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Die Eissphinx

Die Eissphinx

Titel: Die Eissphinx Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jules Verne
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andern Punkte der Erde und dazu in einer sechs Monate andauernden Nacht. Man konnte nicht ohne geheimes Grauen daran denken, wie viel geistige und körperliche Energie es erfordern würde, um unter Verhältnissen zu leben, die über alle menschliche Widerstandsfähigkeit hinausgingen.
    Alles zusammen genommen waren aber die Aussichten derer, die uns verlassen hatten, gewiß nicht besser. Würden sie bis zum Packeis offenes Wasser finden? Würde es ihnen gelingen, den Polarkreis zu überschreiten und würden sie eines der letzten Schiffe von dieser Fangperiode treffen? Würde ihnen bei einer Fahrt von tausend Seemeilen nicht zuletzt der Proviant ausgehen? Wie viel konnte denn das mit dreizehn Mann schon fast überladene Boot davon noch tragen? Ja, wer war wohl größeren Gefahren ausgesetzt, jene oder wir? Auf diese Frage konnte freilich nur die Zukunft Antwort geben.
    Als das Boot verschwunden war, begab der Kapitän Len Guy sich mit allen Begleitern über die Landspitze hinweg wieder nach der Höhle, die schon in undurchdringlicher Finsterniß lag. Hier sollten wir die lange Zeit hinbringen, in der es nahezu unmöglich war, ins Freie hinaus zu gehen.
    Ich dachte zuerst an Dirk Peters, der nach dem von Hearne abgefeuerten Schusse zurückgeblieben war, während wir uns beeilten, nach der anderen Seite der Landspitze zu kommen.
    In die Höhle zurückgekehrt, bemerkte ich den Mestizen nicht. Sollte er so schwer verwundet worden sein? Sollten wir auch noch den Tod dieses Mannes beklagen, der uns ebenso treu geblieben war, wie seinem armen Pym?
    Ich hoffte – wir Alle hofften es – daß seine Verwundung nicht so ernster Natur sein werde. Jedenfalls bedurfte er aber der Pflege, und Dirk Peters war verschwunden.
    »Auf, suchen wir nach ihm, Herr Jeorling, rief der Hochbootsmann.
    – Vorwärts denn! antwortete ich.
    – Halt, wir wollen zusammen gehen, sagte der Kapitän Len Guy. Dirk Peters gehörte zu den Unsrigen; er hat uns niemals verlassen und wir werden ihn nicht verlassen!
    – Wird der Unglückliche aber zurückkehren wollen, bemerkte ich, da jetzt jedermann das weiß, was ich als Geheimniß zwischen ihm und mir betrachtete?«
    Ich erklärte nun meinen Begleitern, warum in Arthur Pym’s Berichte der Name Ned Holt gegen Parker vertauscht worden war und unter welchen Umständen der Mestize mich darüber unterrichtet hatte. Natürlich hob ich alles hervor, was zu seiner Entlastung dienen konnte.
    »Hearne, erklärte ich, hat gesagt, daß Dirk Peters den Ned Holt erschlagen habe. Ja… das ist wahr! Ned Holt befand sich mit auf dem »Grampus«, und sein Bruder Martin Holt konnte wohl annehmen, daß er bei der Meuterei auf dem Schiffe oder bei dessen Untergang mit ums Leben gekommen sei. Nun, das war nicht der Fall! Er war noch zusammen mit August Barnard, Arthur Pym und dem Mestizen, bald aber wurden diese vom schrecklichsten Hunger gequält. Einer von ihnen, der, für den das Loos entscheiden sollte, mußte als Opfer fallen. Ned Holt zog das Todesloos! Er fiel unter dem Messer des Dirk Peters’! Wäre aber der Mestize durch das Loos dazu bestimmt worden, so wäre er den Andern zum Opfer gefallen!«
    Da warf der Kapitän Len Guy die Frage ein:
    »Dieses Geheimniß hatte Dirk Peters Ihnen allein vertraut, Herr Jeorling?
    – Mir ganz allein, Kapitän!
    – Und Sie haben es bewahrt?
    – Unverbrüchlich!
    – Ich begreife dann nicht, wie es zur Kenntniß Hearne’s kommen konnte…
    – Anfangs meinte ich, lautete meine Antwort, Dirk Peters möchte im Schlafe gesprochen und der Segelmeister könnte das Geheimniß durch eine solche Zufälligkeit erfahren haben. Bei reiflicher Ueberlegung erinnere ich mich aber folgenden Sachverhaltes: Als der Mestize mir die Auftritte auf dem »Grampus« schilderte und mir gestand, daß Parker kein Andrer als Ned Holt war, befand er sich in meiner Cabine, deren Seitenladen zurückgeschoben war. Ich glaube nun, unser, wenn auch leise geführtes Gespräch ist von dem Manne, der sich am Steuer befand, belauscht worden. Dieser Mann war aber Hearne, der, offenbar um besser hören zu können, das Steuer verlassen hatte, so daß die »Halbrane« aus ihrem Curs kam.
    – Dessen erinnere ich mich, sagte Jem West; ich machte dem Pflichtvergessenen auch harte Vorwürfe und schickte ihn zur Strafe in den Frachtraum.
    – Nun, Kapitän, fuhr ich fort, seit jenem Tage drängte sich Hearne mehr an Martin Holt heran; der Hochbootsmann hat mich gleich darauf aufmerksam gemacht.
    – Ganz recht,

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