel: Die Eiskrone Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andre Norton
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purpurroten Vorhang verhängt zu sein.
    Sie wußte nicht, wie lange dieses Inferno dauerte – eine Stunde? Einen Tag? Endlich gewann Roane den Eindruck, daß die Hitze ganz deutlich nachließ und auch das Dröhnen und Röhren des Feuers schwächer wurde. Nur atmen konnte sie noch nicht richtig, sehen ebenso wenig.
    »Wir … müssen … hinaus«, keuchte sie.
    Die Mauer entlangtappen, bis sie den Ausgang fanden? Es war die einzige Möglichkeit. Sie zupfte an Imfrys Ärmel, aber er hatte sich schon in Bewegung gesetzt. Sie fühlte den heißen Stein unter ihren Fingern; nie den Kontakt verlieren! Und mit der anderen Hand den Gefährten festhalten …
    Ihre Augen tränten noch immer und taten entsetzlich weh. War sie blind geworden? Eine schreckliche Angst erfüllte sie.
    »Wo … sind wir?« fragte Imfry unsicher. Er schien aus einem tiefen Schlaf erwacht zu sein.
    »In der Maschinenkammer«, antwortete sie. »Nein, bleib hier!« Sie hielt ihn fest, denn er versuchte sich von ihr loszureißen.
    »Wer bist du?« Wieder dieser tastende Zweifel, diese Unsicherheit. »Was habe ich hier zu suchen? Wo sind wir?«
    »Halte dich an mir fest, sonst kommen wir nie hinaus!« drängte sie. »Wir können nichts sehen. Wenn wir uns an der Wand entlang tasten, finden wir zum Ausgang.«
    »Wer bist du?« Er wehrte sich nicht mehr gegen ihren Griff, aber er blieb so unvermittelt stehen, daß sie auf ihn prallte.
    »Ich bin Roane Hume«, antwortete sie. Was war nur mit ihm geschehen? Ihre Angst wuchs. »Komm doch weiter! Wir müssen hinaus!« Ihre Stimme wurde nun schrill vor Angst.
    »Hinaus? Wohin?« Er tat einen zögernden Schritt vorwärts.
    »Ins Freie hinaus! Bitte, wir müssen gehen. Bitte, geh doch! Du mußt, bitte!«
    Endlich setzte er sich wieder in Bewegung, aber nach ein paar Schritten blieb er wieder stehen. Nun stieß sie ihn mit der Faust an. »Weiter, weiter!«
    »Hier geht es doch nicht weiter. Alles ist fest um mich herum.«
    Eine grauenhafte Furcht drohte sie zu lähmen, aber dann gewann ihre Vernunft wieder die Oberhand. Natürlich, sie mußten die Ecke erreicht haben und damit die Wand, in welcher sich der Ausgang befand!
    »Rechts jetzt. Nach rechts!« Sie zerrte an seiner Hand, weil sie nicht wußte, ob sein Richtungsgefühl noch funktionierte. Und dann spürte sie einen Hauch kühler Luft.
    »Hier! Aber vorsichtig, da ist eine Stufe!«
    Irgendwie zerrte sie ihn durch. Der Deformer … Wahrscheinlich war er von der Hitze zerstört worden. Endlich standen sie im Tunnel. Roane lehnte sich an die Wand und füllte ihre Lungen mit frischer Luft.
    Der rote Vorhang vor ihren Augen war verschwunden. Eines konnte sie noch versuchen. Sie kramte in ihrer Tasche nach den Nachtlinsen und fand sie.
    Noch immer schien sie heißen Sand in den Augen zu haben, aber sie konnte wenigstens sehen! Vielleicht würde der Nebel, durch den sie Imfry jetzt erblickte, auch noch vergehen.
    Er lehnte an der Wand und schien mit den Händen einen Schleier vom Kopf wegziehen zu wollen. Sie konnte aber keine Verbrennungen oder andere Verletzungen an ihm erkennen.
    Also mußten sie entkommen sein. Sie beide – aber Sandar? Sie schaute in die Kammer hinein. Dort herrschte jetzt tödliche Stille, und die grelle Helligkeit war verschwunden.
    War er tot? Sie zögerte, diesen Gedanken zu akzeptieren. Sie mußte auch damit rechnen, daß die ungeheure Schockwelle dieses Ereignisses von der Mannschaft des Beibootes bemerkt worden war; dann waren sie und Imfry verloren, weil sie wehrlos waren. Aber sie brachte es nicht über sich, den ersten Schritt in die Sicherheit zu tun.
    Roane hielt Imfrys Hand fest und versuchte, den Blick seiner unsehenden Augen einzufangen. »Du mußt hierbleiben, bis ich zurückkomme«, sagte sie zu ihm und sprach jedes einzelne Wort klar und deutlich aus.
    »Hierbleiben … zurückkommen«, wiederholte er und ließ dann den Mund offen. Sein Gesicht war leer wie das eines Idioten. Entsetzen packte sie. Hatte sein Geist gelitten?
    Sie lief in die Kammer zurück, um Sandar zu suchen. Die Nachtlinsen ließen sie erkennen, was hier geschehen war. Wo die Säulen gestanden hatten, gab es jetzt nur noch geschwärzte Stümpfe, und die Kronen waren verschwunden. Beißende Dämpfe machten sie husten.
    Wo hatte sie Sandar zuletzt gesehen? Da es keine Kronen mehr gab, an denen sie sich orientieren konnte, wußte sie es nicht. Sie stolperte weiter.
    Und dann sah sie einen verkrümmten Körper am Boden liegen. Sie kniete neben ihm nieder und

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