Die Eissegler von Tran-ky-ky
Für sie sind die Frauen und Kinder der Nomaden ebenso gefährlich wie die Männer. Nicht wegen dem, was sie tun können, sondern wegen dem, was sie vertreten. Verstehen Sie das?«
Ethan saß starr da.
Dann blickte er auf.
»Nein.«
September gab einen unartikulierten Laut von sich und stapfte davon. Ethan würde bis ans Ende seiner Tage das Kreischen und Schreien dort draußen hören.
Mit einem mörderischen, furchtlosen Feind vor sich und dem Feuer hinter sich konfrontiert, ließ die einst so stolze, unbesiegbare Horde des Todes Helme, Waffen und Rüstungen fallen und floh auf ihre flammenden Flöße zu. September versuchte Hunnars Aufmerksamkeit auf sich zu ziehen. Schließlich beruhigte sich der Ritter genug, um zuhören zu können.
»Dein Tane-Anst hat seine Sache gut gemacht, wie? Wird er auch vernünftig genug sein, um nach Flüchtlingen Ausschau zu halten? Sie sind jetzt verängstigt, und viele haben keine Waffen, aber hysterische Menschen - und das gilt vermutlich auch für Tran - denken nicht mehr an ihre eigene Sicherheit. Das macht das Kämpfen schwierig.«
»Tane-Anst ist ein guter Soldat«, meinte Hunnar nachdenklich. »Er wird dafür sorgen, daß seine Männer beisammenbleiben.«
Schließlich stand Ethan auf und blickte auf die fliehenden Massen der noch überlebenden Nomaden. »Dieser Tane-Anst hat nur sechshundert Soldaten bei sich, Skua. Damit sind sie doch völlig in der Minderzahl?«
»Kein Trupp gut organisierter, disziplinierter Soldaten ist je in der Minderzahl gegenüber einem Mob, Ethan. Das dürfen Sie nie vergessen.«
Ethan wandte sich um und blickte wieder in den Hafen. Das Eis war buchstäblich von feindlichen Leichen und einem schnell gefrierenden kleinen See von Blut bedeckt. Hunnar trat neben ihn. Der Ritter zitterte jetzt, und Ethan glaubte eine Spur von dem, was September gemeint hatte, in Hunnars Gesicht lesen zu können. Nach Hunderten von Jahren hilfloser Unterwerfung begann langsam die Reaktion auf das, was er und seine Leute heute getan hatten, ihre Wirkung zu zeigen.
»Der Landgraf beobachtet die Schlacht von seinen Gemächern aus und kann selbst sehr wohl sehen, was geschehen ist«, sagte der Ritter mit etwas unsicherer Stimme. »Ich gehe jetzt, um ihm offiziell von seinen Truppen zu berichten, und ihn an sein Versprechen zu erinnern, das er euch, meine Freunde, gegeben hat. Kommt ihr mit?«
»Nein, das ist deine Stunde, Hunnar«, sagte September.
Der Ritter tauschte mit beiden den Atem und eilte in die Burg. September trat an den Rand der Brustwehr und blickte in den Hafen hinunter. Aus dem Kampf war inzwischen eine reine Aufräumaktion geworden. Sofoldianische Soldaten und Milizen untersuchten jede Leiche und schnitten jedem Überlebenden die Kehle durch.
»Es mag nicht gerade eine moralische Geste sein«, begann er, »aber gut oder schlecht, indem wir hier das Schießpulver einführten, haben wir diesen entschieden kriegerischen Leuten eine neue Art der Kriegführung beigebracht. Und wissen Sie was?« Er wandte sich um und sah Ethan an. »Sosehr ich mich auch bemühe, ich ka nn mich nicht davon überzeugen, daß wir etwas Schlechtes getan haben.«
»Schlecht oder nicht«, erwiderte Ethan trocken und betupfte sich seine aufgeschürfte Wange, »Schießpulver war immer noch eine der ersten Gaben der Menschheit, oder?«
An diesem Abend fa nd in der Burg der prunkvollste Ball statt, den diese ehrwürdigen Mauern je erlebt hatten. Er sollte auch die Tatsache überdecken, daß viele der besten jungen Männer Sofolds an jenem Tag in die warmen Regionen gegangen waren. Betrüblicherweise war darunter auch der tapfere und methodische Tane-Anst, gefallen an der Spitze seiner Soldaten beim Angriff auf ein fliehendes Floß.
Wenigstens drei Viertel der Barbarenflotte waren verbrannt oder erobert worden, und dazu unübersehbare Mengen an Waffen, Rüstungen und Schätzen. Und was an Schiffen entkommen war, war nicht überfüllt gewesen.
Zur tiefen Enttäuschung aller gehörte Sagyanak zu denen, denen die Flucht gelungen war.
Aber die Macht der Geißel war für alle Zeit gebrochen. Gestern noch ein Halbgott, war der Tod heute nur noch ein lästiger Pirat, dessen Macht in alle Winde zerstreut war.
Als teilweiser Ausgleich konnte man den Kopf von Olox dem Schlächter an der großen Tafel auf der Spitze einer juwelenbesetzten Pike bestaunen. Die Köpfe einiger seiner Mitkämpfer zierten weniger wertvolle Piken.
Die kleine Gruppe von Menschen saß auf einem Ehrenplatz
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