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Die Eisprinzessin schläft

Die Eisprinzessin schläft

Titel: Die Eisprinzessin schläft Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Camilla Läckberg
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bedauerlich es sei, daß immer mehr von den schönen ursprünglichen Häusern durch Touristen aufgekauft und zu Sommerwohnungen wurden. Nelly erzählte einiges darüber, wie es früher gewesen war, als sie jung und frisch verheiratet nach Fjällbacka gekommen war. Erica hörte aufmerksam zu. Schob hin und wieder eine höfliche Frage ein. Es war, als würden sie sich im Kreis um jenes Thema bewegen, das, wie sie beide wußten, früher oder später zur Sprache kommen mußte.
    Schließlich faßte sich Erica ein Herz. »Jaa, das letzte Mal haben wir uns ja unter traurigen Umständen gesehen.«
    »Wirklich tragisch. So eine junge Frau.«
    »Ich wußte gar nicht, daß sie mit der Familie Carlgren so eng bekannt sind.«
    »Karl-Erik hat viele Jahre für uns gearbeitet, und wir haben seine Familie natürlich bei vielen Gelegenheiten getroffen. Ich fand es nur angemessen, kurz vorbeizugehen.«
    Nelly senkte den Blick. Erica sah, daß sich ihre Hände auf dem Schoß nervös bewegten.
    »Ich hatte den Eindruck, daß Sie auch Julia kannten. Sie war doch wohl noch nicht geboren, als Carlgrens in Fjällbacka wohnten?«
    Nur ein kurzes Durchdrücken des Rückens und ein leichtes Zurückwerfen des Kopfes verrieten, daß Nelly die Frage unangenehm fand. Sie hob ihre mit Gold behängte Hand.
    »Nein. Julia ist eine neue Bekanntschaft. Aber ich finde, sie ist eine ganz entzückende junge Dame. Natürlich sehe ich, daß sie nicht dieselben äußeren Qualitäten wie Alexandra hat, aber im Unterschied zu ihr besitzt sie eine Willensstärke und einen Mut, die sie in meinen Augen bedeutend interessanter machen als ihre Gans von Schwester.«
    Nelly schlug sich mit der Hand vor den Mund. Einen Moment lang schien sie vergessen zu haben, daß sie von einem toten Menschen sprach. Für den Bruchteil einer Sekunde war ein Riß in ihrer Fassade sichtbar geworden. Was Erica in diesem Augenblick sah, war reiner Haß. Wie kam es, daß Nelly Lorentz Alexandra haßte, eine Frau, die sie doch wohl nur als Kind gekannt hatte?
    Bevor Nelly Gelegenheit hatte, ihren Ausrutscher zu bemänteln, klingelte das Telefon. Mit deutlicher Erleichterung entschuldigte sie sich. Erica nutzte die Zeit und sah sich ein wenig im Zimmer um. Es war schön, aber unpersönlich eingerichtet. Die Hand eines Innenarchitekten war überall zu spüren. Alles war farblich und bis ins kleinste Detail aufeinander abgestimmt. Erica konnte nicht umhin, das Ganze mit der Schlichtheit ihres Elternhauses zu vergleichen. Dort war nichts nur wegen des Aussehens aufgestellt worden, sondern jedes Ding hatte, je nach seiner Funktion, im Laufe der Jahrzehnte einen bestimmten Platz erhalten. Erica fand, daß die Schönheit des Persönlichen und Gebrauchten bei weitem die dieses blank geputzten Ausstellungsraums übertraf. Das einzige Persönliche, was Erica entdecken konnte, war eine Reihe Familienporträts, die auf dem Kaminsims standen. Sie beugte sich vor und studierte die Bilder eingehend. Sie schienen von links nach rechts chronologisch geordnet und begannen mit einem schwarzweißen Porträt eines eleganten Hochzeitspaares. Nelly war wirklich strahlend schön in dem weißen Kleid, das ihre Figur eng umschloß, aber Fabian schien sich in seinem Frack nicht wohl zu fühlen.
    Auf dem nächsten Bild hatte sich die Familie vergrößert, und Nelly hielt ein Baby in den Armen. Fabian an ihrer Seite sah noch immer reserviert und ernst aus. Dann folgten eine lange Reihe Aufnahmen von einem Kind in zunehmendem Alter, manchmal war es allein abgebildet, dann wieder zusammen mit Nelly. Auf dem letzten Foto der Reihe schien der junge Mann etwa fünfundzwanzig Jahre alt zu sein. Nils Lorentz. Der verschwundene Sohn. Nach dem ersten Bild mit der ganzen Familie wirkte es, als seien Nils und Nelly allein übriggeblieben. Aber vielleicht mochte Fabian nicht auf Fotos posieren und hielt sich lieber hinter der Kamera auf. Bilder des Adoptivsohns Jan suchte man vergeblich.
    Erica wandte ihre Aufmerksamkeit einem Schreibtisch zu, der in einer Ecke des Zimmers stand. Dunkel, aus Kirschbaum, mit schönen Intarsien, denen Erica mit dem Finger folgte. Er war völlig frei von Gegenständen und sah aus, als hätte er keine andere Funktion, als nur Schmuck zu sein. Es lockte sie, einen Blick in die Schubladen zu werfen, aber sie war sich nicht sicher, wie lange Nelly noch wegbleiben würde. Das Gespräch zog sich offenbar in die Länge, doch sie konnte jeden Augenblick wieder im Zimmer auftauchen. Der Papierkorb erregte

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