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Die Eissphinx

Die Eissphinx

Titel: Die Eissphinx Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jules Verne
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verhindert hatte, sich des Bootes zu bemächtigen? Hoffte er durch Aufreizung Martin Holt’s diesen auch auf die Seite seiner unzufriedenen Genossen hinüberzuziehen?…
    Freilich, wenn es sich darum handelte, das Boot in diesen Meeren zu führen, konnte er Martin Holt, einen der besten Seeleute von der »Halbrane«, nicht entbehren, denn kein Anderer hätte das mit Erfolg zu thun vermocht, während Hearne und seine Gefährten, sich selbst überlassen, gewiß zugrunde gegangen wären.
    Der freundliche Leser sieht hieraus, zu welcher Kette von Muthmaßungen ich mich verirrte und welch weitere Schwierigkeiten zu unserer ohnehin schwierigen Lage damit noch hinzutraten.
    Als ich die Augen wieder erhob, war Dirk Peters nicht mehr bei mir. Er war verschwunden, ohne daß ich seinen Weggang bemerkte, nachdem er mir gesagt, was er sagen wollte, und sich überzeugt hatte, daß sein Geheimniß von mir nicht verrathen worden war. Bei der schon vorgeschrittenen Stunde warf ich noch einen letzten Blick auf den Horizont und stieg, tief erregt und wie immer von der Ungeduld verzehrt, schon am nächsten Tage zu sein, wieder hinunter.
    Mit Anbruch des Abends wurden die gewohnten Vorsichtsmaßregeln getroffen. Niemand durfte außerhalb der Zelte bleiben, mit Ausnahme des Dirk Peters, dem die Bewachung des Bootes anvertraut blieb.
    Ich war geistig und körperlich so ermüdet, daß ich neben dem Kapitän Len Guy gleich in Schlaf verfiel, während der Lieutenant draußen wachte, und dann weiter neben diesem, als der Kapitän ihn abgelöst hatte.
    Am nächsten Tage, dem 31. Januar, schlug ich den Leinenvorhang unseres Zeltes auseinander.
    Welche Enttäuschung!
    Ueberall Nebelmassen… nicht solche, die sich bei den ersten Sonnenstrahlen aufzulösen und im leisen Windhauche zu verschwinden pflegen… nein, ein gelblicher, fast schimmelig riechender Dunst, als wenn der antarktische Januar der Nebelmond (November) der nördlichen Halbkugel gewesen wäre. Dazu beobachteten wir eine empfindliche Abnahme der Luftwärme, vielleicht einen Vorboten des südlichen Winters. Vom verdüsterten Himmel rieselten große Dunstbläschen nieder, unter denen der Gipfel unseres Eisbergs sich verlor. Es war aber ein Nebel, der sich nicht zu Regen verwandeln sollte, eine Art Wattenhülle, die den ganzen Horizont bedeckte.
    »Ein verteufeltes Pech, sagte der Hochbootsmann zu mir, denn wenn wir auch nahe einem Lande vorüberkämen, könnten wir’s nicht einmal sehen!
    – Und wie steht’s mit dem Weitertreiben? fragte ich.
    – Das geht noch schneller vor sich als gestern, Herr Jeorling. Der Kapitän hat eine Art Log auswerfen lassen und schätzt die Geschwindigkeit nicht unter drei bis vier Meilen.
    – Und was schließen Sie daraus, Hurliguerly?
    – Ich glaube, wir müssen uns auf mehr eingeengtem Meere befinden, da die Strömung so an Kraft zunimmt. Mich sollte es gar nicht wundern, wenn wir auf Back-und auf Steuerbord Land in zehn bis zwölf Meilen Entfernung hätten.
    – So durchschnitte also eine breite Wasserstraße das antarktische Festland?
    – Ja… wenigstens unser Kapitän ist dieser Ansicht.
    – Und trotzdem, Hurliguerly, will er keinen Versuch machen lassen, das eine oder andere Ufer dieser Meerenge anlaufen zu lassen?
    – Ja, wie denn?
    – Nun mit dem Boote.
    – Das Boot aufs Spiel setzen… hier bei diesem Nebel! rief der Hochbootsmann, die Arme kreuzend. Denken Sie wirklich daran, Herr Jeorling? Können wir denn Anker werfen, um es zurückzuerwarten? Nein… nicht wahr?… Wir hätten nur die beste Aussicht, es nie wieder zu sehen. O, wenn wir jetzt die »Halbrane« noch hätten!«
    Ach, wir hatten die »Halbrane« leider nicht mehr!
    Trotz der Schwierigkeiten, die der Aufstieg durch den halbcondensierten Nebel bereitete, erklomm ich doch den Gipfel des Eisbergs, da ja eine zufällige Lichtung im Dunste gestatten konnte, im Osten oder Westen Land zu erkennen.
    Auf der Spitze stehend, erwies es sich mir leider vergeblich, mit dem Blicke den dichten grauen Mantel zu durchdringen, der die ganze Umgebung verhüllte.
    Ich wartete, geschüttelt vom kalten Nordostwinde, der den Nebelschleier doch vielleicht einmal zerreißen konnte.
    Leider wälzten sich, getrieben von der starken atmosphärischen Strömung über dem offenen Meere, immer neue Dunstmassen heran. Unter der doppelten Wirkung der Luft-und der Wasserströmung trieben wir mit zunehmender Schnelligkeit weiter und ich fühlte etwas, wie ein Erzittern des Eisbergs.
    Da bemächtigte sich

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