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Die Eisprinzessin schläft

Die Eisprinzessin schläft

Titel: Die Eisprinzessin schläft Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Camilla Läckberg
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verdrängen er einen großen Teil seines Lebens gebraucht hatte. Jetzt wünschte er noch dringlicher, daß Erica Falck aufstand und aus der Tür ging. Aber sie saß weiter vor ihm, und er mußte den kindlichen Impuls bekämpfen, einfach die Hände an die Ohren zu pressen und laut zu summen, um all die Worte fernzuhalten, die, wie er wußte, jetzt kommen würden.
    »Ich habe meine eigenen Gründe, gewisse Dinge, die Alex und ihren Tod betreffen, zu untersuchen, und ich möchte dir ein paar Fragen stellen, wenn du einverstanden bist?«
    Axel schloß die Augen. Er hatte gewußt, daß dieser Tag irgendwann einmal kommen würde. »Ja, das läßt sich schon machen.«
    Er unterließ es, nach ihren Gründen zu fragen. Wenn sie es für sich behalten wollte, dann durfte sie das gern. Es interessierte ihn nicht. Er hatte nichts dagegen, daß sie ihre Fragen stellte, aber das hieß nicht, daß er darauf antworten mußte. Zugleich fühlte er zu seiner Verwunderung den starken Wunsch, dieser vor ihm sitzenden blonden Frau die ganze Sache zu erzählen, wollte all das, was er fünfundzwanzig Jahre mit sich herumgeschleppt hatte, einfach auf jemand anders abladen, egal wen. Es hatte sein Leben vergiftet. Hatte in der Tiefe seines Gewissen wie ein Samenkorn gekeimt und sich dann wie ein Gift langsam in Körper und Sinn ausgebreitet. In klareren Momenten wußte er, daß diese Sache der Ursprung seines Bedürfnisses nach Sauberkeit und seiner immer größer werdenden Angst vor all den Dingen war, die die Kontrolle über sein Umfeld bedrohen konnten. Erica Falck durfte fragen, was sie wollte, aber er würde alles tun, um die Lust zu bezwingen, es ihr zu erzählen. Er wußte, wenn er erst nachgab, würden Dämme brechen, die den sorgfältig errichteten Schutzwall zu zerstören drohten. Das durfte nicht geschehen.
    »Erinnerst du dich an Alexandra aus der Schulzeit?«
    Insgeheim lächelte er bitter. Die meisten Kinder in seinen Klassen hatten nur schwache, schattenhafte Erinnerungen hinterlassen, aber Alexandra stand ihm heute genauso deutlich vor Augen wie vor fünfundzwanzig Jahren. Doch das konnte er kaum zugeben.
    »Ja, ich erinnere mich an Alexandra. Aber natürlich als Alexandra Carlgren, nicht Wijkner.«
    »Ja, selbstverständlich. Wie ist sie dir von damals im Gedächtnis?«
    »Als still, etwas zurückhaltend und ziemlich frühreif.«
    Er sah, daß Erica leicht frustriert war, weil er so wortkarg reagierte, aber er versuchte ganz bewußt, sowenig wie möglich zu sagen, als könnten die Wörter die Sache an sich reißen und, wenn sie zu viele wären, von selbst lossprudeln.
    »War sie gut in der Schule?«
    »Tja, weder noch, würde ich sagen. Sie gehörte nicht zu den Ehrgeizigsten, soweit ich mich erinnere, aber sie war intelligent auf eine ruhige Weise, lag wohl irgendwo in der Mitte.«
    Erica zögerte einen Augenblick, und Axel war klar, daß sie sich jetzt den Fragen näherten, auf die Erica eigentlich eine Antwort haben wollte. Das Bisherige war für sie nur eine Vorübung gewesen.
    »Die Carlgrens sind ja mitten im Halbjahr weggezogen. Kannst du dich erinnern, was Alex’ Eltern für Gründe angegeben haben?«
    Er tat so, als überlegte er, legte die Fingerspitzen aneinander und stützte wie im Nachdenken sein Kinn darauf. Er bemerkte, daß Erica zur Sofakante vorrutschte und begierig auf seine Antwort wartete. Er würde sie enttäuschen müssen. Das einzige, was er ihr nicht bieten konnte, war die Wahrheit.
    »Ja, ich meine, ihr Vater hat irgendwo anders eine Arbeit bekommen. Wenn ich ehrlich sein soll, weiß ich es nicht mehr so genau, aber ich erinnere mich vage, daß es irgend so was gewesen ist.«
    Erica konnte ihre Enttäuschung nicht verbergen. Erneut überkam ihn die Lust, sich die Brust aufzureißen und das bloßzulegen, was all die Jahre dort verborgen gewesen war. Sein Gewissen zu erleichtern, indem er die ganze ungeschminkte Wahrheit erzählte. Statt dessen holte er nur tief Luft und drückte all das zurück, was nach oben steigen und herauskommen wollte.
    Sie fragte hartnäckig weiter. »Aber kam das alles nicht ein bißchen plötzlich? Hattest du vorher schon davon gehört, hatte Alex erzählt, daß sie umziehen?«
    »Ja, also, ich fand es nicht so merkwürdig. Wie du schon sagst, kam es, wenn ich mich recht erinnere, ein bißchen überstürzt, aber so was kann ja schnell gehen, und ihr Vater hat vielleicht ein kurzfristiges Angebot erhalten, was weiß ich.«
    Er hob die Hände zu einer Geste, die besagte, daß

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