Die Eisprinzessin schläft
daß sie es nie wagen würde, auf dem anderen Telefon anzurufen. Ich blieb zu Hause, weil ich feige war. Ich traute mich nicht, ihr in die Augen zu sehen und zu sagen, daß die Geschichte zu Ende ist. Auch wenn ich wußte, ihr war es genauso klar, habe ich nicht gewagt, derjenige zu sein, der den Schritt macht. Ich habe gedacht, wenn ich mich langsam zurückziehe, bekommt sie mich satt und wird mit mir brechen. Typisch Mann, stimmt’s?«
Erica wußte, daß der schwierigste Teil noch bevorstand, aber sie mußte weitermachen. Besser, er erfuhr es von ihr. »Nur war die Sache die, Dan, daß ihr nicht klar war, daß es ein Ende nehmen muß. Sie hat für euch eine Zukunft gesehen. Eine Zukunft, in der du deine Familie verläßt und sie sich von Henrik trennt und in der ihr glücklich bis ans Ende eurer Tage zusammen lebt.«
Mit jedem Wort schien er mehr in sich zusammenzusinken, und dennoch war das Schlimmste noch nicht gesagt. »Dan, sie erwartete ein Kind. Dein Kind. Vermutlich hat sie es dir an jenem Abend erzählen wollen. Sie hatte ein Festessen vorbereitet und Champagner kalt gestellt.«
Dan war unfähig, sie anzusehen. Er versuchte, den Blick nach draußen, irgendwo in die Ferne zu richten, aber die Augen wurden ihm feucht, und alles verschwamm zu einem Dunst. Irgendwo tief aus seinem Inneren stieg ein Weinen auf, und Tränen rannen ihm über die Wangen. Es wurde zu einem heftigen Schluchzen, und er fuhr sich mit dem Handschuh ständig um die Nase. Am Ende legte er den Kopf in die Hände und gab den Versuch auf, das Gesicht trockenzuwischen.
Erica hockte sich daneben und legte die Arme um ihn. Aber Dan schüttelte sie ab, und sie verstand, daß er aus der Hölle, in der er sich jetzt befand, aus eigener Kraft herauskommen mußte. Deshalb wartete sie mit verschränkten Armen, bis seine Tränen langsamer liefen und er wieder Luft zu bekommen schien.
»Woher weißt du, daß sie ein Kind erwartete?« Die Worte kamen nur stotternd.
»Ich war mit Birgit und Henrik bei der Polizei, wo sie es erzählt haben.«
»Weiß man, daß es nicht Henriks Kind ist?«
»Henrik weiß es offensichtlich, aber nein, Birgit weiß es nicht, sie glaubt, es ist von Henrik.«
Er nickte. Es schien ihn ein wenig zu trösten, daß es ihre Eltern nicht wußten.
»Wie habt ihr euch kennengelernt?«
Erica wollte ihn, wenn auch nur für einen Augenblick, von den Gedanken an sein ungeborenes Kind ablenken, damit er etwas Luft holen konnte.
Er lächelte bitter. »Auf ziemlich klassische Weise. Wo trifft man sich in Fjällbacka in unserem Alter? Natürlich in der >Galeere<. Wir haben uns quer durch den Raum gesehen, und es war, als bekäme man einen Schlag in die Magengrube. Ich habe mich nie zuvor von jemandem so angezogen gefühlt.«
Erica verspürte einen ganz kleinen Stich der Eifersucht. Dan fuhr fort: »Damals ist nichts passiert, aber ein paar Wochenenden später rief sie mich auf meinem Handy an. Ich bin hingefahren. Dann ging es einfach so weiter. Gestohlene Minuten, wenn Pernilla irgendwo anders war. Mit anderen Worten, nicht gerade viele Abende und Nächte, sondern wir trafen uns meist am Tage.«
»Hattest du keine Angst, daß die Nachbarn dich sehen, wenn du zu ihr gehst? Du weißt doch selber, wie schnell sich die Dinge hier rumsprechen.«
»Doch, natürlich habe ich daran gedacht. Ich bin auf der Rückseite über den Zaun gesprungen und habe dann den Kellereingang genommen. Um ehrlich zu sein, machte das wohl einen Teil der Anziehung zwischen uns aus. Die Gefahr, das Risiko.«
»Aber war dir nicht klar, was du alles aufs Spiel setzt?«
Dan drehte die Mütze in den Händen und hielt den Blick starr aufs Deck gerichtet, während er antwortete. »Natürlich war mir das klar. Einerseits. Andrerseits fühlte ich mich unverwundbar. So was passiert bloß anderen, nicht mir. Ist es nicht immer so?«
»Weiß es Pernilla?«
»Nein. Jedenfalls nicht ausdrücklich. Aber ich glaube, sie vermutet etwas. Du hast ja selber erlebt, wie sie reagiert hat, als sie uns hier antraf. So ist sie die ganzen letzten Monate gewesen, eifersüchtig, mißtrauisch. Ich glaube, sie fühlt, daß da was ist.«
»Dir ist doch wohl klar, daß du es ihr jetzt erzählen mußt.«
Dan schüttelte heftig den Kopf, und wieder stiegen ihm Tränen in die Augen. »Das geht nicht, Erica. Ich kann nicht. Erst durch das mit Alex habe ich wirklich begriffen, wieviel mir Pernilla bedeutet. Alex war eine Leidenschaft, aber Pernilla und die Kinder sind mein Leben. Ich
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