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Die Eissphinx

Die Eissphinx

Titel: Die Eissphinx Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jules Verne
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wollte zu mir von dem sprechen, wovon er immer sprach… ich täuschte mich.
    »Herr Jeorling, begann er, Sie erinnern sich… in Ihrer Cabine auf der »Halbrane«… habe ich Ihnen die Geschichte… die Geschichte vom »Grampus« erzählt.«
    Ob ich mich dessen erinnerte! Nichts von allem, was er mir über die entsetzlichen Vorkommnisse mitgetheilt hatte, war meinem Gedächtniß entschwunden.
    »Ich hab’ es Ihnen gesagt, fuhr er fort, Parker hieß nicht Parker… er hieß Ned Holt… es war der Bruder Martin Holt’s…
    – Ja, ja, das weiß ich, Dirk Peters, antwortete ich. Warum aber auf diese traurige Geschichte zurückkommen?
    – Warum, Herr Jeorling?… Nicht wahr, Sie haben niemand davon etwas verrathen?
    – Keiner Seele! versicherte ich. Wie hätte ich denn so unklug sein können, Ihr Geheimniß zu entschleiern… ein Geheimniß, das nie über unsere Lippen kommen darf… das zwischen uns begraben ist?
     

    »Ich glaubte Ned Holt wiederzusehen!… Ich fürchtete mich… ich lief davon…« (S. 356.)
     
    – Begraben… ja… begraben! murmelte der Mestize. Und doch… verstehen Sie mich recht… scheint es mir, daß man unter der Mannschaft… daß man etwas davon weiß…«
    Sofort fiel mir ein, was mir der Hochbootsmann über ein von ihm belauschtes Gespräch mitgetheilt hatte, in dem Hearne den Martin Holt aufzustacheln suchte, daß er den Mestizen ausforschen möchte, unter welchen Umständen sein Bruder an Bord des »Grampus« umgekommen wäre. Sollte ein Theil des Geheimnisses doch sozusagen durchgesickert sein, oder bestand diese Vermuthung bei Dirk Peters nur in der Einbildung?
    »Erklären Sie sich näher, sagte ich.
    – Verstehen Sie mich recht, Herr Jeorling… ich finde nicht die rechten Worte… Ja… gestern… seitdem hab’ ich immer daran denken müssen… gestern hat mich Martin Holt mit zur Seite genommen… weit weg von den Andern – und sagte, daß er mit mir sprechen wollte…
    – Vom »Grampus«?
    – Vom »Grampus«… ja… und von seinem Bruder Ned Holt. Zum ersten Male… hat er diesen Namen vor mir erwähnt… den Namen dessen, der… und doch… wir segeln nun doch schon drei Monate lang mit einander…«
    Die Stimme des Mestizen veränderte sich so, daß ich ihn kaum hörte.
    »Verstehen Sie mich recht, fuhr er fort, mir schien es, daß in Martin Holt… nein, ich täusche mich darüber nicht… etwas wie ein Verdacht aufgestiegen sei…
    – So sprechen Sie sich doch aus, Dirk Peters! rief ich. Was hat Sie denn Martin Holt gefragt?«
    Ich fühlte recht gut voraus, daß es eine Frage war, die Hearne dem Martin Holt eingegeben hatte. Da ich indessen Ursache hatte zu glauben, daß der Mestize von dieser Einmischung des Segelmeisters nichts wisse – einer Einmischung, die ebenso beunruhigend wie unerklärlich war – beschloß ich, ihm gegenüber davon zu schweigen.
    »Was er mich gefragt hat, Herr Jeorling? antwortete er. Er fragte mich, ob ich mich vom »Grampus« her nicht Ned Holt’s erinnerte… ob dieser beim Kampfe gegen die Meuterer oder beim Schiffbruche umgekommen sei… ob er zu denen gehört habe, die mit dem Kapitän Bernard aufs Meer ausgesetzt worden waren… kurz, ob ich ihm sagen könne, wie sein Bruder das Leben verloren habe… Ach, wie… wie…«
    Der Mestize stieß diese Worte mit einem Entsetzen in der Stimme hervor, das deutlich seinen Abscheu vor sich selbst erkennen ließ.
    »Und was haben Sie Martin Holt geantwortet, Dirk Peters?
    – Nichts… gar nichts.
    – Sie hätten sagen sollen, daß Ned Holt beim Schiffbruche der Brigg umgekommen sei.
    – Ich konnte es nicht – verstehen Sie mich recht – ich konnte es nicht!… In Martin Holt… glaubte ich Ned Holt wiederzusehen!… Ich fürchtete mich… ich lief davon…«
    Der Mestize hatte sich mit rascher Bewegung aufgerichtet und ich begann, den Kopf in die Hände gestützt, über die Sache nachzudenken. Jene so verspäteten Erkundigungen Martin Holt’s über seinen Bruder hatte er offenbar auf Anregung Hearnes einzuziehen versucht. Vielleicht hatte der letztere das Geheimniß des Dirk Peters, wovon ich gegen niemand ein Wort gesprochen hatte, schon auf den Falklands zu erspähen gewußt…
    Doch wenn er Martin Holt zum Befragen des Mestizen drängte, was bezweckte Hearne damit? Welches Ziel hatte er vor Augen?… Wollte er nur seinen Haß gegen Dirk Peters befriedigen, der als einziger von den falkländischen Matrosen immer auf Seiten des Kapitän Len Guy gestanden und seine Kameraden

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