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Die Eissegler von Tran-ky-ky

Die Eissegler von Tran-ky-ky

Titel: Die Eissegler von Tran-ky-ky Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alan Dean Foster
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und Speeren auch Fackeln.
    Und als der Wind den Regen wegtrug, offenbarte sich ihnen - wiewohl sie es nicht kannten - die an ein Bild in Dantes ›Inferno‹ gemahnende Szene im Hafen. Es gab keinen Staub, dafür hingen stechende, blendende Eispartikel immer noch in der Luft, und Ethan war für die Schutzbrille dankbar, die er trug.
    Unten hatte sich ein schreckliches Gebrüll erhoben, diesmal aber nicht Schreie der Wut und der Kampfeslust, sondern solche, die von Angst und Schrecken und Schmerzen zeugten. Die beiden Menschen sahen zu, ohne auf Hunnars Treiben zu achten. Der würdevolle junge Ritter, der gewöhnlich eher kalt wirkte, hatte den Panzer seiner Würde abgelegt und sprang herum wie ein Junge; umarmte jeden Soldaten in Reichweite und brüllte vor Freude.
    Eine unzählige Menge von Barbarensoldaten, die noch vor Augenblicken das Hafenbecken besetzt gehalten hatten, lagen jetzt tot in ihrem Blut oder waren im Begriff, an schrecklichen Wunden zu sterben. Die Eisdecke war von den Hunderten von Sprengladungen aufgerissen worden, hatte sich aber nicht bis in die eisigen Tiefen darunter geöffnet. Eer-Meesachs und Williams' Schätzungen waren richtig gewesen. Das Eis war hier viel zu dick, als daß solch antike Explosivstoffe ihm ernsthaften Schaden hätten zufügen können.
    Nicht so massiv hingegen war die Hafenmauer, die erneut ins Wanken geraten war. Einige Abschnitte schienen unmittelbar vor dem Einsturz zu stehen. Der Sprengmechanismus des Schulmeisters, aus Bruchstücken des Rettungsbootes zusammengebaut, hatte seine Aufgabe wirksam erfüllt. Die Hunderte von Sprengladungen waren im Laufe weniger Sekunden praktisch gleichzeitig zur Explosion gebracht worden.
    Während der Nacht hatte man trichterförmige Löcher ins Eis geschmolzen und sie dann mit Glas, Metall, Knochen und Holzstücken, sowie etwa einem Jahresvorrat aus Bronze, Eisen und Stahlspänen gefüllt, die ursprünglich zur Wiederaufbereitung in der Vulkanschmiede bestimmt gewesen waren.
    Dann hatte man Wasser über den primitiven Schrapnellersatz gegossen und es am frühen Morgen wieder gefrieren lassen. Und das hatte die Barbaren hingemäht wie Gras unter der Sense eines Schnitters.
    Jetzt quoll die zerschlagene, geschwächte Armee von Sofold hinter ihren Brustwehren hervor und heulte und schrie ebenso barbarisch wie ihre angeblich weniger zivilisierten Feinde. Äxte, Schwerter und Speere taten ihr blutiges Werk zwischen den Überlebenden, die nicht rechtzeitig der Tod erlöst hatte.
    Ethan stand schaudernd da und wandte sich von dem schrecklichen Massaker ab.
    Viele der Überlebenden waren vor Schrecken nahezu bewegungsunfähig. Sie waren völlig außerstande, den Sofoldianern wirksam Widerstand zu leisten. Für sie mußte das Ganze den Anschein gehabt haben, als wären tausend Blitze auf sie niedergegangen.
    Jetzt lösten sich die Bogen- und Armbrustschützen von den Burgzinnen und der Steinbarriere am anderen Ende der Mauer und begannen ihre Positionen oben auf der alten Verteidigungsmauer wieder einzunehmen. Nur daß sie jetzt in den Hafen hineinhielten und die noch kampffähigen Feinde niederma chten, gleichgültig, ob diese noch kämpften oder zu fliehen versuchten.
    Die immer noch beachtliche feindliche Streitmacht wogte benommen vor und zurück, und jede Minute fielen Dutzende von den Nomaden.
    Ethan starrte über das jetzt freigekämpfte Eis. Dann wandte er sich um und riß September aus seiner Versunkenheit.
    Die feindliche Flotte brannte. Einige Flöße hatten Segel gesetzt und versuchten, bereits brennend, zu entkommen. Von dem beständig wehenden Wind angefacht, breitete sich das Flammenmeer schnell von einem Floß zum nächsten aus. Ethan sah, wie ein Feuerball von einem brennenden Nachschubfahrzeug weggeweht in die Takelage eines bisher noch nicht von den Flammen erfaßten Floßes fegte, und schon loderte pika-pina und Mast wie Papier.
    Schreie hallten über das Eis zu Ethan herüber, und es lief ihm eisig über den Rücken. Er barg das Gesicht in den Händen und sank benommen zu Boden. September versuchte ihn zu beruhigen.
    »Ich weiß, was Sie jetzt denken, Jungchen«, murmelte er. »Aber Sie müssen auch bedenken, was diese Leute hier Jahr um Jahr erlitten haben. Der einzige Unterschied zwischen ihnen und ihren traditionellen Feinden dort draußen ist ein wenig Buchwissen und eine andere Lebensphilosophie. Aber darunter sind sie genau das gleiche Tier. Ebenso wie die meisten Menschen es sind, wenn man uns in die Enge treibt.

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