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Die Eistoten: Thriller (German Edition)

Die Eistoten: Thriller (German Edition)

Titel: Die Eistoten: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christian Buder
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der Tür. Wittgenstein war verschwunden. Alice glaubte ihn im Weiß des Sturmes vor den Holzstapeln ausmachen zu können. Doch weder Fußspuren blieben noch sonst eine Spur von Wittgenstein.
    »Kann ich dich noch kurz sprechen?« Ihr Vater hatte eine Öllampe angezündet, die ein warmes Licht streute. »Oder störe ich gerade? Ich habe gehört, dass du mit jemand gesprochen hast.«
    »Ich habe laut gelesen.«
    »Hat sich angehört, als ob du dich mit jemand unterhältst.«
    »Ich habe mit Wittgenstein gesprochen.«
    »Wer ist das denn?«
    »Papa, musst du immer alles schlechtmachen, obwohl du davon keine Ahnung hast?«
    »Jetzt mal langsam, kleine Dame. Wie redest du denn mit deinem Vater?«
    »Noch lange nicht so, wie der Kommissar mit dir geredet hat.«
    »Der Typ von der Kripo ist dienstlich mein Vorgesetzter.«
    »Er hat trotzdem mit dir nicht so zu reden.«
    »Das ist mein Problem, verstehst du?«
    »Und warum lässt du mir dann nicht meine?«
    »Weil du meine Tochter bist und ich mich um dich sorge. Und ich mache mir um dich Sorgen, wenn du im Dunkeln sitzt und Selbstgespräche führst und mir noch weismachen willst, dass du gelesen hast.«
    »Wieder soll ich mich rechtfertigen, nur weil ich Wittgenstein lese.«
    »Du führst Selbstgespräche, Alice. Und dies ist nicht normal. Ganz und gar nicht normal. Deshalb werde ich etwas dagegen tun. Ich will nicht, dass dir etwas geschieht.«
    »Wittgenstein ist kein Selbstmordphilosoph und auch niemand, der mir schadet. Er ist einer der wichtigsten Vertreter der Sprachphilosophie.«
    »Du denkst, dass deine Probleme mit Philosophie gelöst werden können?«
    »Ich habe gar keine Probleme außer denen, die du mir dauernd anhängen willst.«
    »Ich will mit dir nicht streiten.«
    »Sobald man über das denkt, was man sagt oder tut, ist man in der Philosophie. Hinter dem Wort Philosophie steckt in Wirklichkeit die ganze Evolution der Menschen, alles, was wir sind. Und alles, was wir sind, verdanken wir ein paar besonders klugen Köpfen. Die meisten Probleme sind Denkprobleme, weil die Sprache eben so mit den Menschen wächst und keiner mehr weiß, ob er sie richtig oder falsch anwendet.«
    »Das sagt Wittgenstein?«
    »Im Großen und Ganzen. Er sagt aber auch: ›Was sich überhaupt sagen lässt, lässt sich klar sagen; und wovon man nicht reden kann, darüber muss man schweigen.‹«
    »Und trotzdem redest du über Dinge, von denen du keine Ahnung hast. Du redest dem Kommissar in seinen Job, du blamierst mich, und nur weil mein Fräulein Tochter Detektiv spielen muss.«
    »Wer sagt denn, dass ich nicht Bescheid weiß?«
    »Verdammt«, zischte ihr Vater sie an, »dort ist ein Mädchen in deinem Alter erfroren. Sie hat wahrscheinlich auch nicht auf ihren Vater gehört.«
    »Sie ist …«
    »Alice, bitte! Komm mir jetzt nicht mit deinen Ideen von Serienmördern in Hintereck. So viele kann ein Serienmörder gar nicht umbringen, was jedes Jahr Menschen im Winter sterben.«
    »Du siehst das …«
    Aussichtslos. Ihr Vater wollte nicht zuhören. Im Eck vor Alices Bücherschrank stand Wittgenstein mit verschränkten Armen. Und wenn niemand zuhört? Wenn nur geschrien wird, wenn die Wahrheit niemand interessiert?
    »Alice, ich sehe dir schon eine Weile zu. Ich weiß, dass du dich die ganze Zeit mit dem Sohn Hahnemanns rumtreibst. Du bist ja wohl die Einzige, die mit diesem naja … spielt.«
    »Aber, Papa, Tom ist …«
    »Ich gehe mit dir zu einem Psychologen nach Kempten. Er macht einen Extratermin für dich und wird dir auch erklären, dass dir eine Auszeit guttun wird.«
    »Was für eine Auszeit?«
    »Ich glaube, es tut dir gut, wenn du etwas anderes siehst als Hintereck. Ich möchte keine Widerrede, Alice. Ich weiß, dass es dir anfangs schwerfallen wird. Aber du wirst einige Zeit in der Alpklinik in Kempten verbringen. Dort gibt es eine Abteilung für Kinder.«
    »Du willst mich ins Irrenhaus einsperren?«
    »Du bist dir gar nicht mehr im Klaren, wie du dich aufführst, du kontrollierst dich nicht mehr. Ich habe heute auch mit Amalia gesprochen. Sie macht sich auch Sorgen um dich.«
    »Die falsche Schlange …«
    »Sie ist ernsthaft besorgt. Sie hat mir erzählt, was passiert ist.Dass du auf sie losgegangen bist. Du hast sie geschlagen und in den Schnee geworfen.«
    »Was? Aber das stimmt doch gar nicht! Warum hört mir denn keiner zu?«
    »Amalia ist deine ältere Schwester.«
    »Sie hat mir den Arm verdreht und mich nicht losgelassen. Sie hat mir weh getan. Ich habe mich

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