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Die Eiskrone

Die Eiskrone

Titel: Die Eiskrone Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andre Norton
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Muskeln spannten sich. Hätte er sehen können, dann hätte sie ihm gesagt, er solle sich hinter der anderen Säulenreihe verstecken. Hatte Sandar am Eingang den Deformer aufgestellt, dann blieb ihr nichts anderes übrig, als im Versteck zu bleiben und sich ruhig zu verhalten.
    Imfry hatte seine Pistole und sie ihr Werkzeug, aber beide waren dem Stunner nicht gleichwertig. Vielleicht konnte sie mit ihrem Werkzeug den Deformer am Eingang ausschalten? Sie durfte aber Imfry nicht verlassen, denn er sah ja nichts. Er wäre Sandar gegenüber hilflos.
    Sandar war nun am Zug, und das wußte sie. Deshalb war sie auch gar nicht erstaunt, als sie seine Stimme vernahm:
    »Roane! Ich weiß, daß du hier bist …« Die Worte ihrer eigenen Sprache hallten durch den großen Raum und kamen als vielfältiges Echo zurück. Sie konnte deshalb nicht klar die Richtung bestimmen, aus der sie kamen.
    »Das Boot kommt herunter«, fuhr Sandar fort. »Du weißt, was dir blüht. Die Lähmung. Stellst du dich freiwillig, bleibt sie dir erspart. Je widerspenstiger du bist, desto härter wird man dich bestrafen.«
    Er wollte ihr Angst einjagen, und bis zu einem gewissen Grad gelang es ihm auch. Man würde keinen Funken Mitleid mit ihr haben. Sicher brachten sie nicht nur einen Stasisprojektor und Spray mit, um sie in eine Art Starrkrampf zu versetzen, sie würden Imfry und sie auch in eine Zelle sperren, die nicht mehr Platz bot als der Käfig auf Hitherhow. Und dann würde man sie ›umerziehen‹. Das hieß, daß sie unter allen Umständen entkommen mußte.
    »Du kommst nicht hinaus!« rief Sandar.
    Sie durfte nicht mehr länger warten. Dieses Duell mußte ausgefochten werden. Sandar würde sich auf sie konzentrieren, nicht auf Imfry.
    »Bleib hier«, flüsterte sie ihm zu, und seine Hand drückte zum Zeichen, daß er verstanden hatte, ihre Schulter. Roane huschte zur nächsten Säule. Allmählich lernte sie die Echos von Sandars Stimme zu unterscheiden, und sie nahm mit einiger Sicherheit an, daß er noch in Türnähe sein mußte.
    Irgendeine Ablenkung … Da war doch die tote Krone von Arothner. Roane zielte mit ihrem Werkzeug auf die mißfarbenen, toten Muscheln.
    Ein blendender Strahl – und die Krone war zu glühenden Tropfen zerschmolzen. Gleichzeitig sah sie Sandar von einer Säule zur anderen huschen. Sie zielte auf die nächste Säule, die er erreichen mußte. Er tat einen Schrei und taumelte – aber er hob seinen Stunner. Roane drückte erneut ab und hoffte, seine Waffe zu treffen und auszuschalten. Der Strahl streifte sie zwar mit einer Randwirkung, aber seine volle Kraft schnitt die Säule mit der Krone von Reveny durch.

 
17
     
    Roane duckte sich zusammen, als die Welt in einer alles verzehrenden Flamme auseinanderbrach. Der Felsboden unter ihren Füßen schwankte wie ein Brettersteg und bäumte sich auf. Die Säule, die der Strahl des Werkzeugs getroffen hatte, brannte wie eine Riesenfackel, und die grelle Helligkeit blendete sie fast. Gelblich-weißes Feuer sprang von ihr über auf die anderen Säulen, und auch sie wurden zu Fackeln.
    Imfry – er konnte nichts sehen und war hinter einer dieser Säulen! Und nun war auch sie von dem gleißenden Licht geblendet … Roane begann am Boden entlangzukriechen und sich ihren Weg zu ihm zu ertasten. Und dann war es, als begännen die Säulen vor Schmerz zu jammern, und das Jammern wurde zu einem ohrenbetäubenden Kreischen. Dazu war die Hitze so sengend, daß sie kaum mehr atmen konnte.
    Später wußte sie nicht mehr, wie sie Imfry fand. Es war reiner Zufall, daß sie gegen ihn stieß. Sie tastete sich an seinen Beinen in die Höhe, klammerte sich an ihm fest und zerrte ihn mit sich, bis sie zusammen mit ihm an der Wand des Raumes landete, die dem Eingang gegenüberlag. Von hier aus erschien ihr jedes Entkommen unmöglich; sie konnte also nur hoffen, daß sie in dieser Höllenhitze nicht restlos verschmorten.
    Sandar! Als ihr der Gedanke durch den Kopf schoß, zuckte sie zusammen. Hatte sie ihn mit ihrem Strahl getroffen? Wenn, dann hatte sie ihn getötet. Das hatte sie aber nicht gewollt. Sie wollte ihm doch nur den Stunner aus der Hand …
    Das Röhren der Flammen ließ allmählich nach – oder sie war taub geworden. Die Hitze schien erträglicher zu werden. Roane versuchte die Augen zu öffnen, aber sie begannen sofort zu tränen. Mit einer Hand wischte sie die Tränen ab, die ihr über die Wangen liefen, mit der anderen hielt sie Imfry fest. Aber die Welt schien mit einem

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