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Die Eisprinzessin schläft

Die Eisprinzessin schläft

Titel: Die Eisprinzessin schläft Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Camilla Läckberg
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Kommentare waren nur ein Bruchteil von dem, was sie derzeit an ihrem Arbeitsplatz zu ertragen hatte. Am meisten zuwider war ihr jedoch die entsetzliche Frisur, die Mellberg zum Verdecken seiner Glatze arrangierte. Er hatte die restlichen Haare zu einer Länge wachsen lassen, die seine Untergebenen nur ahnen konnten. Das Ganze hatte er auf dem Kopf zu einem Gebilde gewickelt, das in erster Linie an ein verlassenes Krähennest erinnerte.
    Es schüttelte sie, wenn sie sich vorstellte, welchen Anblick es wohl ergab, wenn er die Haare herunterhängen ließ, doch war sie sich voller Dankbarkeit bewußt, daß sie es nie würde erleben müssen.
    Sie fragte sich, was die Gerichtsmedizin wohl von ihnen wollte. Nun ja, sie würde es schon noch rechtzeitig erfahren. Das Revier war nicht größer, als daß jede Information von Interesse im Laufe einer Stunde die Runde machte.
     
    Bertil Mellberg hörte das Freizeichen, während er Annikas Rückzug aus dem Zimmer verfolgte.
    Verdammt hübsches Weibsbild, die da. Schön fest, aber dennoch rund an den richtigen Stellen. Langes blondes Haar, hoher Busen und griffiger Hintern. Nur schade, daß sie immer diese langen Röcke und legeren Blusen trug. Er sollte sie vielleicht darauf hinweisen, daß etwas figurbetontere Sachen passender wären. Als Chef muß man ja wohl das Recht haben, seine Meinung zur Kleidung des Personals zu äußern. Siebenunddreißig ist sie, das wußte er, da er einen Blick in die Personalakten geworfen hatte. Etwas über zwanzig Jahre jünger als er selber, was genau seinem Geschmack entsprach. Um die alten Weiber sollten sich andere kümmern. Er war Manns genug für jüngere Talente. Reif, erfahren, mit kleidsamer Körperfülle, und kein Mensch konnte ahnen, daß seine Haare mit den Jahren vielleicht ein bißchen schütter geworden waren. Er befühlte mit den Fingern ganz vorsichtig die Mitte des Kopfes. Ja doch, die Haare saßen, wie sie sollten.
    »Tord Pedersen.«
    »Ja, hallo. Hier ist Kommissar Mellberg, Polizeirevier Tanumshede. Sie wollten mich sprechen?«
    »Ja, stimmt. Es geht um den Todesfall, den ich von Ihnen hereinbekommen habe. Eine Frau namens Alexandra Wijkner. Es hatte wie Selbstmord ausgesehen.«
    »Jaaa.« Die Antwort kam zögernd. Mellbergs Interesse war entschieden geweckt.
    »Ich habe gestern die Obduktion vorgenommen, und es steht außer Zweifel, daß es sich nicht um Selbstmord handelt. Jemand hat sie getötet.«
    »Oh, mich laust der Affe!« Vor Erregung kippte Mellberg den Kaffee noch einmal um, und das wenige, was noch in der Tasse gewesen war, lief auf den Schreibtisch. Erneut wurde das Hemd hochgerissen und erhielt eine zusätzliche Anzahl Flecke.
    »Woher wissen Sie das? Ich meine, welche Beweise gibt es dafür, daß es Mord ist?«
    »Ich kann Ihnen das Obduktionsprotokoll umgehend zufaxen, aber es ist fraglich, ob Sie daraus soviel klüger werden. Es ist vielleicht besser, ich gebe Ihnen eine Zusammenfassung der wichtigsten Punkte. Einen Augenblick, ich muß nur meine Brille aufsetzen«, sagte Pedersen.
    Mellberg hörte ihn murmelnd lesen und wartete eifrig darauf, an der Information beteiligt zu werden.
    »Hier ist es. Frau, fünfunddreißig Jahre alt, gute allgemeine physische Kondition. Aber das wissen Sie bereits. Die Frau ist seit zirka einer Woche tot, dennoch ist der Körper in äußerst gutem Zustand, in erster Linie dank der niedrigen Temperatur des Raums, in dem die Leiche lag. Das Eis um den unteren Teil des Körpers hat ebenfalls dazu beigetragen, ihn zu erhalten.
    Scharfe Schnittwunden durch die Pulsadern beider Handgelenke, ausgeführt mit einer Rasierklinge, die am Ort wiedergefunden wurde. Das war der Punkt, an dem ich mißtrauisch geworden bin. Beide Schnittwunden sind exakt gleich tief und völlig gerade, was sehr ungewöhnlich ist, ich würde sogar behaupten, daß so was bei Selbstmord nicht vorkommt. Sie verstehen, da wir entweder Rechtshänder oder Linkshänder sind, würden zum Beispiel die Schnittwunden am linken Arm bei einem Rechtshänder viel gerader und tiefer werden als die am rechten Arm, wo man gezwungen ist, sozusagen die >falsche< Hand zu benutzen. Ich habe dann die Finger an beiden Händen untersucht, und mein Verdacht wurde weiter bestärkt. Die Schneide einer Rasierklinge ist so ungemein scharf, daß sie bei der Benutzung meist mikroskopisch kleine Schnittwunden hinterläßt. So etwas war bei Alexandra Wijkner nicht zu finden. Auch das deutet also darauf hin, daß ein anderer ihr die Pulsadern

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