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Die Eissphinx

Die Eissphinx

Titel: Die Eissphinx Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jules Verne
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eingezogen werden mußten.
    Der Kapitän Len Guy überließ übrigens die Führung des Schiffes gänzlich dem Jem West, und dieser tollkühne Leinenhändler – man verzeihe den Ausdruck – ließ nicht eher reefen, als bis die Masten zu brechen drohten. Ich fürchtete jedoch nichts, denn mit einem solchen Seemann war keine Havarie zu gewärtigen. Dafür hatte er die Augen überall und für alles zu weit offen.
    »Unser Lieutenant hat doch nicht seines Gleichen, versicherte mir eines Tages Hurliguerly, er verdiente wahrlich ein Admiralschiff zu führen!
    – Ja, antwortete ich zustimmend, Ihr Herr Jem West scheint mir der geborene Seemann zu sein.
    – Unsere »Halbrane« ist aber auch eine Goëlette, die sich sehen lassen kann! Wünschen Sie sich Glück, Herr Jeorling, und mir auch, daß ich den Kapitän zur Aenderung seines ersten Entschlusses zu bringen vermochte.
    – Wenn Sie es waren, der das durchgesetzt hat, so danke ich Ihnen herzlich!
    – Und die Sache war nicht so leicht, denn er zögerte verteufelt lange, unser Kapitän, trotz des dringenden Zuredens des Vater Atkins! Mir gelang es endlich, ihm Vernunft beizubringen….
    – Das vergesse ich auch nicht, Hochbootsmann, das vergesse ich Ihnen nicht, denn statt mich auf den Kerguelen zu Tode zu langweilen, werd’ ich nun, Dank Ihrem Eintreten für mich, bald in Sicht von Tristan d’Acunha sein….
    – Schon nach wenigen Tagen, Herr Jeorling. Wie ich verlauten gehört habe, beschäftigt man sich in Amerika und in England jetzt mit Schiffen, die eine Maschine im Leibe und Räder haben, deren sie sich wie Enten der Pfoten bedienen! Na, meinetwegen, man wird ja sehen, was dabei herauskommt. Ich bin überzeugt, daß solche Schiffe es niemals mit einer guten Fregatte mit sechzig Kanonen, die bei frischer Brise noch dicht am Winde segelt, werden aufnehmen können. Der Wind, Herr Jeorling, der Wind, selbst wenn man ihn in ganz spitzem Winkel abfangen muß, genügt schon allein, und eine Theerjacke braucht keine Räder am Rumpfe!«
    Ich hatte gegen die Anschauungen des Hochbootsmanns über die Verwendung des Dampfes in der Schifffahrt nichts zu erwidern. Damals war man noch im Stadium der Versuche, und die Schraube hatte die Schaufelräder noch nicht ersetzt. Wer konnte wohl deutlich in die Zukunft blicken?…
    Da erinnerte ich mich, daß die »Jane« – jene »Jane«, von der der Kapitän Len Guy sprach, als ob sie wirklich existiert und fast als ob er sie mit eigenen Augen gesehen hätte – genau in vierzehn Tagen von der Prinz Eduard-Insel nach Tristan d’Acunha gesegelt war. Edgar Poe verfügte über Winde und Meeresströmungen freilich ganz nach Belieben.
    Im Laufe der folgenden vierzehn Tage unterhielt mich der Kapitän Len Guy nicht weiter von Arthur Pym; es schien sogar, als habe er mir von den Abenteuern dieses Helden des südlichen Eismeeres überhaupt noch nicht gesprochen. Hatte er übrigens gehofft, mich von deren Thatsächlichkeit zu überzeugen, so wäre das von ihm ein Beweis sehr mittelmäßiger Intelligenz gewesen. Wie konnte auch ein Mann mit gesunder Vernunft ernsthaft über diese Sache sprechen! Wenn er nicht Sinn und Verstand eingebüßt hatte, nicht bezüglich dieses besondern Falles ebenso Monomane wie der Kapitän Len Guy war, konnte – ich wiederhole es zum zehnten Male – in dem Berichte Edgar Poe’s niemand etwas anderes als eine Schöpfung der Phantasie erblicken.
     

    Das Fernohr von den Augen, stand Jem West und schaute.. (S. 85.)
     
    Man bedenke nur: Nach genanntem Bericht wäre eine englische Goëlette bis zum vierundachtzigsten Grade südlicher Breite vorgedrungen, und diese Fahrt wäre nicht zu einem geographischen Ereigniß erster Classe geworden?… Arthur Pym hätte man, nach seiner Rückkehr aus den Tiefen des Antarktischen Oceans, nicht über einen Cook, Wedell oder Biscoe gestellt? Man sollte ihm und Dirk Peters, den beiden Passagieren der »Jane«, die noch über den genannten Breitengrad hinausgekommen waren, keine öffentlichen Ehrenbezeugungen erwiesen haben?… Und was soll man von dem von ihnen entdeckten freien Meere halten… von der außerordentlichen Geschwindigkeit der Strömungen, die sie nach dem Pole zu führten… von der abnormen Temperatur des Wassers, das von unten her so stark erwärmt wurde, daß man die Hand nicht darin leiden konnte.. was von jenem Dunstwall längs des Horizonts… von dem Gaskatarakt, der sich zuweilen spaltet und hinter dem Gestalten von übermenschlicher Größe

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